Erythrozyten (rote Blutkörperchen) sind die häufigsten Zellen im Blut des Menschen. Hauptfunktion ist der Sauerstofftransport von der Lunge in das Körpergewebe. Unter dem Mikroskop betrachtet haben gesunde Erythrozyten eine bikonkave („beidseits eingedellte“), runde Form, mit einem Durchmesser von etwa 6-8 μm. Sie sind flach, in der Mitte etwa 1 μm am Rand 2 μm dick. Die Betrachtung der Erythrozyten im Blutausstrich ist eine wichtige Untersuchungsmethode, denn Erythrozyten verändern sich in Form und Gestalt bei bestimmten Erkrankungen charakteristisch.
Werden im Blutausstrichzu viele unteschiedlich große Erythrozyten gefunden, dann spricht man von Anisozytose (Griechisch "anisos=ungleich" und "cytos=Zelle"). Der Blutwert, an dem das festgestellt werden kann, ist der RDW-Wert. Er wird auch Eryhtrozytenverteilungsbreite (EVB) bezeichnet. Ist der Durchmesser größer als 10 μm werden Erythrozyten als Makrozyten bezeichnet, liegt er unter 6 μm spricht man von Mikrozyten.
Die Anisozytose ist die häufigste Veränderung der Erythrozyten. Ursache sind verschiedene Erkrankungen oder Lebensumstände, die zu einer Anämie (Blutarmut) führen.
Verschiedene Formen der Anämie führen zu einer Abweichung der Größe der Erythrozyten. Die Anämie selber ist jedoch auch nur ein Symptom einer Grunderkrankung oder Fehlernährung. Es handelt sich um eine Abnahme der Zahl der roten Blutkörperchen oder des in den Erythrozyten enthaltenen Blutfarbstoffs (Hämoglobin).
Vitamin B12 ist ein wichtiger Faktor bei der Blutbildung. Ein Vitamin-B12-Mangel führt zu einer reduzierten Bildung und Entwicklungsstörungen der Erythrozyten. Sie bleiben in einer Vorstufe (Retikulozyten) hängen. Diese sind größer als reife Erythrozyten, daher spricht man von makrozytärer Anämie. Auch ein Folsäuremangel kann sich im Blutbild so darstellen.
Eine sehr häufige Ursache für die Blutarmut ist Eisenmangel. Zu wenig Eisen führt zu einer Bildungsstörung von Hämoglobin (ein wichtiger Bestandteil der Erythrozyten der Sauerstoff und Kohlendioxid binden kann). Zu wenig Hämoglobin bedeutet, dass die Erythrozyten die zu 90 Prozent aus Hämoglobin bestehen nicht vollständig ausgebildet werden, sie sind kleiner als gesunde Erythrozyten. Im Blutbild spiegelt sich das als mikrozytäre Anämie wieder. Durch den reduzierten Hämoglobin-Anteil erscheinen die Erythrozyten auch blasser. Dies wiederum wird als hypochrom bezeichnet.
Die Thalassämie (Mittelmeeranämie) ist eine Erbkrankheit, durch einen Gendefekt kann Hämoglobin nicht richtig ausgebildet werden oder wird vermehrt abgebaut. Betroffen sind vor allem Einwohner der ehemaligen Malariagebiete im Mittelmeerraum und Südostasien. Die Erythrozyten sind mikrozytär, hypochrom bei normalen oder erhöhten Serumeisenwerten.
Auch die Einnahme von Medikamenten, die Einfluss auf die Synthese der DNA haben (z.B. Tumorbehandlung, Immunsuppressiva) oder chronische Erkrankungen führen zur Anisozytose, bzw. Anämie.
Die typischen Symptome einer Anisozytose sind die der zugrundeliegenden Anämie. Sie sind entweder auf den Sauerstoffmangel und damit reduzierter Energieversorgung der Zellen zurückzuführen oder treten als Folgeerscheinung auf. Betroffene leiden unter
Liegt ein Vitamin-B12-Mangel vor, kommt es häufig zusätzlich zu neurologischen Symptomen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl der Haut, Gleichgewichtsstörungen oder Depressionen.
Bei Eisenmangel fallen Veränderungen der Haut auf sowie eingerissene Mundwinkel, Hohlnägel (Fingernägel nach innen gebogen) oder Rillenbildung der Fingernägel.
Anhand der klinischen Symptome und der Patientengeschichte wird der Arzt bereits die Verdachtsdiagnose einer Anämie stellen und eine Blutuntersuchung einleiten. Im Blutbild fallen veränderte Werte der Erythrozyten, Hämoglobin und weitere Parameter der Erythrozyten (MCV, MCH, MCHC und RDW) auf. Diese Parameter werden auch als Erythrozytenindizes bezeichnet.
Die Anisozytose wird im Blutausstrich unter dem Mikroskop erkannt. Bei einer makrozytären Anämie (Vitamin-B12-Mangel, Folsäuremangel) ist das mittlere Erythrozytenvolumen (MCV) erhöht. Im Ausstrich erscheinen die Zellen größer als gesunde Erythrozyten.
Bei einer Eisenmangelanämie oder Thalassämie handelt es sich um eine mikrozytäre Anämie, MCV ist daher erniedrigt. Außerdem ist der Hämoglobingehalt in den Erythrozyten reduziert, diese erscheinen blasser. Im Blutbild ist der MCH erniedrigt. Unter dem Mikroskop betrachtet sind die Erythrozyten blass und klein.
Anhand des Blutbilds kann häufig schon eine Eingrenzung für die Ursache der Anämie gefunden werden. Zur Bestätigung können Vitamin-B12- und Folsäure-Konzentrationen bestimmt werden. Transferrin (Transportform des Eisens) und Ferritin (Speicherform des Eisens) weisen einen Eisenmangel nach.
Beim Blutbild wird auch der RDW-Wert untersucht. Der RDW-Wert liegt zwischen 11,9 und 14,5 Prozent. Das heißt, dass 11,9 bis 14,5 Prozent aller Erythrozyten eine abweichende Form vom Durchschnitt haben. Das ist völlig normal. Erst wenn der Wert erhöht ist, hat der Wert in der Diagnose eine Bedeutung. Ist der RDW erhöht, dann bedeutet das, dass mehr als 14,5 Prozent aller roten Blutkörperchen unterschiedlich groß sind. Es liegt eine Anisozytose vor.
Kann keine Ursache für die Anisozytose im Blutbild gefunden werden, folgen weiterführende Untersuchungen um mögliche Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes (zum Beispiel chronische Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen) oder Tumorarten zu erkennen.
Die Therapie richtet sich gegen die verursachende Grunderkrankung. Vitamin B12, Eisen- und Folsäuremangel werden in Tablettenform ausgeglichen und zeitgleich mit der Suche nach der Ursache für diese Mangelerscheinungen begonnen (Fehlernährung, chronische Magenentzündung, erhöhter Bedarf, Wurmbefall).
Ist die Thalassämie Ursache für die Blutarmut, sind häufige Bluttransfusionen notwendig. Bei milden Formen reicht ggf. die Einnahme von Vitamin B12 oder Folsäure zur Unterstützung der Blutbildung. Geheilt werden Betroffene letztendlich durch Knochenmarkstransplantationen. Da diese mit hohem Risiko verbunden sind, werden Patienten möglichst mit Bluttransfusionen stabil gehalten. Werden Medikamente eingenommen, die Auswirkungen auf das Blutbild haben, sollten diese wenn möglich abgesetzt werden. Leiden Patienten unter chronischen Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen die nicht geheilt werden können, werden dadurch fehlende Vitamine (B12 oder Folsäure) oder Eisen ergänzt, um das Blutbild zu stabilisieren.
Kann die Ursache für die Anisozytose bzw. Anämie gefunden und beseitigt werden, sind die Heilungsaussichten gut. Mit der Normalisierung der Blutwerte verschwinden auch die Symptome. Ist eine chronische Erkrankung der Auslöser, sind die Heilungsaussichten abhängig von Art und den Behandlungsmöglichkeiten.
Bei ausbleibender Therapie kann es je nach Ursache zu Nervenschädigungen oder Veränderungen weiterer Blutwerte (Leukozyten, Thrombozyten) kommen. Eine schwere Anämie führt zu Atemnot, Herzschwäche und Sehstörungen.
Einseitige Ernährung kann zu einem Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure führen. Um dies vorzubeugen, sollte auf eine ausgeglichene, vielseitige Nahrung geachtet werden. In bestimmten Lebensumständen ist der Bedarf dieser Vitamine oder Eisen erhöht (zum Beispiel chronische Erkrankung, Schwangerschaft, Tumorbehandlung). Wenn eine ausreichende Aufnahme mit der Nahrung nicht gewährleistet werden kann muss häufig ein Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden.
aktualisiert am 19.02.2022