Die Hauptaufgabe des Blutes liegt in seiner Funktion als Transportmedium für Atemgase, Nährstoffe und Stoffwechselprodukte. Hierfür muss es fortlaufend in ausreichender Menge und Zusammensetzung zur Verfügung stehen. Das menschliche Blut besteht neben Wasser und den darin gelösten notwendigen Stoffen aus Blutzellen, die über den gesamten Lebensverlauf eines Menschen einem stetigen Auf- und Abbau unterliegen. Schon in der Embryonalzeit beginnt der Prozess der Neubildung der Blutzellen. Ihr Bildungsort steht mit dem Alter des Menschen in Zusammenhang.
Unser Blut besteht zu 45 Prozent aus Blutzellen und zu 55 Prozent aus flüssigem Plasma. Bei einer Routineunterschung des Blutes (kleines Blutbild oder großes Blutbild) werden ausschließlich die Blutzellen untersucht. Den größten Anteil der Blutbestandteile bilden mit über 99% die roten Blutkörperchen.
Bei einem ungeborenen Kind im Alter von null bis zwei Monaten erfolgt die Blutbildung im Dottersack, im Alter von zwei bis vier Monaten in Leber und Milz und im Alter von fünf bis neun Monaten bereits im Knochenmark. Bei Kindern setzt sich die Blutbildung im Knochenmark nahezu aller Knochen fort. Sie beschränkt sich bei Erwachsenen auf das Knochenmark der Wirbelkörper und Rippen, von Brustbein und Schädel, Kreuzbein und Beckenknochen sowie von den zur Körpermitte gerichteten Enden von Oberarm- und Oberschenkelknochen.
Im menschlichen Knochen befinden sich Hohlräume, die mit Weichgewebe, dem Knochenmark, ausgefüllt sind. Hier erfolgt nach der Geburt die Blutbildung. Knochenmark und Thymus (ein Organ hinter dem oberen Teil des Brustbeins) sind primär lymphatische Organe. In diesen spezialisierten Geweben kommt es zu der Bildung und Reifung von B- und T-Lymphozyten. Lediglich im Knochenmark findet aber die ganze Palette der Blutbildung statt, die als Hämatopoese bezeichnet wird.
Das Knochenmark liegt beim Erwachsenen in zwei Aktivitätsformen vor, dem roten, blutbildenden und dem gelben, fettspeichernden Knochenmark. Kinder hingegen besitzen bis zum fünften Lebensjahr nur rotes Knochenmark. Dieses wird im weiteren Zeitverlauf nach und nach durch gelbes Knochenmark ersetzt. Bei Erwachsenen bleibt das rote Knochenmark auf die Gelenk-Enden der Röhrenknochen und des Achsenskeletts beschränkt. Mit etwa 1300 Gramm umfasst das rote Knochenmark 50 Prozent der Gesamtmenge an rotem und gelbem Knochenmark.
Im roten Knochenmark lassen sich nochmals zwei Bereiche unterscheiden. Im Kompartiment der Hämatopoese werden die Blutzellen gebildet, die anschließend über das Blutkompartiment in den weiteren Blutkreislauf gelangen.
Allen Blutkörperchen dient als Ursprung die Stammzelle, der sogenannte Hämozytoblast (hämatopoetische Stammzelle, multipotente Stammzelle). Wachstumsregulatoren (Zytokine) und weitere Wachstumsfaktoren ermöglichen die Prozesse der Reifung aus der Stammzelle. Aus den Stammzellen bilden sich Vorläuferzellen für die verschiedenen Entwicklungsreihen, die sich dann stufenweise zu den jeweiligen Blutzellen ausprägen.
Die Blutbildung umfasst die Bildung von
Zu den weißen Blutkörperchen gehören:
Dabei teilt sich die Blutzellenbildung früh in einen Zweig für die Lymphzellenbildung (Lymphopoese) und einen Zweig für die Bildung der anderen Blutzellen (Myelopoese) auf.
Erythrozyten (rote Blutkörperchen) bilden den größten Anteil unter den Blutzellen. Sie bestehen vor allem aus dem Protein Hämoglobin sowie den Bausteinen Eisen, Vitamin B12 und Folsäure. Neben dem Transport der Atemgase dienen Erythrozyten auch der Pufferung des pH-Wertes des Blutes. Die Lebenserwartung von Erythrozyten liegt bei etwa 120 Tagen. Der Abbau erfolgt mit Hilfe der Phagozytose („Auffressen“ der gealterten Erythrozyten durch spezielle Zellen) vorrangig in Leber und Milz. Da reife Erythrozyten nicht im Knochenmark gespeichert werden können, muss fortlaufend eine zügige Nachbildung erfolgen.
Die Erythrozyten enthalten keinen Zellkern, entwickeln sich aber zunächst aus Vorläuferzellen mit Zellkern (Erythroblasten). Frische, noch in der Reifung begriffene Erythrozyten werden als Retikulozyten bezeichnet und sind im Blutbild an ihrem Aussehen erkennbar (sie enthalten netzartige Strukturen). Ein hoher Anteil dieser Retikulozyten an den roten Blutkörperchen liegt bei einer hohen Rate der Blutbildung vor, wie sie zum Beispiel bei Sauerstoffmangel oder nach stärkeren Blutungen auftritt. Diesen Vorgang der Reifung bezeichnet man auch als Erythropoese:
Granulozyten und Monozyten gehören zu den Abwehrzellen und entstammen einer gemeinsamen Vorläuferzelle (Myeloblast). Die Granulozyten und Monozyten werden im Knochen gespeichert und sind dort für Bedarfssituationen, wie beispielsweise Entzündungen, verfügbar. Granulozyten benötigen für ihre Reifung sieben bis zehn Tage und verbleiben zu mehr als 90 Prozent im Knochenmark. Von hier aus können sie im Bedarfsfall in den Blutkreislauf eintreten. Werden Monozyten nach ihrer Ausdifferenzierung in das Blut entlassen, können sie dort bis zu 72 Stunden überleben. Bei einer bakteriellen Infektion kommt es zu einer verstärkten Ausschüttung dieser Blutzellen.
Von den Granulozyten gibt es mehrere Varianten:
Sie können durch Anfärben mikroskopisch unterschieden werden und haben verschiedene Abwehraufgaben.
Monozyten können sich in weitere Zellarten weiterentwickeln, insbesondere in Makrophagen. Diese können Fremdstoffe und Krankheitserreger in sich aufnehmen.
Die Lymphozyten entstehen, nachdem sich eine Stammzelle in eine Vorläuferzelle der lymphatischen Reihe umgewandelt hat (Lymphoblast). Daraus entwickeln sich die einzelnen Unterarten der Lymphozyten (T-Lymphozyten, B-Lymphozyten, Natürliche Killerzellen). Hauptsächlich dienen die Lymphozyten dazu, Fremdstoffe und Krankheitskeime als solche zu erkennen und mit Antikörpern zu bekämpfen.
Thrombozyten oder Blutplättchen sind kleine Blutzellen, die eine wesentliche Rolle bei der Blutgerinnung spielen. Aus den Stammzellen entwickeln sich große Zellen (Megakaryozyten), aus denen jeweils Hunderte bis Tausende der Thrombozyten entstehen.
Im Wesentlichen zeigen sich Blutbildungsstörungen in den Blutbildungsreihen von Erythrozyten, Granulozyten und Monozyten. Ursachen sind meist fehlerhafte Ausdifferenzierungen und Entwicklungsstörungen der hämatopoetischen Stammzellen. Hierbei zeigen sich eine verstärkte oder gestörte Vermehrung einzelner oder mehrere Blutzellenreihen. Zu den typischen krankhaften Blutbildungsstörungen zählen die Leukämie als Form des Blutkrebses sowie die Osteomyelitis, eine oft chronisch verlaufende Entzündung der Knochen. In Bezug auf die Ernährung beeinträchtigen unter anderem eine fortdauernde Unterversorgung mit Eisen und Vitaminmangel die Bildung von Erythrozyten. In diesen Fällen kommt es zu einer Blutarmut (Anämie).
aktualisiert am 10.03.2020