Während Erwachsene über viele Jahre eine stabile Immunität gegenüber Krankheitserregern aufbauen konnten, besteht bei Neugeborenen ein hohes Infektionsrisiko. Besonders bei Frühgeborenen ist die Gefahr hoch, dass verschiedene Krankheitserreger in den Organismus der Kinder eindringen und Beschwerden verursachen. Ein Leiden, das noch vor, während oder kurz nach der Geburt auftreten kann, ist die sogenannte Neugeborenensepsis – eine Blutvergiftung des Neugeborenen.
Genauso wie bei einer herkömmlichen Sepsis, wie die Blutvergiftung in der Fachsprache heißt, sind meist Bakterien für die Entstehung verantwortlich. Befallen die Krankheitserreger noch vor oder während der Geburt das Baby, spricht man von einer Frühsepsis. Die Spätsepsis zeigt sich hingegen erst rund fünf bis sieben Tage nach der Geburt.
Häufigste Ursache einer Frühsepsis sind Krankheitserreger, die von der Mutter auf das Kind übertragen werden. Besonders oft handelt es sich dabei um Streptokokken der Gruppe B oder um Escherichia coli. Daneben kommen ebenso Klebsiellen, Enterokokken oder Listerien als Krankheitsauslöser infrage. Die Bakterien wandern in den meisten Fällen vom Mastdarm der Mutter über die Scheide in den Gebärkanal. Dort dringen sie in das Fruchtwasser ein, das von den ungeborenen Kindern verschluckt wird. Auf diese Weise haben die Krankheitserreger die Chance, in die Lunge zu gelangen und eine Lungenentzündung auszulösen. Genauso ist es während der Geburt möglich, dass die Kinder im Geburtskanal mit den Bakterien in Kontakt kommen, sodass es schließlich zu einer Infektion kommt.
Obwohl die Mutter während der Schwangerschaft verschiedene Antikörper an das Kind weitergibt, besitzen Neugeborene noch ein sehr schwaches Immunsystem. Je stärker das körpereigene Abwehrsystem entwickelt ist, desto später zeigt sich die Blutvergiftung. Deswegen kann es bei einer Spätsepsis bis zu einer Woche dauern, bis die Babys erste Symptome zeigen. Bei Frühgeburten ist verläuft die Krankheit oftmals schneller. In einigen Fällen dauert es nur wenige Stunden, bis sich bei einem davor gesunden Neugeborenen ein akut lebensbedrohliches Krankheitsbild entwickelt.
Gelangen die Krankheitserreger in das Blut der Kinder, so kommt es zu einer Entzündungsreaktion. Diese kann so stark ausfallen, dass lebenswichtige Organe ihre Funktion verlieren. Bevor es zum septischen Schock (Kreislaufzusammenbruch) kommt, zeigen die Neugeborenen jedoch nur leichte Veränderungen im Bereich der Atmung, der Haut oder der Nerven. Je nachdem, wo sich die Entzündung im Körper befindet, kommt es zu unterschiedlichen Symptomen. Anzeichen, die bei einer Neugeborenensepsis jedoch beinahe immer auftreten, sind:
Darüber hinaus zeigen die Kinder häufig weitere Symptome, die auf erste Schädigungen bestimmter Organe hinweisen können:
Ganz gleich, ob nur ein Anzeichen oder mehrere Symptome für eine Neugeborenensepsis sprechen – die sofortige Behandlung ist von enormer Bedeutung. Andernfalls geht die Sepsis in einen septischen Schock über, bei dem lebenswichtige Organe ausfallen. Wird der Schock nicht sofort behandelt, ist es möglich, dass das Kind innerhalb kurzer Zeit stirbt, mitunter sogar innerhalb weniger Stunden.
Um die Sepsis bei den Neugeborenen unter Kontrolle zu bringen, werden den Babys sofort über eine Infusion Antibiotika verabreicht. Diese wirken gegen die üblichen Bakterien, die Auslöser einer solchen Infektion sein können. Gleichzeitig werden Blut, Urin und/oder Hirnflüssigkeit im Labor untersucht, um den genauen Erreger zu bestimmen. Sobald dieser bekannt ist, kann die gezielte Therapie mit einem geeigneten Antibiotikum beginnen beziehungsweise fortgeführt werden. Sollte in den angelegten Kulturen keine Bakterien gefunden werden, müssen Ärzte an Viren oder Pilze als Auslöser denken und die Therapie entsprechend abändern.
Je früher die Sepsis diagnostiziert und behandelt wird, desto höher sind die Heilungschancen. Jedoch werden die Behandlungsmethoden in rund 10 bis 25 Prozent der Fälle zu spät eingeleitet, sodass die Neugeborenensepsis tödlich verläuft. Darüber hinaus kann die Blutvergiftung der Babys für langfristige Schäden verantwortlich sein. Haben Bakterien das Nervensystem geschädigt, bleiben bei vielen Babys irreparable Schäden zurück.
Weil in den meisten Fällen B-Streptokokken für die Sepsis verantwortlich sind, können Schwangere zwischen der 35. und 37. Schwangerschaftswoche einen speziellen Test machen lassen. Mit diesem lässt sich ermitteln, ob eine Besiedlung der für das Baby gefährlichen Bakterien vorliegt. Hierfür entnimmt ein Arzt sowohl einen Abstrich aus der Vagina als auch aus dem Analbereich und schickt diese ins Labor. Liegt eine Besiedlung mit den Bakterien vor, so erhält die werdende Mutter Antibiotika verabreicht. Dieses wird über die Plazenta (Mutterkuchen) an das Baby abgegeben, sodass es vor der bakteriellen Infektion geschützt ist. Die Antibiotika-Infusion sollte mindestens vier Stunden vor der Geburt durchgeführt werden, damit die Medikamente ihre volle Wirkung zeigen können. Eine sehr viel frühere Behandlung ergibt dagegen keinen Sinn: Das Antibiotikum würde bis zum eigentlichen Geburtstermin wieder abgebaut werden, sodass sich die Schwangere erneut infizieren könnte. Die Kosten des Tests werden nicht von den Krankenkassen übernommen. Dennoch empfehlen ihn Ärzte und Hebammen ausdrücklich. Normalerweise kostet der Test auf B-Streptokokken nicht mehr als 30 Euro. Allerdings lässt sich mit dem Test und der Behandlung lediglich die Frühsepsis vermeiden. Die Spätsepsis entsteht erst während oder nach der Geburt, sodass das Antibiotikum in dieser Form nicht greift.
Zudem sollten die werdenden Mütter bereits während der Schwangerschaft darauf achten, das Immunsystem des ungeborenen Kindes zu unterstützen. Eine ausgewogene Ernährung und der Verzicht auf Tabak und Alkohol sorgen dafür, dass sich das Kind gut im Mutterleib entwickelt. Darüber hinaus sollte man nach der Geburt auf ausreichend Hygiene achten und beispielsweise die Hände gründlich waschen und desinfizieren, bevor man mit dem Neugeborenen in Kontakt kommt.
Letzte Aktualisierung am 15.03.2020.