Die Nierenwerte sind Blutwerte, die eine Aussage über die Nierenfunktion ermöglichen. Durch die Bestimmung der Nierenwerte lassen sich Krankheiten oder Störungen der Niere feststellen. Wichtige Nierenwerte wie Kreatinin oder Harnstoff sind im Blut jedoch erst verändert, wenn große Teile der Nieren nicht mehr funktionieren.
Der Mensch hat in der Regel zwei Nieren, die beidseits in der Flanke liegen. Hauptfunktion der Nieren ist die Reinigung des Blutes. Sie filtern Stoffwechselprodukte, gelöste Salze und Flüssigkeit aus dem Blut und scheiden diese als Urin aus. Durch Filtration aus dem Blut entsteht zunächst etwa die zehnfache Menge an sogenanntem Primärurin. Entlang der Passage durch das feine Kanalsystem der Niere werden Wasser und lebenswichtige Salze zurückgewonnen und der endgültige Urin entsteht. Schadstoffe, Gifte und Abfallprodukte werden mit dem Urin ausgeschieden.
Eine weitere wichtige Aufgabe der Nieren ist die Produktion von Hormonen (Erythropoetin zur Blutbildung, Renin zur Regulation des Blutdrucks).
Die Nierenwerte dienen dazu zu beurteilen, ob die Nieren richtig arbeiten und gesund sind. Sie werden in einer Blutuntersuchung ermittelt. Außerdem können Urinuntersuchungen Auskunft über die Nierenfunktion geben.
Die Nierenwerte, die am häufigsten bestimmt werden, sind:
Dabei handelt es sich um Stoffe, die fast ausschließlich über die Nieren und den Urin ausgeschieden werden. Bei einer Schädigung der Nieren oder einer eingeschränkten Nierenfunktion kommt es daher zu einer verminderten Ausscheidung und einem Anstieg der Stoffe im Blut.
Der am häufigsten bestimmte Nierenwert ist das Kreatinin, ein Abbauprodukt des Kreatins, einem wichtigen Stoff für die Muskelkontraktion. Kreatin wird in der Leber und in den Nieren hergestellt und über das Blut zu Herzmuskulatur und Skelettmuskulatur transportiert. Außerdem nimmt der Mensch Kreatin durch den Verzehr von ungekochtem Fleisch auf. Etwa ein bis zwei Prozent des gesamten Kreatins werden täglich als Kreatinin über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden. Bei eingeschränkter Nierenfunktion steigen die Werte im Blut an. Allerdings kommt es erst zu einer deutlichen Erhöhung, wenn bereits 50 Prozent der Nieren nicht mehr ausreichend funktionieren.
Die Kreatinin-Clearance (aus dem Englischen für „Klärung“, „Reinigung“ oder „Beseitigung“) misst, wie viel Blut die Nieren über einen bestimmten Zeitraum von Kreatinin befreien. Kreatinin ist ein harnpflichtiger Stoff. Dies sind Stoffe, die der Körper über den Urin ausscheiden muss. Der Wert gibt Auskunft über die Filtrationsleistung der Nieren. Die Kreatinin-Clearance ist empfindlicher als die Bestimmung des Kreatininwerts im Blut, sie zeigt schon leichte Nierenfunktionsstörungen an. Allerdings ist die Durchführung der Untersuchung etwas aufwändiger. Zunächst wird die Kreatinin-Konzentration im Blut bestimmt, dann über den Zeitraum von 24 Stunden Urin gesammelt. Im Anschluss wird die Kreatinin-Konzentration erneut im Blut und im gesammelten Urin bestimmt. Daraus wird die Kreatinin-Clearance berechnet, die besagt, wie viel Milliliter Blut die Nieren pro Minute von Kreatinin gereinigt haben. Sie gilt als Maß für die sogenannte glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Die GFR ist ein Parameter dafür, wie viel Blut über die Nieren gefiltert wird und wie viel Urin daraus entsteht. Bei Nierenerkrankungen ist die glomeruläre Filterationsrate erniedrigt und der Wert wird meist zur Verlaufskontrolle von Nierenerkrankungen bestimmt.
Harnstoff ist das Endprodukt des Eiweißstoffwechsels. Zunächst entsteht aus Eiweiß in der Leber giftiges Ammoniak und CO2. In höheren Konzentrationen schädigt Ammoniak besonders das Gehirn. Daher werden in der Leber täglich etwa 20 bis 40 Gramm ungiftiger Harnstoff aus Ammoniak und CO2 gebildet. Der größte Teil davon wird über die Nieren ausgeschieden. Nur ein kleiner Teil gelangt über Schweiß und Darm aus dem Körper. Ein Teil des Harnstoffs wird von den Nieren zurück ins Blut gegeben. Nimmt die Filtrationsleistung der Niere ab, steigt die Harnstoffkonzentration im Blut an. Zur Früherkennung von Nierenerkrankungen ist die Bestimmung von Harnstoff allerdings nicht geeignet. Der Wert steigt erst, wenn bereits ein Viertel der Nieren nicht mehr richtig funktioniert. Außerdem sind die Harnstoffwerte im Blut abhängig von der Eiweißmenge, die aufgenommen wird und wie viel davon abgebaut wird.
Die Harnsäure entsteht beim Abbau der Erbinformation DNS (Desoxyribonukleinsäure). 75 Prozent der Harnsäure werden über die Nieren ausgeschieden. Der Rest gelangt über Speichel, Schweiß und Darm nach außen. Die Harnsäuremenge im Körper ist von Alter, Ernährung und Geschlecht abhängig. Bei bestimmten Erkrankungen produziert der Körper zu viel Harnsäure. Die Harnsäurewerte sind bei Nierenfunktionsstörungen häufig erhöht, da die Ausscheidung nicht ausreichend funktioniert. Durch eine erhöhte Harnsäure im Blut kann es zur Gicht kommen.
Cystatin C kommt in allen kernhaltigen Zellen des Körpers vor. Es wird zunächst in der Niere über die glomeruläre Filtration aus dem Blut entfernt, dann aus dem Urin wieder aufgenommen, in den Nieren abgebaut und verstoffwechselt. Die Konzentration im Blut ist demnach abhängig von der Filtrationsleistung der Nieren. Die Bestimmung im Blut kann bereits geringe Einschränkungen der glomerulären Filtrationsrate (GFR) erkennen. Cystatin C wird normalerweise nicht mit dem Urin ausgeschieden. Erscheint es im Urin, spricht dies ebenfalls für eine Funktionsstörung der Nieren.
Zudem werden im Zusammenhang mit der laborchemischen Untersuchung der Nierenwerte auch Elektrolyte und andere Stoffe bestimmt. Besonders Kalium, Natrium, Chlorid sowie Phosphat oder Albumin können Hinweise auf die Nierenfunktion geben. Bei gestörter Nierenfunktion wird vermehrt Natrium ausgeschieden, damit sinkt der Wert im Blut. Die Blutkonzentrationen von Kalium und Chlorid hingegen steigen bei Nierenfunktionsstörungen an.
Phosphat ist wichtig für die Knochenfunktion und den Säure-Basen-Haushalt des Körpers. Zu viel Phosphat im Körper wird normalerweise von den Nieren ausgeschieden. Sind diese geschädigt, wird weniger ausgeschieden und die Konzentration im Blut steigt an.
Albumin ist ein wichtiges Bluteiweiß und wird normalerweise nicht über die Nieren – also mit dem Urin – ausgeschieden, sondern in das Blut zurücktransportiert. Bei geschädigten Nieren kann das Albumin nicht zurückgehalten werden und kann im Urin bestimmt werden. Bei schweren Erkrankungen ist Albumin im Blut erniedrigt und im Urin erhöht. Einmalige Veränderungen sind nicht besorgniserregend.
Zur Überprüfung der Nierenfunktion werden neben der Blutuntersuchung folgende Werte im Urin bestimmt:
Besteht der Verdacht auf eine Nierenfunktionsstörung, wird der Arzt verschiedene Blut- und Urinuntersuchungen durchführen, um festzustellen, ob und wie stark die Nieren geschädigt sind. Wenn die Nierenerkrankung rechtzeitig erkannt wird und frühzeitig mit der Therapie begonnen wird, kann der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst, verzögert oder die Krankheit sogar geheilt werden. Häufig wird eine chronische Nierenerkrankung zufällig im Rahmen von Routine-Blutuntersuchungen entdeckt, da Beschwerden erst zu einem späten Zeitpunkt der Erkrankung auftreten.
Die Nieren haben auf zahlreiche Körperfunktionen Einfluss. Daher können die Anzeichen für eine Erkrankung sehr unterschiedlich sein. Folgende Symptome können auftreten und den Arzt gegebenenfalls zu einer Untersuchung der Nierenwerte veranlassen:
Im Falle einer Nierenbeckenentzündung kommt es zu schwerem Krankheitsverlauf mit Fieber, starken Schmerzen, schmerzhaftem und häufigem Wasserlassen, Übelkeit und Erbrechen.
Außerdem werden die Nierenwerte regelmäßig überprüft, wenn Betroffene unter Erkrankungen leiden, die auf die Nierenfunktion Einfluss haben. Die häufigsten sind Diabetes mellitus und Bluthochdruck.
Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Normalwerte der wichtigsten Nierenwerte, abhängig von Geschlecht und Alter.
Abk. | Beschreibung | Normalwert Frauen | Normalwert Männer |
---|---|---|---|
KREA | Kreatinin im Serum | 0,66-1,09 mg/dl | < 50 Jahre: 0,84-1,25 mg/dl > 50 Jahre: 0,81-1,44 mg/dl |
Kreatinin-Clearance | ca. 25 Jahre: 70-110 ml/min ca. 50 Jahre: 50-100 ml/min ca. 75 Jahre: 35-60 ml/min | ca. 25 Jahre: 95-140 ml/min ca. 50 Jahre. 70-115 ml/min ca. 75 Jahre: 50-80 ml/min | |
Harnstoff | < 50 Jahre: 15-40 mg/dl > 50 Jahre: 21-43 mg/dl | < 50 Jahre: 19-44 mg/dl > 50 Jahre: 18-55 mg/dl | |
HS | Harnsäure | 2,3-6,1 mg/dl | 3,6-8,2 mg/dl |
CysC | Cystatin C | 0,55-0,95 mg/l | 0,5-0,9 mg/l |
Frühe Veränderungen im Blut als Hinweis auf eine beginnende Nierenerkrankung gibt es nicht. Hierfür müssen mehrere Messwerte herangezogen werden. Häufig lassen sich erst bei bereits fortgeschrittener Nierenschädigung Hinweise im Blut oder Urin finden. Folgende Tabelle gibt die Normwerte weiterer Messgrößen im Blut an, die zur Diagnosefindung hilfreich sind:
Laborwert | Normwert (in mmol/l bzw. g/dl) |
---|---|
Natrium | 135-145 mmol/l |
Kalium | 3,5-5 mmol/l |
Chlorid | 98-107 mmol/l |
Phosphat | 0,84-154 mmol/l |
Albumin | 3,5- 5,4 g/dl |
Unterschieden werden chronische und akute Nierenschwäche (Niereninsuffizienz). Eine akute Nierenschwäche oder auch akutes Nierenversagen beschreibt einen plötzlichen Abfall der Nierenfunktion. Substanzen, die eigentlich mit dem Urin ausgeschieden werden (besonders Harnstoff und Kreatinin), sammeln sich im Blut, was zu Vergiftungserscheinungen führt. Ein akutes Nierenversagen muss rasch behandelt werden, sonst besteht Lebensgefahr. Ursache sind beispielsweise große Flüssigkeitsverluste (wie Blutverlust durch Operationen oder Unfälle), Schädigung der Niere durch Bakterien, Medikamente oder Gifte sowie Behinderung des Harnabflusses durch Tumore oder Nierensteine.
Zahlreiche angeborene oder erworbene Nierenerkrankungen führen ohne geeignete Maßnahmen zu chronischem Nierenversagen. Außerdem können andere Erkrankungen die Nieren befallen. Häufigste Ursachen sind hier schlecht eingestellter Diabetes mellitus und Bluthochdruck. Im Folgenden sind einige Krankheiten der Niere und solche, die Einfluss auf die Nierenfunktion haben, aufgeführt.
Eine Nierenerkrankung kann Folge und Ursache (seltener) eines Bluthochdrucks sein. Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck (über 140/90 mmHg) schädigt die Gefäße, unter anderem auch die der Niere. Es kommt zu Verkalkungen (Arteriosklerose), Wandverhärtungen, Entzündungen und Thrombosen (Gerinnseln) und einem reduzierten Blutfluss durch die Nieren. Diese schütten vermehrt Hormone aus, die den Blutdruck erhöhen, um ausreichend mit Blut versorgt zu werden. Ein Teufelskreis beginnt. Durch die veränderten Druckwerte leiden besonders die kleinsten Gefäße, die verhärten und durchlässiger werden. Im weiteren Verlauf werden zunehmend auch größere Gefäße geschädigt. Es entwickelt sich eine chronische Niereninsuffizienz. Sowohl eine Nierenerkrankung als auch ein Bluthochdruck verlaufen zu Beginn symptomlos. Daher muss bei Bluthochdruckpatienten gleichzeitig auf die Nierenwerte geachtet und umgekehrt bei Nierenpatienten der Blutdruck kontrolliert werden.
Erhöhte Blutzuckerwerte schädigen die kleinsten Blutgefäße der Nieren. Der Zucker reizt die Gefäßwände, die daraufhin verdicken. In den Gefäßinnenwänden bilden sich Entzündungen und Ablagerungen, dadurch wird der Blutfluss zunehmend behindert. Die Nieren versuchen dem durch erhöhten Blutfluss und Vergrößerung entgegenzuwirken. Dadurch verschlimmert sich die Problematik. Die Niere wird durchlässiger für größere Blutbestandteile wie Eiweiße. Zu Beginn (meist noch symptomlos) ist dies an einer erhöhten Konzentration von Albumin im Urin feststellbar. Sind die Nieren bereits durch den erhöhten Zuckergehalt im Blut geschädigt, wird dies als diabetogene Nephropathie bezeichnet. Bleibt der Zuckergehalt im Blut hoch und wird zu diesem Zeitpunkt nicht gezielt behandelt, wird die Niere weiter geschädigt. Weitere lebenswichtige Eiweiße werden mit dem Urin ausgeschieden. Zusätzlich können die Eiweißstoffe die Membran schädigen, sodass es im schlimmsten Fall zum Versagen der Funktionen der Niere kommt. Die diabetische Nephropathie verläuft lange Zeit ohne Symptome. Patienten mit Diabetes sollten ihren Urin regelmäßig auf Albumine untersuchen lassen.
Hierbei handelt es sich um eine (nicht bakterielle) Entzündung der Nierenkörperchen (Glomeruli). Nach der Ursache werden primäre und sekundäre Glomerulonephritis unterschieden. Die primäre Glomerulonephritis bleibt auf die Niere beschränkt, während die sekundäre Glomerulonephritis durch Störungen oder allgemeine Erkrankungen außerhalb der Niere entsteht. Grundsätzlich reagiert die Niere im Falle der Glomerulonephritis mit einer Entzündung auf schädigende Substanzen, die an den Filtern der Niere hängen bleiben. Beide Formen der Erkrankung können akut oder chronisch verlaufen. Wenn die akute Glomerulonephritis rechtzeitig erkannt wird, bestehen durchaus Heilungschancen, während bei einem chronischen Verlauf meist ein dauerhafter Schaden bestehen bleibt.
Dies ist eine Erbkrankheit, bei denen sich im Nierengewebe flüssigkeitsgefüllte Zysten entwickeln. Bei fortschreitender Erkrankung wird das Nierengewebe zunehmend durch die Zysten verdrängt. Wird die Erkrankung rechtzeitig erkannt, kann das Fortschreiten durch geeignete Maßnahmen verzögert, aber nicht aufgehalten werden.
Die Nierenbeckenentzündung ist eine Entzündung des Nierenbeckens und meist auch des Nierengewebes. Sie entsteht durch aufsteigende Bakterien nach einer Harnblasenentzündung. Diese gelangen über den Harnleiter in das Nierenbecken und führen dort zu einer Entzündung, die sich auf das gesamte Nierengewebe ausbreiten kann. Frauen sind häufiger betroffen und meist ist nur eine Niere betroffen. Wird die Nierenbeckenentzündung nicht behandelt, kann dies zu einer Vernarbung des Gewebes und damit Einschränkung der Nierenfunktion führen.
Allgemeine Erkrankungen können Nierenerkrankungen nach sich ziehen, bei denen es aus ungeklärter Ursache zu Entzündungen der kleinen Nierengefäße kommt. Ein Beispiel ist der Lupus erythematodes – eine Autoimmunkrankheit, bei der das Immunsystem körpereigene Zellbestandteile angreift.
Ein akutes Nierenversagen tritt plötzlich auf und schreitet mit rascher Beeinträchtigung des Gesamtbefindens fort. Betroffene müssen umgehend intensiv betreut werden.
Sind die Nierenwerte erhöht (was häufig zufällig in Routineblutuntersuchungen entdeckt wird), muss der Arzt zunächst die Ursache für die Veränderung feststellen. Hier hilft das Gesamtbild von Blut- und Urinuntersuchungen mit sämtlichen Parametern. Die Ultraschalluntersuchung der Nieren kann durch Veränderungen der Struktur oder der Größe Hinweise auf das zugrundeliegende Problem geben. In einigen Fällen wird der Arzt unter Ultraschallkontrolle Gewebeproben aus den Nieren entnehmen und diese unter dem Mikroskop beurteilen. Wenn der Verdacht auf eine andere Grunderkrankung besteht, folgen weitere Untersuchungen wie Blutzuckerbestimmung oder Blutdruckmessung.
Die Therapie richtet sich gegen die zugrundeliegende Ursache. Sind die Nieren bereits fortgeschritten geschädigt (chronische Niereninsuffizienz), wird die schädigende Ursache beseitigt, um eine weitere Verschlechterung zu verhindern.
Außerdem werden zur Verbesserung der Nierenwerte folgende Maßnahmen empfohlen:
Trotz Behandlung schreitet die Niereninsuffizienz meist fort, sodass Betroffene eine Dialyse („Blutwäsche“ – ein Verfahren, bei dem schädigende Substanzen aus dem Blut entfernt werden) oder eine Nierentransplantation benötigen.
aktualisiert am 31.07.2019