Blutiger Urin wirkt für die meisten Menschen beunruhigend, insbesondere, wenn die Rotfärbung über mehrere Toilettengänge anhält. Obgleich der Schreck zu Beginn groß sein mag, muss Blut im Urin (Hämaturie) nicht zwingend auf eine ernsthafte Erkrankung hindeuten. Dennoch sollte eine Hämaturie rasch von einem Arzt abgeklärt werden, zumal Blut im Urin bei einer Vielzahl von Erkrankungen des Harntraktes und der Nieren vorzufinden ist. Das gilt besonders, wenn weitere Beschwerden vorhanden sind wie verstärkter Harndrang, Schmerzen beim Wasserlassen, Bauch- oder Rückenschmerzen und krampfartige Beschwerden. Ein Arztbesuch ist jedoch auch dann ratsam, wenn der Urin lediglich schwach rot gefärbt ist und keine Schmerzen oder andere Beschwerden vorhanden sind.
Sichtbares Blut im Urin gehört nicht zu den Symptomen, mit welchen wir häufig konfrontiert werden. Umso größer ist der Schreck und die Angst vor einem möglichen ernsthaften Hintergrund. Blutiger Urin, welcher von Schmerzen begleitet wird, sollte in jedem Fall der Anlass für einen raschen Arztbesuch sein.
Häufig steht hinter einem solchen Krankheitsbild eine Entzündung der Harnwege. Dauert die Hämaturie über einen längeren Zeitraum an, ist eine eingehende Untersuchung zur Klärung möglicher ernsthafter Ursachen notwendig. Vor allem wiederkehrende Harnwegsinfekte mit begleitender Hämaturie können zu einer Schädigung der Nieren führen und bedürfen einer umgehenden Abklärung.
Bei jeder nachgewiesenen Hämaturie muss zusätzlich an eine Schädigung der Nieren gedacht werden. Bei zusätzlichen Zeichen einer Nierenfunktionsstörung ist ein Termin beim Arzt dringend erforderlich. Um einen Notfall handelt es sich, wenn innerhalb von 24 Stunden weniger als 100 Milliliter Urin ausgeschieden werden (Anurie). Ebenfalls bedenklich sind Bluthochdruckkrisen, bei welchen der systolische (obere) Wert 180 mmHg und der diastolische 120 mmHg überschreiten.
Um einen echten urologischen Notfall handelt es sich bei der Verstopfung der Blase durch die Ansammlung größerer Mengen von Blutgerinnsel. Eine solche Harnblasentamponade äußert sich für den Patienten durch eine starke Hämaturie mit Beimengungen von Blutgerinnseln. Starke Schmerzen und ein andauernder Harndrang machen eine sofortige notfallmäßige Behandlung notwendig, auch um weitere Komplikationen zu verhindern. Mögliche Ursachen der Blasentamponade können unter anderem eine Entzündung der Blase (Zystitis), Tumore der Blasenwand sowie Krampfadern der Prostata oder des Blasenhalses sein. Störungen der Blutgerinnung erhöhen das Risiko, dass eine starke Blutung in den Harnwegen auftritt und sich daher eine Blasentamponade entwickelt.
Insbesondere bei Kleinkindern, aber auch im Erwachsenenalter, kann Blut im Urin ein Hinweis auf eine erblich übertragene Krankheit darstellen. Eine frühzeitige Abklärung durch den Kinderarzt kann dazu beitragen, gesundheitliche Spätfolgen zu vermeiden.
Sichtbares Blut im Urin wird bei der IgA-Nephropathie (einer erblichen Nierenerkrankung) selten beobachtet. Meist fällt diese durch eine zufällig diagnostizierte Mikrohämaturie (nicht sichtbare Blutbeimengung, die nur bei Untersuchungen erkannt wird) auf. Die auch Berger-Nephritis genannte Erkrankung kann zu Entzündungen der Niere bis hin zu akutem Nierenversagen führen.
Ebenso muss bei einer Hämaturie an ein Alport-Syndrom (eine erbliche Krankheit mit fortschreitenden Nierenschäden, bei der auch Gehör und Augen beeinträchtigt werden können) gedacht werden oder an eine benigne (gutartige) familiäre Mikrohämaturie. Schwere Krankheitsbilder einer Hämophilie (Bluterkrankheit) machen sich überwiegend schon im Kindesalter bemerkbar. Die spontane Hämaturie gilt hierbei als ein charakteristisches Merkmal.
Ein Harnblasenkarzinom verursacht im frühen Stadium meist keine Schmerzen. Als eines der ersten Symptome stellt sich eine schmerzlose Blutung aus der Blase ein. Sie wird vom Patienten als blutiger Urin wahrgenommen. Zu diesem Zeitpunkt denken viele Patienten zuerst an einen Harnwegsinfekt oder bei Männern an eine Entzündung der Prostata. Schmerzen sind indes ein mögliches Zeichen für einen fortgeschrittenen Blasenkrebs. Durch einen rechtzeitigen Gang zum Arzt kann ein Blasenkrebs eventuell in einem noch nicht fortgeschrittenen und damit gut behandelbaren Stadium erfasst werden. Blut im Urin kann bei Männern zudem ein Anzeichen eines Prostatakarzinoms sein.
Der Nachweis von nicht sichtbarem Blut (Mikrohämaturie) durch entsprechende Vorsorgemaßnahmen wird aufgrund der großen Menge an Urintests, welche in den Praxen anfallen würden, nicht empfohlen. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass viele Menschen den Nachweis mittels frei verkäuflicher Harnstreifentests selbst durchführen. Hierbei ist eine Vielzahl zufälliger Mikrohämaturie-Befunde zu erwarten, von denen der Großteil keine klinische Bedeutung aufweisen wird. Da dennoch mit schwerwiegenden Erkrankungen gerechnet werden muss, sollten Patienten mit einem positiven Harnstreifentest (Testfeld ist verfärbt) ärztliche Unterstützung in Anspruch nehmen. In den Praxen wird der Nachweis einer Mikrohämaturie nur durchgeführt, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt.
Eine Mikrohämaturie ist selten ein Hinweis für eine Krebserkrankung, doch sollten Menschen mit entsprechenden Voraussetzungen besonders wachsam auf zusätzliche Krankheitszeichen achten. Solche Warnsignale können beispielsweise ein häufiger Harndrang und gleichzeitig geringe Mengen Urin sein.
Im Vergleich zu einer Makrohämaturie (sichtbarem Blut im Urin) wird eine Krebsdiagnose bei einer Mikrohämaturie lediglich in 3,1 Prozent gestellt – bei einer Makrohämaturie sind es 13,8 Prozent. Ist sichtbares Blut als möglicher Hinweis für ein Karzinom nicht vorhanden, kommt den individuellen Risikofaktoren eine besondere Bedeutung zu.
Tabakkonsum gilt als hauptsächlicher Auslöser für Blasenkrebs. In Betracht kommen zudem kanzerogene Arbeitsstoffe wie Anilin, welche in der Gummi- und textilverarbeitenden Industrie zur Verwendung kamen. Obwohl diese aus dem Produktionsablauf entfernt worden sind, muss bei entsprechendem Umgang (Exposition) mit diesen Stoffen in früheren Jahren noch heute mit Spätfolgen gerechnet werden. Zu den möglichen risikobehafteten Faktoren zählen neben einem höheren Alter auch das Geschlecht. Das Risiko einer Erkrankung steigt von ungefähr 0,2 Prozent bei den unter 45-Jährigen auf 0,4 Prozent (Frauen) bis zu 1,3 Prozent (Männer) im Alter von 75 Jahren.
Die genannten Warnsignale sind unspezifisch und sollten nicht als eindeutiges Indiz für einen Tumor gewertet werden. Unter diesem Aspekt sind auch Tests zuhause kritisch zu bewerten. Ein Nachweis (Teststreifen) auf Blut im Urin sollte ausschließlich nach vorhergehender ausführlicher Erklärung durch einen Arzt durchgeführt werden. Medizinische Laien könnten mögliche Fehlerquellen bei der Uringewinnung übersehen. Vor allem jedoch kann eine Aussage des Testergebnisses hinsichtlich zugrundeliegender Erkrankungen kaum selbst beurteilt werden. Besteht dennoch der Wunsch, einen Harntest selbst durchführen zu wollen, sollte bei jeder positiven oder fraglichen Färbung eines Testfeldes der fachliche Rat eines Arztes hinzugezogen werden.
Wenn Blut im Urin auftritt, ist der Hausarzt ist erste Ansprechpartner. Seine Ausbildung umfasst das breite Spektrum der Medizin und ermöglicht es in vielen Fällen, eine Diagnose zu stellen. Üblicherweise ist der Hausarzt Allgemeinmediziner und kann, sofern notwendig, zu einem Facharzt überweisen.
Blut im Urin stammt vorwiegend aus den Harnwegen, also der Harnröhre, der Harnblase, dem Harnleiter oder den Nieren. Für eine Weiterbehandlung kommt daher vor allem der Urologe (Facharzt für Harn- und Geschlechtsorgane) sowie der Nephrologe (Facharzt für Nierenheilkunde) infrage.
Bei Frauen könnte darüber hinaus die Ursache für die Blutbeimengungen in den weiblichen Sexualorganen liegen. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, sich direkt an den behandelnden Gynäkologen (Frauenarzt) zu wenden.
Besteht der Verdacht auf eine Tumorerkrankung, können der Hausarzt oder die Fachärzte den Rat eines Krebsspezialisten hinzuziehen.
Die meisten niedergelassenen Allgemeinmediziner und Fachärzte verfügen über die Möglichkeit für eine Ultraschalluntersuchung. Darüber hinausgehende bildgebende Untersuchungsmethoden bleiben niedergelassenen Radiologen oder den Krankenhäusern überlassen.
In manchen Fällen ist für die Diagnostik und Behandlung eine stationäre Aufnahme in einem Krankenhaus notwendig. Diese Entscheidung kann allein vom behandelnden Arzt getroffen werden, wenn dieser die Behandlungsmöglichkeiten für ausgeschöpft hält.
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aktualisiert am 05.01.2021