Ob ein Beckenbruch ohne OP (konservativ) oder mit einem operativen Eingriff behandelt wird, hängt vom Typ der Beckenringfraktur ab. Des Weiteren sind Begleitverletzungen ausschlaggebend, ob eine Operation durchgeführt werden muss oder nicht.
Beckenringfrakturen, besonders die des nicht mehr stabilen Typus B und C, sind selten. Brüche, die den Beckenring instabil machen, gehen entweder auf schwere Unfälle oder Stürze oder auf Niederenergie-Traumata (geringfügige Einwirkung) bei Patienten mit Osteoporose zurück.
Typ-A-Frakturen sind stabil und schränken die Funktion der Bänder, Knochenverbindungen und Gelenke nur minimal ein. Sie heilen meist allein durch mehrwöchige Bettruhe und Schonung. Schmerzmittel und Thrombose-Prophylaxe genügen als medizinische Unterstützung. Schon nach kurzer Zeit können die Patienten mit Physiotherapie beginnen und versuchen, wieder mobil zu werden.
Beckenringfrakturen des Typus B oder C dagegen destabilisieren das Becken. Zum Typ B gehören Brüche, die das Becken in Rotationsrichtung instabil machen, aber in senkrechter Richtung stabil halten. Bei Typ B und einer Symphysensprengung (Riss in der knorpeligen Verbindung zwischen den Schambeinen) liegt häufig eine Open-Book-Fraktur vor. Dabei klappt das Becken einseitig nach hinten – es führt eine Rotationsbewegung um die Körperlängsachse aus. Betroffene können zumindest ein Bein nicht mehr belasten.
Typ-C-Frakturen sind im Regelfall das Ergebnis schwerer Traumata mit mehrfachen Verletzungen von Knochen, Organen, Muskeln, Bändern und Nerven. Der Beckenring ist im vorderen und im hinteren Bereich beschädigt.
Bei Typ B ist ein operativer Eingriff nicht immer zwingend notwendig. Bei Brüchen vom Typ B ist es entscheidend, welche weiteren Verletzungen vorliegen. Bei Typ C führt kein Weg an einer chirurgischen Stabilisierung des Beckenringes vorbei. Das Becken ist nicht nur in sich instabil, auch die Verbindung zwischen Wirbelsäule und den unteren Extremitäten (Beinen) ist zerstört. Bei Typ-C-Frakturen ist der hintere Beckenring (Kreuzbein, Steißbein, Sitzbein) in Mitleidenschaft gezogen. Das Becken ist dadurch nicht nur in der Körperlängsachse, sondern auch vertikal instabil. Jede nachfolgende Bewegung oder Umlagerung des Patienten kann zusätzlich Blutgefäße, innere Organe und Nerven verletzen.
Zu der Notfall-Erstversorgung zählt eine Stabilisierung des Beckenringes durch Bandagen, Tücher oder spezielle, vorgefertigte Kompressionssysteme. Diese Bandagen können auch durch spezielle Luftpolster (pneumatische Beckenkompression) ersetzt oder ergänzt werden. Bei einem Verdacht auf eine schwere Beckenringfraktur muss der Arzt oft eine Beckenzwinge verwenden. Dazu werden kleine Stahlstifte in die Beckenschaufeln gesetzt. Sie dienen als Haltepunkte für eine Apparatur vergleichbar einer Schraubzwinge, wie Handwerker sie verwenden. Damit lässt sich das beschädigte Becken fixieren. Die Apparatur ist außen am Körper angebracht und ist damit eine Art von Vorrichtung, die als Fixateur externe bezeichnet wird. Knochenblutungen können durch Aufeinanderdrücken der Bruchstellen unterbunden werden. Muss der Patient umgelagert werden, ist dies dank der externen Fixatur gefahrlos möglich: Weder können sich die Knochen weiter verschieben noch werden Gefäße zerstört. Diese Methode der Fixatur entfällt, wenn Trümmerfrakturen am Kreuzbein oder den Beckenschaufeln die Anbringung der Halteschrauben unmöglich machen.
Nach der Erstversorgung aller Unfallschäden folgt die Osteosynthese. Darunter ist das mechanische Einrichten (Reponieren) und Fixieren der Frakturen des hinteren Beckenringes zu verstehen. Je nach Position und Ausmaß der Fraktur stehen dem Chirurgen Schrauben oder Platten zur Fixation zur Verfügung. Bei schwerwiegenden Weichteilverletzungen kommt ein äußerer Halteapparat (Fixateur externe) zum Einsatz.
Beim Reponieren und Fixieren der Brüche muss der Chirurg darauf achten, dass wichtige Nervenzentren im Beckenraum verlaufen. Die Funktion des Darms, des Urogenitaltraktes (Harn- und Geschlechtstraktes) oder des Bewegungsapparates (Ischiasnerv) könnte bei einer Nervenschädigung in Mitleidenschaft gezogen werden.
Unerwünschte Spätfolgen eines Beckenbruches sind beispielsweise
Ein bis zwei Monate Bettruhe sind notwendig, damit die Frakturen stabil und funktionsfähig ausheilen können. Physiotherapie ist auch bei Patienten nach der Operation notwendig, um später wieder eine gute Mobilität zu erreichen.
aktualisiert am 16.03.2020