Blasenkrebs tritt vor allem im höheren Lebensalter und bei Männern auf. Rauchen ist ein wesentlicher Risikofaktor, da Nikotinabusus etwa ein Viertel der Fälle verursacht. Weitere 20-25% der Harnblasenkarzinome werden durch exogene Noxen ausgelöst, wie z.B. aromatische Amine in Textilien und Lederwaren. Das häufigste Symptom ist eine schmerzlose Blutbeimengung im Urin.
Prof. Gakis: Blasenkrebs ist die vierthäufigste Tumorerkrankung bei Männern und die zehnthäufigste bei Frauen. Die Hauptursachen für die Entstehung von Blasenkrebs sind vor allem genetische Faktoren, die noch nicht gut erforscht sind. Ein Viertel der Fälle wird durch Nikotinabusus verursacht, weitere 20-25% durch exogene Noxen wie aromatische Amine. Diese sind beispielsweise in Textilien, Lederwaren oder auch Lebensmittelverpackungsmaterialien enthalten.
Blasenkrebs hat eine große wirtschaftliche Bedeutung, da sogenannte nicht-muskelinvasive Blasenkarzinome häufig wiederkehren. Dies führt zu teuren Nachsorgeuntersuchungen und Instillationstherapien. Der nicht-muskelinvasive Harnblasenkrebs gilt als einer der teuersten Tumorerkrankungen hinsichtlich der Gesundheitskosten.
Im Gegensatz dazu sind muskelinvasive Harnblasenkarzinome sehr aggressive Tumoren mit einem deutlich erhöhten Metastasierungsrisiko. Hier ist eine blasenerhaltende Therapie oft nicht möglich und eine multimodale Therapie notwendig. Diese besteht aus einer Kombination von systemischer Therapie und lokaler Behandlung wie Radikaloperation oder Strahlentherapie in Kombination mit Chemotherapie.
Prof. Gakis: Das häufigste Symptom von Blasenkrebs ist die schmerzlose Makrohämaturie, d.h. das sichtbare Vorhandensein von Blut im Urin. Dieses Symptom tritt relativ häufig auf, jedoch nicht bei jedem. Manchmal können auch Harnwegsinfektionen unklarer Ursache - insbesondere bei Frauen - zu Blutungen führen, die oft fälschlicherweise als einfache Harnwegsinfektionen fehldiagnostiziert werden. Zu den Hauptsymptomen im fortgeschrittenen Stadium gehören Flankenschmerzen oder septische Zustände aufgrund tumorbedingter Abflussstörungen von der Niere in die Blase.
In fortgeschrittenen metastasierten Stadien kann es neben metastasenbedingten lokalen Symptomen zu Gewichtsverlust oder einer Reduktion des Allgemeinzustandes kommen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das häufigste Symptom eine schmerzlose Makrohämaturie (Blut im Urin) ist, die jedoch in manchen Fällen, insbesondere bei begleitenden Harnwegsinfekt, auch schmerzhaft sein kann.
Das häufigste Symptom von Blasenkrebs ist die schmerzlose Makrohämaturie, d.h. das sichtbare Vorhandensein von Blut im Urin.
Prof. Gakis: Blutiger Urin, die sogenannte Makrohämaturie, ist ein Warnsignal und sollte in jedem Fall rechtzeitig abgeklärt werden. Wie bereits erwähnt, sollte bei einem Harnwegsinfekt, der bei Mann oder Frau trotz Antibiotikabehandlung nicht abklingt, frühzeitig ein Urologe aufgesucht werden. Mittels einer Blasenspiegelung kann dann die Diagnose gesichert werden.
Prof. Gakis: Die Behandlung des Harnblasenkarzinoms beginnt in der Regel mit der endoskopischen Entfernung des Tumors. Diesen Eingriff bezeichnen wir als transurethrale Blasentumorresektion. Der Eingriff hat sowohl einen diagnostischen als auch einen therapeutischen Wert. Diagnostisch, weil das entfernte Gewebe feingeweblich untersucht wird, um festzustellen, wie tief der Tumor in die Blasenwand eingedrungen ist und wie aggressiv die Tumorzellen sind. Dies wird in der Fachsprache als Staging und Grading bezeichnet.
Je nach Ergebnis der Blasenspiegelung werden die Patienten in Risikogruppen eingeteilt, um das Risiko eines Wiederauftretens oder Fortschreitens des Tumors abzuschätzen. Es gibt Risikotabellen, die jedem Urologen bekannt sind. Die Patienten werden in Niedrigrisiko-, mittleres Risiko- und Hochrisikogruppen eingeteilt. Ziel der Behandlung des sogenannten nicht-muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms, bei dem der Tumor in den inneren Schichten der Harnblase liegt und die Muskulatur noch nicht erreicht hat, ist es, die Harnblase zu erhalten und ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Diese nicht-muskelinvasiven Tumoren machen etwa 75% der Harnblasenkarzinome aus.
Der erste Behandlungsschritt ist die transurethrale Resektion des Blasentumors. Daran schließt sich die sogenannte intravesikale Instillationstherapie an. Dabei wird ein chemotherapeutisches oder immunmodulierendes Medikament über einen transurethralen Katheter in die Blase eingebracht. Dort verbleibt es in der Regel etwa zwei Stunden und wird dann wieder ausgeschieden. Diese Instillationsbehandlungen werden regelmäßig über einen bestimmten Zeitraum durchgeführt, welche je nach Risikogruppe festgelegt wird. Sowohl die Art des Medikaments als auch die Dauer der Instillation hängen von der Risikogruppe ab. Diese beiden therapeutischen Maßnahmen sind beim nicht-muskelinvasiven Harnblasenkarzinom von entscheidender Bedeutung.
Nach Abschluss der adjuvanten Instillationstherapie beginnt die langfristige Nachsorge des Patienten. Dazu gehören regelmäßige Blasenspiegelungen und die Bestimmung von Tumorzellen im Urin. Ist der Tumor in die Muskelschicht eingewachsen, was bei etwa einem Viertel der Fälle der Fall ist, kann die Blase häufig nicht erhalten werden. In diesen Fällen muss die Blase radikal entfernt und eine künstliche Harnableitung angelegt werden. In bestimmten Fällen kann die Blase durch eine Radiochemotherapie erhalten werden. Dabei wird eine Bestrahlung der Harnblase mit einer Chemotherapie kombiniert, um die Empfindlichkeit der Tumorzellen gegenüber der Bestrahlung zu erhöhen. Dies ist jedoch nicht in allen Fällen möglich, da bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Bei der Diagnose muss entschieden werden, ob eine Blasenerhaltung möglich ist oder nicht.
Die Behandlung des muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms ist heute immer multimodal. Ziel ist es, das Risiko zu senken, dass der Patient im Verlauf der Erkrankung Metastasen entwickelt und an der Erkrankung verstirbt. Etwa die Hälfte der Patienten hat in diesem Stadium bereits Mikrometastasen, die in der Computertomographie oder Kernspintomographie nicht nachweisbar sind. Häufig werden daher die Patienten zunächst mit einer systemischen Therapie behandelt, die entweder aus einer Chemotherapie oder in neueren Studien häufig aus einer Kombination von Chemotherapie und Immuntherapie besteht.
Nach Abschluss der sogenannten neoadjuvanten oder induktiven Chemotherapie erfolgt die radikale operative Entfernung der Harnblase. Hier wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten große Fortschritte erzielt, insbesondere was den Erhalt des Schließmuskels für die Kontinenz und die Sexualfunktion durch nervenschonende Verfahren betrifft. Wenn der Patient fit genug ist und eine gute Nierenfunktion hat, wird eine sogenannte kontinente Harnableitung angestrebt. Dies kann entweder durch eine Ersatzblase aus Dünndarm, die direkt mit der Harnröhre verbunden ist (Neoblase), oder durch eine Ersatzblase aus Dünn- oder Dickdarm, die mit dem Nabel verbunden ist (kontinenter Pouch), erfolgen. Letztere erfordert durchschnittlich ein 5-6-maliges tägliches Selbstkatheterisieren (entleeren).
Urologen versuchen, die Lebensqualität der Patienten, die durch die Entfernung der Harnblase eingeschränkt sein kann, so weit wie möglich zu erhalten. Die Voraussetzung für eine kontinente Harnableitung ist ein guter Allgemeinzustand und eine ausreichende Nierenfunktion. An die radikale operative Behandlung schließt sich häufig eine adjuvante Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren (Immunmodulatoren) an, insbesondere wenn die Chemotherapie keine ausreichende Wirkung auf den Primärtumor gezeigt hat. Patienten, die vor einer großen Operation nicht auf eine Chemotherapie ansprechen, hatten bisher oft eine schlechte Prognose. Eine aktuelle Studie hat jedoch gezeigt, dass gerade diese Patientengruppe von einer Immuntherapie mit Nivolumab stark profitieren kann. Für Patienten mit metastasiertem Harnblasenkarzinom (ca. 5% der Fälle) gibt es inzwischen positive Studiendaten zu einer Kombination aus Immuntherapie und antikörperkonjugierter Chemotherapie.
Seit vielen Jahrzehnten behandeln wir Patienten mit metastasiertem Harnblasenkarzinom mit einer platinhaltigen Chemotherapie in Kombination mit Gemcitabin. Diese Form der Systemtherapie wird auch in der neoadjuvanten Situation eingesetzt. Die Langzeitergebnisse sind jedoch nicht zufriedenstellend, etwa 50% der Patienten versterben nach einem Jahr. Neuere Daten zeigen, dass die Kombination einer Immuntherapie (Pembrolizumab) mit einem antikörperkonjugierten Chemotherapeutikum (Enfortumab vedotin) deutlich bessere Überlebenschancen bietet. Das Immuntherapeutikum wirkt, indem es Mechanismen ausschaltet, die Tumorzellen nutzen, um Abwehrzellen in einen quasi Schlafzustand zu versetzen. Man spricht hier im englische Sprachgebrauch von „immune silecing“.
Die zweite Komponente der Behandlung, Enfortumab Vedotin, ist ein antikörperkonjugiertes Chemotherapeutikum, das gezielt an den Oberflächenmarker Nectin-4 auf Tumorzellen andockt. Dies ermöglicht eine gezielte Einschleusung des Chemotherapeutikums in die Tumorzelle, die deutlich selektiver ist als die herkömmliche Chemotherapie. Diese neue Kombinationstherapie aus Pembrolizumab (einem Immuncheckpoint-Inhibitor) und Enfortumab Vedotin hat zu deutlich verbesserten Ergebnissen geführt. Auch wenn das metastasierte Harnblasenkarzinom immer noch eine tödliche Krankheit ist, sehen wir mit dieser neuen Therapieform Licht am Ende des Tunnels.
Diese nicht-muskelinvasiven Tumoren machen etwa 75% der Harnblasenkarzinome aus.
Prof. Gakis: Bei den Operationsmethoden des nicht-muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms ist bei der transurethralen Harnblasentumorresektion ein zunehmender Einsatz von sogenannten En-Bloc Resektionen zu beobachten. Bei der herkömmlichen transurethralen Blasentumorresektion wird der Tumor mit einer elektrischen Schlinge in Scheiben geschnitten und anschließend aus der Harnblase ausgespült. Diese Tumorspäne werden dann zur histologischen Untersuchung eingeschickt.
Neuere Entwicklungen zielen darauf ab, den gesamten Tumor in einem Stück zu entfernen, auch wenn er bis zu 4-6 cm groß ist. Dazu wird der Tumor mit Kochsalzlösung unterspritzt, wodurch die versorgenden Gefäße abgedrückt werden. Anschließend wird der Tumor dann mit einer Nadelelektrode herausgeschnitten (Hydrodissektionsmethode). Diese En-bloc Resektion hat in Studien einige Vorteile gezeigt. Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass der Pathologe ein exaktes Präparat erhält und die Infiltrationstiefe des Tumors besser bestimmen kann, ohne dass bei der Interpretation der feingeweblichen Schnitte Schwierigkeiten aufgrund der Vielzahl von Schnittebenen auftreten.
Fortschritte gibt es auch bei der Instillationstherapie. Neben Mitomycin, das passiv in die Blase gegeben wird, und BCG, einem abgetöteten Tuberkulosekeim, der bei aggressiven nicht-muskelinvasiven Harnblasenkarzinomen eingesetzt wird, gibt es neue Therapien. Eine davon ist die intravesikale Gentherapie mit einem viralen Vektor, der Interferon-alpha trägt. Diese Viruspartikel werden in die Blase eingebracht und von den Urothelzellen aufgenommen, wo sie die Produktion von Interferon-alpha stimulieren. Dieses Molekül fungiert als Botenstoff zwischen Immunzellen und stimuliert das Immunsystem lokal gegen den Tumor.
Eine weitere innovative Methode sind sogenannte TAR-Devices. Dabei handelt es sich um brezelförmige Kunststoffschläuche, die über die Harnröhre in die Blase eingeführt werden. In diesen Schläuchen befinden sich Chemotherapie-Tabletten oder Substanzen wie Erdafitinib, ein Medikament, das sich gegen den überregulierten Wachstumsrezeptor beim nicht-muskelinvasiven Harnblasenkarzinom richtet. Dieses Medikament wird kontinuierlich über drei Wochen in die Blase abgegeben und muss regelmäßig ausgetauscht werden. Unser Studienzentrum in Halle ist ebenfalls in dieser Form der Instillationstherapie sowohl beim nicht-muskelinvasiven als auch beim muskelinvasiven Harnblasenkarzinom aktiv. Insbesondere beim muskelinvasiven Karzinom kombinieren wir Immuntherapeutika mit Chemotherapeutika. Hier laufen Studien, die hoffentlich in den nächsten Jahren mehr Informationen über die Bedeutung dieser Kombinationstherapien liefern werden.
Prof. Gakis: Beim nicht-muskelinvasiven Harnblasenkarzinom dreht sich derzeit vieles um die Frage, wie man die Effektivität der lokalen Instillationstherapie steigern kann. Ich habe bereits erwähnt, dass die sogenannte verzögerte Applikation über entsprechende Freisetzungssysteme eine große Rolle spielt. Auch die intravesikale Gentherapie wird für die Instillationstherapie vermutlich an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus werden On-Block-Resektionstechniken intensiv wissenschaftlich erforscht.
Beim muskelinvasiven Harnblasenkarzinom wird zunehmend versucht, die Interaktion zwischen Patient (Immunsystem) und Tumor zu verstehen. Es geht darum, zu verstehen, wie der Tumor dem Immunsystem entkommt, welche Mechanismen er dafür nutzt und wie man diese ausschalten kann. Außerdem wird daran gearbeitet, die Empfindlichkeit von Tumorzellen gegenüber einer bestimmten Behandlung zu erhöhen. Das sind die aktuellen Entwicklungen auf diesem Gebiet.
Bei der chirurgischen Therapie ist der zunehmende Einsatz von sogenannten roboterassistierten minimal-invasiven Operationsverfahren zu nennen. Diese Verfahren werden zunehmend auch bei der Anlage von kontinenten Harnableitungen eingesetzt. Die Roboterchirurgie hat in den letzten Jahren in der Urologie, insbesondere bei der Behandlung von Krebspatienten, einen großen Einzug gehalten. Damit können wir minimal-invasiv, ohne große Schnittoperationen, all das onkologisch rekonstruieren oder ermöglichen, was früher nur durch große Bauchschnitte möglich war, wie z.B. die kontinenten Harnableitungen oder auch nervschonende Verfahren im Rahmen eines radikalchirurgischen Vorgehens.
Bei der chirurgischen Therapie ist der zunehmende Einsatz von sogenannten roboterassistierten minimal-invasiven Operationsverfahren zu nennen
Prof. Gakis: Es gibt zahlreiche Studien zur Lebensqualität bei verschiedenen Blasenersatzverfahren. Patienten, denen eine kontinente Harnableitung angeboten wird, berichten über gewisse Einschränkungen. Langzeitbeobachtungen zeigen jedoch, dass sie ihre Lebensqualität nicht als sehr stark beeinträchtigt empfinden. Patienten mit einer Ersatzblase wie der orthotopen Neoblase, die an die ursprüngliche Harnröhre angeschlossen wird, sind tagsüber meist kontinent. Nachts müssen sie oft den Wecker stellen, um alle zwei bis drei Stunden aufzuwachen und nicht inkontinent zu werden.
Dies liegt daran, dass bei der radikalen Operation der äußere Schließmuskel, der im Wachzustand aktiv ist, erhalten werden kann, während der innere Schließmuskel, der im Schlaf aktiv ist, aus tumorbedingten Gründen entfernt werden muss. Dadurch ist die nächtliche Kontinenz häufig eingeschränkt. Manche Patienten können jedoch nach Jahren, wenn die Ersatzblase ein gewisses Volumen erreicht hat, nachts gut durchschlafen.
Eine Herausforderung bei der Ersatzblase ist, dass der Darm im Gegensatz zur natürlichen Blase harnpflichtige Substanzen wieder aufnehmen kann. Eine gute Nierenfunktion ist daher Voraussetzung, um die zusätzliche Belastung durch die Darmresorption zu kompensieren. Infektionen sind selten, allerdings kann die vermehrte Schleimbildung der Darmschleimhaut die Ansiedlung von Bakterien begünstigen. Insgesamt berichten viele Patienten, dass ihre Lebensqualität nach einer gut durchgeführten Ersatzblasenoperation zufriedenstellend ist und sie häufig ihre berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen können.
Bei älteren oder gebrechlichen Patienten wird eine inkontinente Harnableitung angelegt. Dabei werden die Harnleiter auf die Haut oder ein Stück Dünndarm genäht und die Patienten tragen einen Stomabeutel, der 5-6-mal täglich entleert werden muss. Studien zeigen, dass die Lebensqualität von Patienten mit Neoblase und Patienten mit inkontinenter Harnableitung ähnlich ist. Wichtig ist die richtige Auswahl der Patienten für die jeweilige Harnableitungsmethode und eine nervenschonende Operation, was besonders bei Frauen eine Herausforderung sein kann. Bei Frauen ist die exakte Definition des Schließmuskels schwieriger als bei Männern, weshalb nervenschonende Verfahren von entscheidender Bedeutung sind.
Eine alternative Methode für Patienten, bei denen der Schließmuskel nicht erhalten werden kann, ist der Nabelanschluss. Ein Katheter kann durch die Nabelhöhle eingeführt werden, sodass das äußere Erscheinungsbild nicht beeinträchtigt wird. Allerdings müssen diese Patienten 5-6-mal täglich katheterisiert werden, was für viele jüngere Patienten eine akzeptable Lösung darstellt.
In den Tumorkonferenzen wird oft diskutiert, ob die Blase durch eine Radiochemotherapie erhalten werden kann. Diese Behandlung kann jedoch erhebliche Nebenwirkungen haben, und bei etwa 15-20 % der Patienten muss die Blase schließlich entfernt werden. Die Bestrahlung kann das Gewebe so stark entzündlich verändern, dass im Falle einer notwendigen Operation der Schließmuskel nicht erhalten werden kann und eine inkontinente Harnableitung notwendig wird.
Für eine erfolgreiche Strahlen-Chemotherapie muss der Tumor weitestgehend oder vollständig entfernt werden, was oft nicht möglich ist, wenn der Tumor bereits in die Blasenmuskulatur oder in Nachbarorgane eingewachsen ist. Besonders aggressive Krebsformen wie das Carcinoma in situ, das häufig mit muskelinvasivem Blasenkrebs einhergeht, sind für diese Therapie nicht geeignet, da sie trotz Behandlung weiter wachsen und erneut invasiv werden können.
Prof. Gakis: Dies ist derzeit Gegenstand intensiver Forschung. Es handelt sich um ein multifaktorielles Geschehen. Lassen Sie mich mit der Epidemiologie und der Klinik beginnen. Wie bereits erwähnt, können sich Patientinnen mit Blasenkrebs auch mit einem Harnwegsinfekt vorstellen. Diese wird jedoch häufig als banaler Infekt fehlinterpretiert, da Harnwegsinfekte bei Frauen aufgrund der kürzeren Harnröhre wesentlich häufiger auftreten. Auf jeden Fall sollte man wachsam sein, wenn die Beschwerden trotz Antibiotikabehandlung anhalten.
Ein weiterer Aspekt, der diskutiert wird, ist die Tatsache, dass aufgrund der verzögerten Diagnosestellung bei Frauen häufiger fortgeschrittene Tumorstadien auftreten als bei Männern. Analysen des Robert Koch-Instituts zeigen, dass lokal fortgeschrittene Stadien bei Frauen tendenziell häufiger sind als bei Männern. Prozentual ist die Verteilung bei Frauen um etwa 5 bis 10% höher.
Ein dritter Punkt, mit dem ich mich seit vielen Jahren intensiv beschäftige, ist die Frage, inwieweit Geschlechtshormone bei Männern und Frauen diesen Unterschied in Inzidenz und Prognose beeinflussen können. Es ist bekannt, dass Androgene (männliche Geschlechtshormone) und Östrogene (weibliche Geschlechtshormone) das Wachstum von Harnblasenkarzinomen beeinflussen können. Studien zeigen, dass Östrogene das Tumorwachstum stärker fördern als Androgene. Dies ähnelt der Situation beim Prostatakarzinom, wo der Entzug der männlichen Geschlechtshormone die Standardbehandlung im metastasierten Stadium darstellt. Allerdings wird diese Behandlung nach einiger Zeit unwirksam, da sich die Tumorzellen anpassen und dann empfindlich auf Östrogene reagieren.
Früher wurden Männern in solchen Fällen Östrogendeprivationstherapien verabreicht. Ähnliche Mechanismen wurden auch beim Harnblasenkarzinom beobachtet. In etwa 30 bis 40% der Fälle wird das Harnblasenkarzinom durch Androgene reguliert, im weiteren Verlauf geht dieses Signal verloren und die Tumorzellen werden östrogenabhängig. Dies ist nicht für alle Patienten relevant, aber es gibt gute Studien, die darauf hindeuten, dass Androgene und Östrogene die Krankheit unterschiedlich steuern können. Diese Theorien werden derzeit intensiv diskutiert.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 05.08.2024.