Arterielle Hypertonie ist der medizinische Fachbegriff für einen dauerhaft erhöhten Blutdruck. In Deutschland sind etwa 30% der erwachsenen Bevölkerung betroffen, wobei das Risiko mit zunehmendem Alter steigt. Ein Faktor ist Alkoholkonsum, der den Blutdruck erhöht. Bluthochdruck verursacht häufig keine Beschwerden, kann aber langfristig zu schweren Organschäden, Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. Die Behandlung umfasst eine Änderungen des Lebensstils wie gesunde Ernährung, körperliche Bewegung und gegebenenfalls eine medikamentöse Therapie, um die Blutdruckwerte zu senken.
Prof. Halbach: „Arterielle Hypertonie“ ist der medizinische Fachbegriff für eine krankhafte Erhöhung des Blutdrucks. Diese liegt vor, wenn der Blutdruck in Praxismessungen regelmäßig über 140/90 mmHg liegt oder in zuhause durchgeführten Messungen über 135/85 mmHg. Die arterielle Hypertonie gehört zu den häufigsten Erkrankungen in Deutschland und betrifft etwa 30% der erwachsenen Bevölkerung. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu, im Rentenalter sind mehr als die Hälfte der Männer und Frauen betroffen.
Prof. Halbach: Typischerweise verursacht ein erhöhter Blutdruck keine oder nur wenig spezifische Symptome wie Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit, die man auch bei vielen anderen Erkrankungen haben kann. An manchen Stellen der Gefäße gibt es zwar Nervenzellen, die den Blutdruck überwachen, diese senden aber keine Schmerzreize oder andere Informationen, die wir bewusst wahrnehmen würden, an unser Gehirn. Dies ist das Gefährliche am Bluthochdruck, da er oftmals nicht erkannt wird oder aufgrund fehlender Beschwerden nicht konsequent behandelt wird.
Etwa ein Drittel der Betroffenen in Deutschland ist sich des erhöhten Blutdrucks gar nicht bewusst, und weniger als 50% der Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck erreichen unter einer Therapie die Zielwerte. Vor allem bei länger bestehender arterieller Hypertonie können dann Symptome durch Schädigungen von Organen auftreten, zum Beispiel Brustschmerzen und Luftnot durch eine Verdickung des Herzmuskels oder einen Herzinfarkt, Sehstörungen durch Veränderungen der Netzhaut, Überwässerung und Abgeschlagenheit durch Störungen der Nierenfunktion und Lähmungen oder Sprachstörungen im Falle eines Schlaganfalls.
Symptome können auch auftreten, wenn der Blutdruck akut sehr hoch ansteigt, d.h. über 180/110 mmHg. Dies kann plötzliche Brustschmerzen, Luftnot oder neurologische Symptome bis hin zu einem Koma oder Krampfanfällen hervorrufen. Ein solcher krisenhafter Anstieg des Blutdrucks, den wir auch als hypertensiven Notfall bezeichnen, tritt aber nur bei wenigen Patientinnen und Patienten mit arterieller Hypertonie auf.
Etwa ein Drittel der Betroffenen in Deutschland ist sich des erhöhten Blutdrucks gar nicht bewusst...
Prof. Halbach: Bluthochdruck tritt häufig in Verbindung mit Übergewicht auf und wird dadurch auch begünstigt. Zudem gibt es eine Reihe von speziellen Erkrankungen, die sekundär einen Bluthochdruck hervorrufen können. Dazu gehören Nierenerkrankungen, Störungen des Hormonhaushalts und das sogenannte obstruktive Schlafapnoesyndrom, bei dem es zu Atemaussetzern während des Schlafens kommt. Bei schwereren Formen des Bluthochdrucks suchen wir gezielt nach diesen Erkrankungen als mögliche Ursache.
Prof. Halbach: Neben den genannten Erkrankungen tragen viele Faktoren unseres Lebensstils zur Erhöhung des Blutdrucks bei. Besonders bedeutsam sind eine zu Kochsalz-reiche und Kalium-arme Ernährung, Bewegungsmangel und Alkoholkonsum.
Prof. Halbach: Die Diagnose erfolgt meist durch eine Messung mit einer Oberarm-Blutdruckmanschette in der Arztpraxis. Die Messung sollte unter ruhigen Bedingungen, d.h. nach 3-5 Minuten Sitzen, ohne Unterhaltung und ohne Harndrang oder anderem Stress erfolgen. Zunächst sollte an beiden Armen der Blutdruck bestimmt werden und in der Folge immer der Arm für die Messung verwendet werden, der den höheren Blutdruck aufweist, falls es eine Blutdruckdifferenz geben sollte. Vor allem bei nur leichter Erhöhung des Blutdrucks können auch Messungen bei mehreren Vorstellungen erforderlich sein, bis die Diagnose sicher gestellt werden kann.
Ganz wichtig ist, dass der in der Praxis gemessene Blutdruck bei etwa einem Drittel der Patientinnen und Patienten nicht gut mit dem Blutdruck zu Hause übereinstimmt. Daher wird auf jeden Fall empfohlen, durch Heimmessungen mit einem eigenen Messgerät oder durch eine Langzeit-Blutdruckmessung die Blutdruckeinstellung außerhalb der Praxis zu erfassen. Nur wenn der Blutdruck auch außerhalb der Praxis erhöht ist, liegt eine echte arterielle Hypertonie vor. Ansonsten sprechen wir von einem Weißkittel-Effekt, wenn der Blutdruck in der Praxis höher ist als zuhause, was durch die Aufregung beim Arztbesuch erklärt werden kann.
Die Diagnose erfolgt meist durch eine Messung mit einer Oberarm-Blutdruckmanschette in der Arztpraxis.
Prof. Halbach: Die Grundlage der Behandlung der arteriellen Hypertonie ist zunächst eine Optimierung des Lebensstils. Dazu gehören insbesondere viel Bewegung - empfohlen werden mindestens fünfmal 30 Minuten pro Woche moderate sportliche Betätigung, Gewichtsreduktion im Falle von Übergewicht, mediterrane Kost mit viel Obst, Gemüse und Fisch sowie erhöhter Aufnahme von Kalium und verringerter Aufnahme von Kochsalz. Viel Kochsalz findet sich beispielsweise in industriell hergestellten Lebensmitteln, sodass das Kochen von frischem Essen zu bevorzugen ist. Auf Nachsalzen sollte möglichst verzichtet werden. Zudem sind mittlerweile spezielle „Blutdrucksalze“ erhältlich, bei denen das Kochsalz teilweise durch Kaliumchlorid ersetzt ist.
Alkoholkonsum erhöht ebenfalls den Blutdruck, sodass idealerweise vollständig auf Alkohol verzichtet werden sollte, aber zumindest nicht mehr als ein bis maximal zwei alkoholische Getränke pro Tag konsumiert werden sollten. Und nicht zuletzt ist ein Rauchstopp für Raucher dringend zu empfehlen, dies wirkt sich zwar nur geringfügig auf den Bluthochdruck aus, ist aber sehr wichtig, um die Entwicklung von Organschäden zu vermeiden. Da eine Optimierung des Lebensstils allein meist nicht zu einer ausreichenden Blutdruckkontrolle führt, ist zusätzlich eine Behandlung mit Blutdruck-senkenden Medikamenten sinnvoll. In den meisten Fällen werden schon zu Beginn zwei verschiedene Blutdrucksenker in niedriger Dosis miteinander kombiniert, da dies besonders gut den Blutdruck senkt und nicht mehr Nebenwirkungen macht.
Es gibt viele sogenannte Fixkombinationen, bei denen zwei oder drei Wirkstoffe in einer Tablette verarbeitet sind, sodass man trotzdem nur eine Tablette pro Tag einnehmen muss. Dies erleichtert die Einnahme und ist wichtig für die Therapietreue - ca. die Hälfte der Blutdrucksenker wird nämlich nicht wie verschrieben eingenommen, das ist ein ganz entscheidendes Problem bei der Behandlung des Bluthochdrucks und trägt wesentlich dazu bei, dass die Zielwerte bei vielen Patientinnen und Patienten nicht erreicht werden.
Sollte der Blutdruck unter der Behandlung mit mindestens drei Blutdrucksenkern noch nicht im Zielbereich liegen, gibt es zudem moderne, sogenannte interventionelle Methoden, um den Blutdruck zu regulieren. Am weitesten verbreitet ist die renale Denervation, bei der durch einen einmaligen Katheter-Eingriff die Nervenfasern um die Nierenarterien verödet werden, die für die Entstehung und Aufrechterhaltung eines zu hohen Blutdrucks mitverantwortlich sind. Solche Methoden kommen aber nur für ausgewählte Patientinnen und Patienten infrage und sollten nur an spezialisierten Hypertonie-Zentren durchgeführt werden.
Prof. Halbach: Ein lang bestehender Bluthochdruck schädigt die Gefäße und kann über Durchblutungsstörungen zu Schäden verschiedener Organe führen. Wie bereits erwähnt können dadurch so schwerwiegende Erkrankungen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle, Nierenschäden bis hin zur Dialysepflichtigkeit und Sehstörungen hervorgerufen werden. Die arterielle Hypertonie ist sogar der wichtigste Risikofaktor für die genannten Erkrankungen und trägt damit auch ganz entscheidend zur Sterblichkeit in Deutschland bei. Eine Blutdruckabsenkung um 10 mmHg kann zum Beispiel das Schlaganfall-Risiko um ca. 25 % und das Risiko zu versterben um ca. 15 % verringern.
Die arterielle Hypertonie ist sogar der wichtigste Risikofaktor für die genannten Erkrankungen und trägt damit auch ganz entscheidend zur Sterblichkeit in Deutschland bei.
Prof. Halbach: Für die allermeisten Patientinnen und Patienten liegt der Ziel-Blutdruck zwischen 120-129/70-79 mmHg. Mehrere Studien haben ergeben, dass eine Blutdruck-Einstellung in diesem Bereich das Auftreten von blutdruckbedingten Organschäden und Komplikationen verhindern kann. Dies setzt aber voraus, dass die Behandlung gut vertragen wird. Wenn ein so niedriger Blutdruck nicht vertragen wird, zum Beispiel aufgrund von Schwindel, kann auch ein höheres Blutdruck-Ziel angestrebt werden. Dies ist letztlich eine individuelle Entscheidung, die Ärztinnen und Ärzte gemeinsam mit ihren Patientinnen und Patienten treffen müssen. Der Blutdruck sollte dann aber möglichst unter 140/90 mmHg liegen und letztlich so niedrig wie möglich.
Prof. Halbach: Damit ein Bluthochdruck erst gar nicht entsteht, sind die bereits angesprochenen Maßnahmen zur Optimierung des Lebensstils jedem zu empfehlen, insbesondere, wenn andere Risikofaktoren für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Übergewicht oder Diabetes vorliegen, oder wenn sogar bereits eine Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems oder der Nieren besteht. Dann sollte man besonders auf eine gesunde und salzarme Ernährung, viel Bewegung, wenig Alkohol und einen vollständigen Verzicht auf Rauchen achten.
Prof. Halbach: Positive Effekte der Bluthochdruckbehandlung sind auch für ältere Patientinnen und Patienten eindeutig belegt, ein höheres Alter sollte also per se nicht dazu führen, dass die Behandlung des Bluthochdrucks weniger konsequent erfolgt. Bei sehr alten Menschen über 85 Jahren, schwerer Gebrechlichkeit, kurzer Lebenserwartung durch andere Erkrankungen oder Problemen mit Blutdruck-Abfällen nach dem Aufstehen sollte die blutdrucksenkende Behandlung aber vorsichtig erfolgen, gegebenenfalls müssen auch etwas höhere Blutdrücke akzeptiert werden, wenn die Behandlung nicht gut vertragen wird und zum Beispiel Schwindel hervorruft. Die genannten Patientengruppen haben auch oft mehrere Erkrankungen und erhalten bereits viele Medikamente, wodurch es zu Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten kommen kann und das Risiko für Unverträglichkeiten zunimmt.
Prof. Halbach: Die meisten Medikamente zu Blutdruckbehandlung und Empfehlungen zur Optimierung des Lebensstils sind nicht neu, sondern altbewährt. Im letzten Jahr wurden aber mehrere neue Substanzen und auch neue Konzepte der Bluthochdruckbehandlung in Studien untersucht, die in den kommenden Jahren vermutlich die Behandlung ergänzen werden. Ein Beispiel ist Zilebesiran, eine sogenannte small-interfering RNA oder siRNA, die die Bildung von Angiotensinogen in der Leber hemmt, das für die Entstehung des Bluthochdrucks eine wichtige Rolle spielt.
Das spannende an diesem neuen Konzept ist, dass eine einmalige Gabe des Medikaments den Blutdruck über mehrere Monate absenken kann. Dies ist besonders vielversprechend, da bisherige Blutdrucksenker, wie gesagt, häufig nicht verlässlich eingenommen werden und dann natürlich auch nicht wirken können. Die bereits angesprochene renale Denervation gehört ebenfalls zu den neueren, kathetergestützten Verfahren der Bluthochdruckbehandlung und wurde in den vergangenen Jahren in vielen Studien mit positiven Ergebnissen untersucht.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 08.10.2024.