Blutegel (wissenschaftlicher Name: Hirudo medicinalis) werden unter medizinischen Gesichtspunkten schon seit Jahrtausenden verwendet. Blutegel gehören zur Klasse der Gürtelwürmer und leben natürlicherweise in Gewässern, wo sie sich vom Blut ernähren, das sie durch Saugen von Säugetieren gewinnen. An das Blut kommen die Blutegel, indem sie mit ihren Kalkzähnen die Haut eröffnen und sich daraufhin festsaugen.
Auf der einen Seite stellt die Blutegeltherapie eine natürliche Form des Aderlasses dar, bei den durch den Entzug von Blut positive Auswirkungen erzielt werden können, beispielsweise auch bei Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe. Zum Anderen enthält die Saliva, also der 'Speichel' der Egel, viele Substanzen, die eine fördernde Wirkung auf die Gesundheit des Menschen haben.
Die wichtigste Wirksubstanz bei der Blutegeltherapie ist das Hirudin, das eine gerinnungshemmende Wirkung besitzt. Ungefähr 30 weitere Stoffe hemmen ebenfalls die Blutgerinnung, wirken antibiotisch und entzündungshemmend und fördern die Durchblutung. Zudem enthält das Gemisch eine schmerzstillende Substanz, so dass bei der Anwendung der Blutegeltherapie nur leichte oder keine Bissschmerzen entstehen.
Die Blutegel werden in speziellen konntrollierten Zuchtgewässern herangezogen, so dass sie keine Krankheitserreger übertragen. Den Würmern wird hierzu sogar ein Gesundheitszeugnis erstellt. Eine Blutegeltherapie sollte immer von einem speziell dazu ausgebildeten Arzt oder Therapeuten durchgeführt werden.
Eine Blutegeltherapie sollte möglichst im Liegen erfolgen. Da durch die Blutegeltherapie die Kreislaufleistung herabgesetzt werden kann, sollte man viel Flüssigkeit zu sich nehmen und den Behandlungstag als Ruhetag einplanen.Sie beginnt, indem man eines oder mehrere der Tiere mit der Hand, mit einem kleinen Glas oder mit einem Holzspatel an die betroffene Hautstelle ansetzt. Dies kann die Stelle sein, an der ein Krankheitsgeschehen im Gange ist, aber auch z.B. ein Akupunkturpunkt.
Wenn die Blutegel nicht sofort zu saugen beginnen, kann man die Haut auch vorher ein wenig anritzen. Wenn sich die Egel vollgesogen haben, fallen sie meist nach etwa einer halben Stunde von selbst wieder ab. Da die Bisswunden der Blutegel oft eine lange Zeit weiter bluten, sollte man nach der Behandlung einen sterilen Verband anlegen. Die Würmer dürfen selbstverständlich nur einmal zur Blutegeltherapie verwendet werden und werden nach der Blutegeltherapie an die Apotheke zurückgegeben.
Eines der Haupteinsatzgebiete der Blutegeltherapie ist die plastische Chirurgie. So konnte beispielsweise ein abgetrenntes Ohr eines kleinen Jungen nur deshalb wieder festwachsen, weil Blutegel zur Heilung verwendet wurden. Bei Amputations- und ähnlichen Wunden ist eine Blutegeltherapie gut geeignet.
Ebenfalls zeigt sich eine positive Wirkung auf verschiedene Gefäßerkrankungen wie Krampfadern und Venenproblemen. Bei Arthrose wird eine Schmerzlinderung im Gelenk erreicht. So vielseitig wie die Substanzzusammensetzung sind auch die Einsatzmöglichkeiten der Blutegeltherapie.
Entzündungen, Schmerzen sowie auch Tinnitus sind weitere häufige Anwendungsbereiche. Theoretisch kann diese Therapie an sämtlichen Körperstellen durchgeführt werden, nur an besonders empfindlichen Bereichen wie den Brustwarzen sollten die Blutegel nicht angesetzt werden. Bei Blutern und bei Patienten mit anderen schwerwiegenden Krankheiten der Blutgefäße und des Gerinnungssystems darf eine Blutegeltherapie aufgrund des hohen Risikos nicht durchgeführt werden. Dazu zählt auch eine Therapie mit z.B. Marcumar®. Auch bestimmte Hautkrankheiten, Immunschwächen, Allergien und Blutarmut sprechen gegen diese Therapie. Komplikationen sind selten, es kann zu einer allergischen Reaktion durch die vom Blutegel abgegebenen Stoffe oder zu einer Wundinfektion kommen. Ebenfalls kann es zu Narbenbildungen kommen, insbesondere bei Personen, die zu einer übermäßigen Ausbildung von Narben neigen.
Letzte Aktualisierung am 23.07.2008.