Wenn Eiweiß im Körper abgebaut wird, entsteht daraus in der Leber zunächst Kohlendioxid (CO2) und Ammoniak. Ammoniak ist in hohen Mengen für den Körper (und besonders das Gehirn) giftig und wird daher im sogenannten Harnstoffzyklus weiter zu ungiftigen Harnstoff abgebaut. In der medizinischen Labordiagnostik spielt Harnstoff eine Rolle als Nierenwert.
Harnstoff ist das Endprodukt des Eiweißstoffwechsels. Zunächst entsteht aus Eiweiß in der Leber giftiges Ammoniak und CO2. In höheren Konzentrationen schädigt Ammoniak besonders das Gehirn. Daher werden in der Leber täglich etwa 20 bis 40 Gramm ungiftiger Harnstoff aus Ammoniak und CO2 gebildet. Der menschliche Körper scheidet Harnstoff hauptsächlich mit dem Urin aus, weitere geringe Mengen mit dem Schweiß und mit dem Stuhl. Ein Teil des Harnstoffs wird von den Nieren zurück ins Blut gegeben.
Nimmt die Fitrationsleistung der Niere ab, steigt die Harnstoffkonzentration im Blut an. Zur Früherkennung von Nierenerkrankungen ist die Bestimmung von Harnstoff allerdings nicht geeignet. Der Wert steigt erst, wenn bereits ein Viertel der Nieren nicht mehr richtig funktioniert. Außerdem sind die Harnstoffwerte im Blut abhängig von der Eiweißmenge die aufgenommen wird, und wie viel davon abgebaut wird.
Folgende Tabelle gibt die Normalwerte für Harnstoff in Milligramm pro Deziliter (mg/dl) im Blut in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht wieder:
Alter | Frauen | Männer |
---|---|---|
< 50 Jahre | 15-40 mg/dl | 19-44 mg/dl |
> 50 Jahre | 21-43 mg/dl | 18-55 mg/dl |
Harnstoff gehört insbesondere zu den sogenannten Nierenwerten. Sie dienen dazu, zu beurteilen, ob die Nieren richtig arbeiten und gesund sind. Allerdings wird die obere Grenze für Harnstoff erst überschritten, wenn die Filtrationsleistung der Niere weniger als 25 Prozent beträgt. Dies bedeutet, dass schon ein großer Teil des Nierengewebes nicht mehr richtig arbeiten kann, wenn die Harnstoffwerte erhöht sind. Auch proteinreiche Nahrung führt zu erhöhten Harnstoffwerten im Blut. Zur Früherkennung von Nierenfunktionsstörungen ist Harnstoff daher nicht geeignet. Der Harnstoffwert wird bei der Diagnostik zusammen mit weiteren Nierenwerten betrachtet. Dazu gehören Kreatinin, Harnsäure und Cystatin C.
Nicht nur schwere Nierenprobleme können jedoch für erhöhten Harnstoff im Blut verantwortlich sein. Neben Nierenfunktionsstörungen kommen folgende Ursachen für erhöhte Harnstoffwerte in Frage:
Gründe für eine nachlassende Nierenfunktion als Ursache für erhöhte Harnstoffwerte können akute oder chronische Nierenerkrankungen sein.
Ein akutes Nierenversagen ist ein Abfall der Nierenfunktion innerhalb kurzer Zeit. Die Folge ist eine verschlechterte Ausscheidung von Substanzen (besonders Harnstoff und Kreatinin) über die Niere, welche im Blut anfallen und zu Vergiftungserscheinungen führen. Ein akutes Nierenversagen muss binnen kurzem behandelt werden, sonst können lebensgefährliche Zustände entstehen. Das akute Nierenversagen hat Ursachen wie:
Eine chronische Schädigung der Nieren ist aufgrund von Erkrankungen wie den folgenden möglich:
Harnstoff entsteht beim Abbau von Eiweißen, der häufigste Grund für erniedrigte Werte ist eine reduzierte Eiweißzufuhr. Durch schwere Leberfunktionsstörungen oder durch erhöhten Proteinbedarf in der Spätschwangerschaft können die Harnstoffwerte aber ebenfalls niedrig sein. Meist spielt ein niedriger Harnstoff im Blut jedoch keine Rolle.
Erniedrigte Harnstoffwerte im Blut sind in der Regel harmlos und leicht mit eiweißreicher Ernährung auszugleichen (wenn keine andere Erkrankung eine Rolle spielt). Dazu gehören beispielsweise Lebensmittel wie Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Eier, Fisch oder Fleisch.
Für erhöhte Harnstoffwerte muss mit weiteren Untersuchungen umgehend die Ursache gefunden werden, besonders um Nierenerkrankungen zu erkennen. Harnstoff ist ungiftig, kann aber in sehr hohen Konzentrationen zu unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Zittern, Erbrechen oder Müdigkeit führen.
Zunächst gibt die Betrachtung weiterer Nierenwerte (Kreatinin, Cystatin C oder Harnsäure) Aufschluss über die Nierenfunktion. Bei Unklarheiten kann eine Ultraschalluntersuchung der Nieren weitere Erkenntnisse bringen. Ebenfalls kann manchmal eine Gewebeentnahme unter Ultraschallkontrolle erforderlich sein, um die Probe unter dem Mikroskop zu beurteilen. Wenn der Verdacht auf eine Grunderkrankung fällt, können beispielsweise eine Blutzucker- oder Blutdruckmessung wichtig sein.
Die jeweilige zugrundeliegende Ursache wird behandelt. Sind die Nieren bereits stark geschädigt und besteht somit eine chronische Niereninsuffizienz, wird die Ursache beseitigt, damit die Nierenschäden nicht fortschreiten.
Um schlechte Nierenwerte zu verbessern und Nierenerkrankungen zu verhindern, werden außerdem häufig folgende Maßnahmen angesetzt:
Eine Niereninsuffizienz schreitet häufig fort und einige Betroffene brauchen eine Dialyse („Blutwäsche“, bei der die sonst über den Harn auszuscheidenden Substanzen aus dem Blut entfernt werden) oder eine Nierentransplantation.
Gesundheit heute - Dr. med. Arne Schäffler, 3. unveränderte Auflage 2014
Blutwert.net - https://www.blutwert.net/harnstoff/ (online, letzter Aufruf: 30.07.2019)
Netdoktor - https://www.netdoktor.de/laborwerte/harnstoff/ (online, letzter Aufruf: 30.07.2019)
Internisten im Netz - https://www.internisten-im-netz.de/mediathek/blutbild-erklaerung/harnstoff.html (online, letzter Aufruf: 30.07.2019)
Flexikon - https://flexikon.doccheck.com/de/Harnstoff (online, letzter Aufruf: 30.07.2019)
aktualisiert am 19.08.2019