Eine Entzündung der Bizepssehne äußert sich meist durch Schmerzen und Empfindlichkeit im vorderen Schulterbereich, insbesondere bei Bewegungen des Bizeps, die in den Unterarm ausstrahlen können. Die Diagnose erfolgt durch spezielle Tests wie den Speed- oder Yergason-Test sowie durch bildgebende Verfahren wie Ultraschall, die spezifische Hinweise auf die Entzündung liefern. Risikogruppen sind junge Überkopfsportler und ältere Überkopfarbeiter, bei denen entweder eine Überlastung oder eine altersbedingte Sehnendegeneration zu einer Entzündung führen kann. Die Behandlung erfolgt meist konservativ durch Schonung, Krankengymnastik und entzündungshemmende Medikamente; operative Eingriffe sind selten und nur bei chronischen Beschwerden notwendig.
Dr. Pogorzelski: Die Entzündung der Bizepssehne ist ein häufiges Problem, das Menschen jeden Alters betreffen kann. Die Symptome sind oft unspezifisch und ähneln denen anderer Schultererkrankungen, was die Diagnose oft erschwert. Typischerweise treten Schmerzen und Empfindlichkeit im vorderen Schulterbereich auf, insbesondere bei Bewegungen des Bizepsmuskels. Dies betrifft sowohl Drehbewegungen des Ellenbogens als auch kraftintensive Tätigkeiten im Unterarm- und Ellenbogenbereich. Die Betroffenen berichten häufig über einen plötzlich einschießenden Schmerz, der zu einer Schwäche führt. Gelegentlich kommt es auch zu einem Knacken oder zu ruckartigen Bewegungen der langen Bizepssehne. Diese Symptome sind charakteristisch für eine entzündete und verdickte Bizepssehne.
Dr. Pogorzelski: Natürlich gibt es eine Reihe von klinischen Tests, die der Arzt durchführen kann, um die Bizepssehne gezielt zu untersuchen. Ein Beispiel ist der sogenannte Speed-Test oder der Yergason-Test. Im Wesentlichen geht es bei diesen Tests darum, die Bizepssehne zu aktivieren und ihre Funktion zu überprüfen. Es gibt aber auch Tests, die helfen, ähnliche Krankheitsbilder auszuschließen, wie zum Beispiel ein Schulterimpingement. Neben den klinischen Untersuchungen stehen auch bildgebende Verfahren zur Verfügung. Dabei spielt das Röntgen eine eher untergeordnete Rolle, während ein Ultraschall (Sonographie) sehr spezifisch ist und daher häufig empfohlen wird. Auch ein MRT kann sowohl direkt als auch indirekt wertvolle Hinweise auf eine Entzündung der langen Bizepssehne liefern.
Dr. Pogorzelski: Die Risikogruppen sind vielfältig. Auf der einen Seite gibt es die Überkopf-Sportler, eher junge Patienten, und auf der anderen Seite aber auch die Überkopf-Arbeiter, häufig ältere Patienten. Berufe wie Trockenbauer, Tischler oder Dachdecker sehe ich häufig in meiner Sprechstunde. Diese Tätigkeiten führen oft zu einer chronischen Überlastung der Bizepssehne, die sich entzünden kann. Die Altersstruktur ist gemischt. Junge Sportler, die viel im Fitnessstudio sind oder Handball und Basketball spielen, sind genauso betroffen wie ältere Menschen. Bei den Jüngeren liegt das Problem oft in der Überlastung durch den Sport, bei den Älteren in der altersbedingten Degeneration der Sehnen, die zu intrinsischen Problemen und Entzündungen führen kann.
Es wird zwischen extrinsischen und intrinsischen Risikofaktoren unterschieden. Extrinsisch sind Bewegungsmuster und Aktivitätsniveau, intrinsisch ist die Degeneration der Sehne. Jüngere Menschen sind eher von extrinsischen Faktoren betroffen, während bei älteren Menschen die intrinsischen Faktoren eine Rolle spielen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass junge Sportler und ältere Menschen, die lange Jahre über Kopf gearbeitet haben, hauptsächlich zu den Risikogruppen gehören.
Auf der einen Seite gibt es die Überkopf-Sportler, eher junge Patienten, und auf der anderen Seite aber auch die Überkopf-Arbeiter, häufig ältere Patienten.
Dr. Pogorzelski: Je häufiger ich meine Bizepssehne belaste, desto anfälliger bin ich für Entzündungen und Schäden an der langen Bizepssehne. Das bedeutet für mich, dass Sportarten wie Tennis, Handball oder Basketball, die sowohl von jungen als auch von älteren Menschen gespielt werden, ein Risiko darstellen können - vor allem, wenn bereits chronische Schäden oder degenerative Prozesse vorhanden sind. In solchen Fällen ist die Qualität der Sehne und ihrer Führung nicht mehr so gut wie früher, was zusätzliche Risikofaktoren mit sich bringen kann.
Dr. Pogorzelski: Eine akute Bizepssehnenentzündung, die zum ersten Mal auftritt, ist sehr schmerzhaft. Die Schmerzen entwickeln sich typischerweise verzögert, etwa 12 bis 24 Stunden nach der Überbeanspruchung. Das bedeutet, dass die Patienten während der eigentlichen Belastung kaum etwas spüren. Oft fällt erst nach Aktivitäten wie z.B. einem Umzug, einem anstrengenden Tennismatch oder Ähnlichem auf, dass am Abend noch alles in Ordnung zu sein scheint, am nächsten Morgen aber der Arm kaum noch gehoben werden kann. Der akute Schmerz tritt plötzlich auf, ist stark, stechend und wird manchmal als messerscharf beschrieben.
Bei einer chronischen Bizepssehnenentzündung hingegen sind die Betroffenen bereits mit dem Schmerz vertraut. Sie wissen zum Beispiel, dass sie nach dem Umgraben des Gartens am nächsten Tag wieder Schmerzen haben werden. Diese Schmerzen sind oft weniger intensiv, sodass sie eher als aushaltbar empfunden werden und viele Patienten gelernt haben, damit zu leben. Im Gegensatz zur akuten Entzündung, die nach etwa einer Woche abklingt, können chronische Schmerzen über Monate und Jahre anhalten.
Dr. Pogorzelski: Wenn man weiß, dass man anfällig ist, gibt es einige wichtige Dinge, die man beachten sollte. Ein zentraler Punkt ist die Haltung der Schulterblätter, der Skapula. Es ist wichtig, die Brust zu strecken und die Schulterblätter nach hinten zu ziehen. Dadurch wird unter dem Schulterdach mehr Platz geschaffen, sodass die Bizepssehne freier arbeiten kann. Außerdem sollte das Aktivitätsniveau den eigenen Fähigkeiten angepasst werden. Wer vorher weiß, dass er anfälliger ist, sollte Tätigkeiten wie das Aufhängen von Lampen bei einem Umzug vermeiden. Es geht darum, realistisch einzuschätzen, was man leisten kann und das Aktivitätsniveau entsprechend anzupassen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Dehnen, insbesondere im Bereich der vorderen Schulter und der Brustmuskulatur (Pectoralis).
Es ist wichtig, die Brust zu strecken und die Schulterblätter nach hinten zu ziehen. Dadurch wird unter dem Schulterdach mehr Platz geschaffen, sodass die Bizepssehne freier arbeiten kann.
Dr. Pogorzelski: Der Arzt sollte als erstes einen genauen Blick auf die Schulter des Patienten werfen, insbesondere auf die Körperhaltung. Er sollte bereits darauf achten,
wie der Patient sein T-Shirt auszieht. Bei einer Tendinitis der Bizepssehne wird der Patient vor allem in der akuten Phase sehr durch Schmerzen gequält. Häufig ist zu beobachten, dass er zuerst den gesunden Arm aus dem T-Shirt zieht und dieses dann vorsichtig über den schmerzenden Arm streift. Dies sind bereits erste Hinweise auf ein akutes Problem. Dann sollte der Arzt den Patienten genau untersuchen. Häufig sind die Schultern nach vorne geneigt - eine typische Haltung bei Büroangestellten, die zu viel am Laptop arbeiten und dabei oft nach vorne schauen. Dadurch wird der Schulterbereich eingeengt. Deshalb sollte der Arzt den Patienten bitten, sich aufzurichten und die Schulterblätter leicht zusammenzuführen. Das gibt schon wertvolle
Hinweise.
Danach folgt die körperliche Untersuchung, bei der die klassischen Tests durchgeführt werden, die ich am Anfang schon einmal angesprochen habe. Besonders häufig werden der Speed-Test, der Palm-up-Test, der Yergason-Test und der Brien-Test eingesetzt, um die Aktivität der Bizepssehne zu überprüfen. Zusätzlich empfehle ich immer ein bildgebendes Verfahren, da die körperliche Untersuchung untersucherabhängig ist und nicht immer 100% Klarheit bringt. Eine Ultraschalluntersuchung ist hier besonders aussagekräftig. Bei einer Bizepssehnenentzündung sieht man im Querschnitt des Ultraschalls oft eine Flüssigkeitsansammlung um die Sehne herum, einen sogenannten "Halo" (englisch für Heiligenschein), weil die Flüssigkeit die Sehne wie ein Heiligenschein umgibt. MRT und Röntgen sind in solchen Fällen weniger aussagekräftig.
Das MRT kann für speziellere Fragestellungen hilfreich sein, während das Röntgen eher bei älteren Patienten zur Abgrenzung einer Arthrose oder ähnlicher Erkrankungen eingesetzt wird.
Dr. Pogorzelski: Die Bizepssehnenentzündung ist in den meisten Fällen eine Domäne der konservativen Therapie. Eine Operation ist grundsätzlich die letzte Option und wird nur bei chronischen Problemen in Betracht gezogen, niemals jedoch in einer akuten Situation. In akuten Fällen spielt die operative Therapie daher eine untergeordnete Rolle. Das Wichtigste bei einer akuten Bizepssehnenentzündung ist zunächst, Aktivitäten zu vermeiden, die Schmerzen verursachen. Das bedeutet, dass Sportarten mit Überkopfbewegungen vermieden werden sollten. Sportler sollten in diesem Fall auch eine Pause von mindestens einer Woche einlegen - sowohl im Training als auch im Spiel. In dieser Zeit wird mit der eigentlichen Therapie begonnen.
Eine Entzündung reagiert häufig positiv auf Kälte, daher kann eine Kryotherapie sinnvoll sein. Auch Medikamente, insbesondere nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen oder Diclofenac, können bei einer akuten Bizepssehnenentzündung eingesetzt werden. Wichtig ist, dass die Dosierung an das Körpergewicht des Patienten angepasst wird. Parallel zur Schmerzlinderung sollte frühzeitig mit präventiven Maßnahmen begonnen werden. Ich empfehle jedem Patienten eine physiotherapeutische Betreuung. Dabei geht es nicht um eine langfristige Krankengymnastik, sondern darum, dem Patienten Strategien zu vermitteln, wie er bestimmte Bewegungen oder Belastungen im Alltag vermeiden kann, um ein Wiederauftreten zu verhindern.
Vor allem bei chronischen Verläufen können auch Injektionen mit Steroiden (z.B. Kortison) oder PRP/ACP hilfreich sein. Eine operative Behandlung wird nur dann in Erwägung gezogen, wenn der Patient über Monate oder Jahre keine Besserung erfährt und die Bizepssehne als alleinige Ursache des Problems identifiziert wurde. Eine Operation bleibt jedoch die absolute Ausnahme.
Die Bizepssehnenentzündung ist in den meisten Fällen eine Domäne der konservativen Therapie.
Dr. Pogorzelski: Grundsätzlich muss zwischen akuten und chronischen Fällen unterschieden werden. Akute Fälle, die innerhalb weniger Tage oder Wochen abklingen, sind in der Regel selbstlimitierend, sofern man sich richtig verhält. Eventuell muss die medikamentöse Einstellung überprüft werden, aber in den meisten Fällen klingen die Beschwerden bei entsprechendem Verhalten gut ab. Chronische Fälle sind dagegen sehr viel schwieriger. Besonders gefährdet sind entweder ältere Menschen, die viel am Schreibtisch sitzen und gleichzeitig einen großen Garten mit viel Arbeit haben, oder junge, sportliche Menschen, die intensiv Sport treiben, zum Beispiel Handball, Basketball oder Krafttraining.
Hier ist Vorsicht geboten, denn der Heilungsprozess kann lange dauern und die Beschwerden sind nicht so leicht in den Griff zu bekommen. In solchen Fällen ist eine Kombinationstherapie erforderlich. Dazu gehören orale Medikamente, Injektionen und vor allem Physiotherapie. Es ist wichtig, ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen, da die Heilung oft langwierig und frustrierend sein kann.
Dr. Pogorzelski: Im Vordergrund sollten immer die rechtzeitige Behandlung des akuten Falles und eine sorgfältige Therapie stehen. Andernfalls kann es zu Langzeitfolgen kommen, wenn die Beschwerden nicht vollständig ausheilen oder immer wieder auftreten. Es kann sogar zu einer Verdickung der Sehne kommen, was zum sogenannten "Sanduhrphänomen" führen kann - einer Verdickung der Sehne an bestimmten Stellen. Dadurch gleitet die Sehne nicht mehr in ihrem Kanal, was zu dauerhaften Schmerzen führt. In solchen Fällen ist eine Operation oft der letzte Ausweg.
Dr. Pogorzelski: In der Orthopädie spielt heutzutage die Biologie eine immer größere Rolle. Es gibt immer mehr biologische Therapien, wie ich bereits angedeutet habe, zum Beispiel PRP (plättchenreiches Plasma) oder ACP, was ein anderer Begriff
dafür ist. Diese Verfahren nutzen die natürlichen Heilkräfte unseres Körpers, wie Stammzellen oder Plasma, um den Heilungsprozess zu unterstützen – also weg von industriell gefertigten Medikamenten hin zur Förderung der Selbstheilungskräfte. Es gibt in diesem Bereich viele spannende Ansätze, die sich weiterentwickeln werden.
Wir wissen ja alle, dass unser Körper in der Lage ist, kleine Verletzungen wie einen Schnitt im Finger von allein zu heilen. Diese Fähigkeit zur Selbstheilung gilt es zu nutzen. Auch in der bildgebenden Diagnostik gibt es enorme Fortschritte, zum Beispiel bei der Sonografie (Ultraschall). Die Auflösung der Geräte wird immer besser, wodurch wir Verletzungen viel genauer diagnostizieren und den Heilungsverlauf besser abschätzen können. Auch die Physiotherapie entwickelt sich kontinuierlich weiter. Es gibt zunehmend evidenzbasierte Ansätze, die an neuen Rehabilitationsprotokollen arbeiten. So können individuelle Therapien noch gezielter auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden.
...also weg von industriell gefertigten Medikamenten hin zur Förderung der Selbstheilungskräfte.
Dr. Pogorzelski: Es gibt spannende Entwicklungen, insbesondere im Bereich der regenerativen Medizin. Der Einsatz von Stammzellen und Wachstumsfaktoren wird in Zukunft immer mehr Vorteile bringen, zum Beispiel in der Vermeidung von Operationen. Zwar sind minimalinvasive Eingriffe, wie Schlüssellochoperationen, heute schon sehr schonend und werden oft ambulant durchgeführt. Doch das Ziel bleibt, Operationen so oft wie möglich zu vermeiden.
Die Forschung in der regenerativen Medizin schreitet schnell voran und jedes Jahr gibt es neue wissenschaftliche Studien, die zeigen, wie wir die Selbstheilung des Körpers weiter unterstützen können. Internationale Arbeitsgruppen arbeiten zusammen, um herauszufinden, welche Konzentrationen von Wachstumsfaktoren oder Stammzellen an welcher Stelle am besten wirken.
Ein weiterer spannender Forschungsansatz ist die personalisierte Therapie. Es wird immer deutlicher, dass Männer und Frauen oder auch verschiedene Altersgruppen unterschiedlich auf bestimmte Therapien reagieren. Dies wird bei der Entwicklung neuer Behandlungsansätze immer stärker berücksichtigt. Auch auf molekularer Ebene, etwa bei Entzündungen, wird intensiv geforscht, um herauszufinden, wie man die relevanten Zytokine gezielt beeinflussen kann. Zusammenfassend kann man sagen, dass die regenerativen und personalisierten Therapien die Zukunft der Orthopädie sind und uns immer bessere Behandlungsoptionen bieten werden.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 11.11.2024.