Die Bildung von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) wird als Eryhtropoese bezeichnet. Bei Erwachsenen werden alle Blutzellen (rote, weiße Blutkörperchen und Blutplättchen) im Knochenmark aus einer gemeinsamen Stammzelle gebildet. Zu diesem Zeitpunkt spricht man noch von der Hämatopoese.
Beim Fetus (Ungeborenes von der 9. Woche bis zur Geburt) findet die Bildung der roten Blutkörperchen zunächst im Dottersack, dann in Leber, Milz und Knochenmark statt. Das Knochenmark ist ein Gewebe im Hohlraum der Knochen. Die Blutbildung findet vor allem in den kurzen und platten Knochen statt. Dazu gehören Wirbel, Schädelknochen, Brustbein, und die Enden von Oberschenkel- und Oberarmknochen.
Bei schweren Erkrankungen von Blut oder Knochenmark kann es auch bei Erwachsenen zu einer Blutbildung außerhalb des Knochenmarks, besonders in der Leber, kommen. Dies wird als extramedulläre Hämatopoese bezeichnet.
Die Bildung und Reifung eines roten Blutkörperchens dauert ungefähr eine Woche. Sie kann bei Bedarf deutlich schneller verlaufen. Pro Tag werden im Knochenmark etwa 200 Milliarden neue rote Blutkörperchen gebildet. Nach etwa 120 Tage verliert das Blutkörperchen seine Funktion und wird abgebaut.
Alle Blutzellen entstehen aus einer gemeinsamen Vorläuferzelle (multipotente Stammzelle) im Knochenmark. Sobald ein Entwicklungsweg eingeschlagen ist, kann sie sich nur noch in einen Zelltyp weiterentwickeln. Die Vorläuferzelle wird dann als unipotente Stammzelle bezeichnet. Die unipotente Stammzelle der roten Blutkörperchen heißt „erythropoetin responsive cell“ (ERC) oder Proerythroblast. Über mehrere Zwischenschritte entwickeln sich im Knochenmark und Blut aus einer multipotenten Stammzelle mehrere reife rote Blutkörperchen. Die Vorläuferzellen sind:
Während des Reifungsprozesses verkleinern sich die Zellen und ihr Zellkern. Das Erbgut (Chromatin) wird dichter und im letzten Entwicklungsschritt zum roten Blutkörperchen ausgestoßen. Durch die zunehmende Bildung von Hämoglobin (dem roten Blutfarbstoff und Hauptbestandteil der fertigen Zellen) verändert sich die Zellfarbe der einzelnen Stadien.
Aus der Stammzelle im Knochenmark entwickelt sich der Proerythroblast. Er ist etwa 18 bis 22 μm groß und besitzt im Gegensatz zu reifen roten Blutkörperchen eine dichte Kernstruktur mit mehreren Zellkernen. Durch die kompakte Kernstruktur können durch die folgenden Teilungsschritte aus einem Proerythroblasten 16 neue rote Blutkörperchen entstehen.
Ihr Zellinneres lässt sich mit einem basischen Farbstoff blau anfärben (basophil), sie sind etwa 12 bis 17 μm groß. In ihren Zellkernen haben sie viel dicht verpacktes Chromatin (Erbgut, das für Zellteilung notwendig ist).
Polychromatische Erythroblasten sind nur noch 11 bis 15 μm groß, entwickeln sich durch weitere Abnahme der Kerngröße mit weniger Chromatin. Sie sind aber noch zur Zellteilung fähig. Polychromasie beschreibt die Anfärbbarkeit mit mehreren Farbstoffen - so färben sich polychromatische Erythroblasten graublau mit rosa Flecken.
Durch den steigenden Gehalt an Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) erscheint das Zellinnere dieser Entwicklungsform rosa. Der Durchmesser beträgt 8 bis 12 μm. Das Chromatin ist weiter verdichtet, die Zelle nicht mehr teilungsfähig.
Durch weitere Verkleinerung des Zellkerns und letztendlich dessen Abstoßung entsteht aus einem Normoblasten die direkte Vorläuferzelle der roten Blutkörperchen. Sie sind noch etwas größer und besitzen einen Rest Erbmaterial (RNA) für die letzte Produktion von Proteinen (vor allem Hämoglobin). Retikulozyten sind die einzigen Vorläuferzellen, die sich zum Teil schon im Blut befinden.
Durch weitere Reifung und Abstoßung der letzten Erbgut (RNA)-Reste entsteht nach etwa vier Tagen aus dem Retikulozyt ein reifes rotes Blutkörperchen. Sie haben ein Durchmesser von 6 bis 8 μm und sind bikonkav (in der Mitte schmaler als am Rand). Im Zellinneren befinden sich keine Zellorganellen mehr. Ein reifes rotes Blutkörperchen besteht fast ausschließlich aus Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff, das durch seinen Eisengehalt Sauerstoff binden kann. Hauptaufgabe ist die Sauerstoffversorgung des Körpers.
Die Bildung von roten Blutkörperchen im Knochenmark wird hauptsächlich durch Erythropoetin gesteuert. Erythropoetin ist ein Hormon, das in der Niere gebildet wird. Bei einer Blutarmut ist die Zahl der roten Blutkörperchen reduziert. Hauptaufgabe der roten Blutkörperchen ist der Sauerstofftransport, der dadurch ebenfalls reduziert ist. Diese sogenannte fehlende Sauerstoffsättigung regt die Bildung von Erythropoetin an. Erythropoetin bindet an speziellen Rezeptoren der unipotenten Stammzelle (erythropoetin responsive cell) und stimuliert dessen Teilung.
Weitere Hormone die die Blutbildung stimulieren können sind:
Bei erhöhtem Bedarf kann die Bildung von roten Blutkörperchen um ein 10-faches gesteigert werden. Dies ist bei starkem Blutverlust, vermehrtem Absterben der roten Blutkörperchen oder bei Aufenthalt in extremen Höhen der Fall.
Bei Nierenerkrankungen ist die Bildung von Erythropoetin häufig gestört.
Zur Vermeidung oder Behandlung einer Blutarmut (Anämie) wird betroffenen Patienten künstlich hergestelltes Erythropoetin verabreicht.
Im Sport wird Erythropoetin als verbotenes Dopingmittel eingesetzt. Durch einen erhöhten Sauerstoffgehalt profitieren besonders Ausdauersportler von einer erhöhten Leistungsfähigkeit.
aktualisiert am 02.12.2022