Menschen, die unter einen Bienengiftallergie leiden, bekommen nach einem Stich der Honigbiene (Apis mellifera) eine allergische Reaktion auf das Bienengift. Innerhalb weniger Minuten kommt es zu typischen Beschwerden einer Allergie wie Hautausschlag, Atemnot, Schwindel, Zittern, Übelkeit oder Erbrechen. Im schlimmsten Fall kann es zu einem allergischen (anaphylaktischen) Schock mit Bewusstlosigkeit und Atem- und Kreislaufstillstand kommen, der bei ausbleibender Behandlung sogar tödlich enden kann. Etwa ein Viertel der erwachsenen deutschen Bevölkerung und etwa die Hälfte der Kinder reagieren überempfindlich auf Bienengift oder Wespengift. Schätzungsweise 20 Personen sterben jährlich in Deutschland an den Folgen einer Insektenstichallergie.
Eine Bienengiftallergie kann sich bei einem Menschen etablieren, wenn gewisse in dem Bienengift enthaltenen Stoffe in den Blutkreislauf gelangen. Bei Bienen werden insbesondere die Stoffe Phospholipase A, Mellitin und Hyaluronidase für das Auslösen einer Allergie verantwortlich gemacht. Substanzen, gegen die eine Allergie besteht, nennen sich Allergene. Die Allergene unterscheiden sich von Insekt zu Insekt, so dass z. B. bei einer Wespengiftallergie andere Substanzen eine Rolle spielen können.
Sind diese Allergene zum ersten Mal in den Blutkreislauf gelangt, beginnt der Körper, Abwehrstoffe (Antikörper) zu bilden. Bei Menschen mit einer Bienengiftallergie werden bei einem ersten Stich sogenannte IgE-Antikörper übermäßig produziert. Sie binden an Mastzellen, welche zu den weißen Blutkörperchen gehören, und verbleiben dauerhaft an ihnen. Kommt es erneut zu einem Bienenstich beziehungsweise Wespenstich, erkennen die bereits gebildeten Antikörper die spezifischen Stoffe aus dem Insektengift (Allergene) und bilden einen Komplex (Immunkomplex) mit ihnen. Für die Mastzellen ist dies nun das Signal, einen Stoff namens Histamin auszuschütten, der für typische Allergiesymptome wie Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle verantwortlich ist.
Die Beschwerden, unter denen Bienenstichallergiker nach dem Stich des Insekts leiden, können vielfältig und ganz unterschiedlich schwerwiegend sein. Symptome können von einer lokalen Rötung und Schwellung an der Einstichstelle bis zu einem allergischen (anaphylaktischen) Schock reichen, der in einigen Fällen sogar zum Tode führen kann.
Das Ausmaß der allergischen Reaktion kann in fünf Schweregrade eingeteilt werden. Grad 0 entspricht einer örtlichen Reaktion, die jedoch mindestens 24 Stunden besteht und größer als eine Handfläche (zehn Zentimeter Durchmesser) ist. Bei den höheren Schweregraden geht die Reaktion über eine örtliche Reaktion hinaus, Allgemeinbeschwerden kommen hinzu. Bei einer allergischen Reaktion auf Bienengift vom Grad 1 kommt es zu allgemeinem Juckreiz und Nesselsucht (Urtikaria), Übelkeit und Erbrechen können begleitend auftreten. Beim Schweregrad 2 kommen zu den Symptomen (von Grad I) weitere Symptome wie ein Engegefühl im Brustkorb, geschwollene Lippen und Augenlider, Atemnot oder Schwindel hinzu. Bei einer allergischen Reaktion vom Grad 3 leiden die Betroffenen zusätzlich unter Beschwerden wie Benommenheit, Schluckbeschwerden, Heiserkeit oder verwaschener Sprache, manchmal begleitet von Todesangst. Der Grad 4 entspricht dem allergischen (anaphylaktischen) Schock. Hierbei treten Symptome der drei ersten Schweregrade auf und es kommt in der Regel zu einem starken Blutdruckabfall, einer Blauverfärbung der Lippen und Bewusstlosigkeit.
Ein Verdacht auf eine Bienengiftallergie ist begründet, wenn der Betroffene nach einem Bienenstich unter stärkeren Beschwerden als einer gewöhnlichen, kleinen örtlichen Hautreaktion leidet. Entsprechendes gilt für die Wespengiftallergie oder eine andere Insektengiftallergie. Die Diagnostik dieser Allergie sollte dann durch einen Hautarzt erfolgen. Der Arzt erhebt zunächst - sofern das Krankheitsbild nicht akut bedrohlich ist - eine ausführliche Anamnese (Krankengeschichte). Unter anderem bringt der Untersucher in Erfahrung, wie sich die Beschwerden geäußert haben und viel Zeit ist zwischen Stich und Hautreaktion sowie weiteren Allgemeinsymptomen vergangen ist. Auch ist es wichtig zu wissen, in welcher Jahreszeit die allergische Reaktion aufgetreten und ob nur die Biene (beziehungsweise Wespe) oder auch ein anderes Insekt für den Stich in Frage kommt.
Anhand der Informationen, die der Patient dem Arzt gibt, kann dieser eine vorläufige Einschätzung des Schweregrades vornehmen. Um eine objektive Diagnose zu erhalten, sollte anschließend ein Hauttest (meist ein Prick-Test) durchgeführt werden. Bei diesem Allergietest werden Lösungen, die bestimmte standardisierte Allergene (mögliche allergieauslösene Stoffe) enthalten, tropfenweise mit einer Pipette auf den Unterarm aufgebracht. Anschließend wird an den jeweiligen Stellen ein kurzer Stich mit einer (für jedes Allergen neuen) Lanzette gemacht, um den Stoff in die Haut hinein zu bringen. Außerdem wird auf die gleiche Weise eine Positivprobe mit dem Stoff Histamin, der immer eine kleine Hautreaktion provoziert, sowie eine Negativprobe mit Kochsalzlösung durchgeführt. Nach einer Viertelstunde können mögliche Hautreaktionen abgelesen und mit der Positiv- und Negativprobe verglichen werden. Ein solcher Prick-Test sollte nicht früher als zwei bis drei Wochen nach einem Bienenstich, der eine allergische Reaktion ausgelöst hat, durchgeführt werden, da der Organismus dann wieder ausreichend Antikörper nachgebildet hat. Ist der Prick-Test unauffällig und besteht weiterhin der Verdacht auf eine Bienenstichallergie, kann zusätzlich noch der so genannte RAST (Radio-Allergo-Sorbent-Test) durchgeführt werden, bei dem Blut vom Patienten abgenommen und in einem Labor auf bienengiftspezifische Antikörper untersucht wird.
Für Betroffene ist es zunächst sehr wichtig, Vorsichtsmaßnahmen gegen Bienenstiche zu treffen. Ist eine Bienenstichallergie diagnostiziert worden, sollte immer eine Notfall-Apotheke mitgeführt werden. In dem Notfallset sind meist ein cortisonhaltiges Präparat, ein Medikament aus der Klasse der Antihistaminika sowie ein adrenalinhaltiges Medikament in Form eines Sprays oder einer Fertigspritze enthalten.
Sollte ein Notfall eintreten und das Insekt trotz aller Vorsicht zugestochen haben, dann muss je nach der Schwere eine rasche Behandlung erfolgen. Das Antihistaminikum sowie auch das Cortison sollten gleich angewendet werden. Zeigen sich schwere Symptome wie Atemnot, Übelkeit oder ein einschnürendes Gefühl in der Brust, dann sollte ein Notruf getätigt werden. Dann muss häufig das Adrenalin zum Einsatz kommen. Außerdem sollte die Kleidung gelockert und der Oberkörper hochgelagert werden. Bei Bewusstseinsverlust oder sogar dem Ausbleiben von Atmung oder Puls kommen die Maßnahmen aus der Ersten Hilfe zur Anwendung.
Längerfristig besteht die Möglichkeit, eine spezifische Immuntherapie (SIT), auch bekannt als Hyposensibilisierung (oder Desensibilisierung), durchzuführen. Diese Therapie ist darauf ausgelegt, die Allergie ursächlich und dauerhaft zu bessern. Sie nimmt einige Zeit in Anspruch, mitunter drei bis fünf Jahre. Der Patient erhält anfangs geringe und dann immer höhere Dosen von Bienengift-Allergen als Spritzen, die in etwa vierwöchigen Abständen unter die Haut eingebracht werden (subkutan).
Wird ein Bienenstich rechtzeitig behandelt, klingt die allergische Reaktion in der Regel schnell ab. Betroffene, die sich einer Hyposensibilisierung unterzogen haben, bleiben zu über 90 Prozent von der allergischen Reaktion verschont, wenn sie von einer Biene erneut gestochen werden. Dennoch sollten nach Beendigung der Immuntherapie einmal jährlich Kontrollen stattfinden, bei denen das Bienengift-Allergen unter Aufsicht in die Haut eingebracht wird. Wenn dabei festgestellt wird, dass kein ausreichender Schutz mehr gewährleistet ist, sollte eine erneute Hyposensibilisierung erfolgen.
Zu den schwersten Komplikationen nach einem Insektenstich gehört der allergische (anaphylaktische) Schock, der mit Bewusstlosigkeit und Atemstillstand einhergehen kann und daher lebensbedrohlich ist.
Für Patienten, die von einer Bienengiftallergie betroffen sind, ist das oberste Ziel, Bienenstiche zu vermeiden. Sie sollten im Sommer nicht barfuß über Wiesen laufen, in der warmen Jahreszeit möglichst dünne langärmelige Kleidung sowie eine Kopfbedeckung tragen. Sollte eine Biene in der Nähe sein, sollten schnelle, ruckartige Bewegungen vermieden werden und versucht werden, ruhig zu bleiben. In keinem Fall sollten Betroffene nach den Bienen schlagen. Duftendes Haarspray und Parfüm ziehen Bienen an, ebenso wie liegengelassene Speisereste oder Mülltonnen. Diese Umstände sollten gemieden werden. Helfen können auch Insektenschutzmittel.
Sehr ausführliche Leitlinien zur Bienengiftallergie und Wespengiftallergie
aktualisiert am 21.09.2023