Das Borna-Disease-Virus 1 (BoDV-1) ist seit längerem als Erreger der Borna-Krankheit bei Pferden, Schafen und anderen Säugetieren in Mitteleuropa bekannt. 2018 wurde es erstmals beim Menschen nachgewiesen. Im Jahr 2018 wurde das Virus zum ersten Mal als Ursache für eine schwere Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) beim Menschen nachgewiesen. Die Infektion ist sehr selten, die Sterblichkeit (Letalität) aber sehr hoch.
Leitbeschwerden der Infektion sind:
Feldspitzmäuse (Crocidura leucodon) wurden als natürliches Bornavirus-Reservoir identifiziert, wobei infizierte Feldspitzmäuse das Virus vermutlich über Speichel, Urin und Kot ausscheiden. Die Feldspitzmaus ist 6-8 cm groß. Sie ist in Mittel- und Südosteuropa verbreitet. In Deutschland kommt BoDV-1 in bestimmten Gebieten vor, in denen auch die bisherigen Erkrankungen beim Menschen aufgetreten sind (vor allem in Bayern und Gebiete in Ostdeutschland). Darüber hinaus wurde das Bornavirus auch bei Tieren in der Schweiz, in Liechtenstein und in Österreich nachgewiesen.
Die Erkrankung ist sehr selten. In Deutschland treten jedes Jahr nur 2-6 Fälle auf.
Für den Menschen werden verschiedene Übertragungswege diskutiert. Am wahrscheinlichsten ist, dass sich der Mensch durch Kontakt mit Spitzmauskot infiziert. Es ist möglich, dass das Virus in der Umwelt über einen längeren Zeitraum infektiös bleibt, so dass ein direkter Kontakt mit den Tieren nicht unbedingt notwendig ist, um sich zu infizieren. Die Aufnahme über kontaminierte Nahrung oder Wasser, das Einatmen des Virus über kontaminierten Staub oder der direkte Kontakt oder Biss einer Spitzmaus können mögliche Infektionswege sein.
Eine Übertragung von Mensch zu Mensch scheint unwahrscheinlich zu sein.
Kopfschmerzen, Fieber, Abgeschlagenheit und ein allgemeines Krankheitsgefühl (grippale Symptome) waren bei den meisten bisher bekannten Patienten zu Beginn der Erkrankung zu beobachten. Bei allen Erkrankungsfällen traten anschließend neurologische Symptome wie Verhaltensauffälligkeiten, Sprach- und Gangstörungen. Zu den neurologischen Symptomen, die auftraten, gehören:
Im weiteren Verlauf innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen ein Koma auf. Mit einer Ausnahme verliefen die wenigen bekannten Krankheitsfälle tödlich.
Ein Verdacht auf eine Infektion liegt vor, wenn der Betroffene Symptome aufweist und in einem Endemiegebiet lebt und die Ursache der Gehirnentzündung nicht nachgewiesen werden kann. Im Hirngewebe kann BoDV-1-RNA und -Antigen nachgewiesen werden. Sehr geringe Mengen viraler RNA finden sich auch im Liquor (Hirnwasser).
Eine spezifische Therapie gegen Bornavirus-Infektionen gibt es derzeit nicht. Die Behandlung besteht daher aus unterstützenden Maßnahmen mit intensivmedizinischer Betreuung. Da es zu fuliminanten Gehirnentzündungen (Enzephalitiden) kommt, ist die Sterblichkeit aufgrund der fehlenden Behandlungsmöglichkeiten sehr hoch.
Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion ist sehr gering. Wer sein Risiko weiter reduzieren möchte, sollte folgende Punkte beachten:
Spitzmäuse sind keine Nagetiere, sondern Insektenfresser. Sie haben eine deutlich spitzere Nase bzw. ein spitzeres Gesicht als echte Mäuse. Außerdem haben sie einen stechenden Geruch. Ihre Augen und Ohren sind relativ klein.
Die Feldspitzmaus ist in der Regel nicht weit verbreitet. Sie lebt auf Brachflächen, z.B. an Straßenböschungen oder Steinmauern. Feldspitzmäuse sind scheu und nachtaktiv. Begegnungen zwischen Feldspitzmäusen und Menschen sind selten.
In den 1990er Jahren hatten einige Wissenschaftler den Verdacht, dass das Bornavirus psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Psychosen verusachen kann. Bei psychiatrische Patienten wurden häufiger Antikörer gegen das Bornavirus nachgewiesen. Der Vedacht konnte sich aber nicht erhärten.
Interview mit Prof. Dr. Martin Beer: "Bei Bornaviren war man auf der falschen Fährte", https://www.zoonosen.net/forschungsnetz/newsletter/11_2020/Artikel1, (online, letzter Aufruf: 27.11.23)
Bornavirus-Infektionen: Hohe Letalität durch fulminante Meningoenzephalitiden, Dtsch Arztebl 2019; 116(50): A-2350 / B-1930 / C-1872 (online, letzter Aufruf: 27.11.23)
RKI, Merkblatt: Informationen zur Vermeidung von Infektionen mit dem Borna Disease Virus 1 (2020) (online, letzter Aufruf: 27.11.23)
aktualisiert am 27.11.2023