Ein bis zwei Monate bis zur Genesung müssen Verunfallte nach einer Beckenringfraktur veranschlagen. Abhängig vom Ausmaß der Verletzung ist eine Operation notwendig, um beschädigte Knochenstrukturen des Beckenringes zu fixieren. Die Phase der strengen Bettruhe verlängert sich in diesen Fällen. Von großer Bedeutung ist es, dass die Patienten durch geeignete Maßnahmen ihre Mobilität zurückgewinnen.
Abhängig ist der Beginn der Mobilisation von verschiedenen Faktoren. Nach einem offenen, stark verschobenen Trümmerbruch ist die Phase der konsequenten Bettruhe vergleichsweise lang. Bei einem stabilen, einfachen Bruch im Außenbereich des Beckenringes beträgt sie möglicherweise nur wenige Tage.
Eine OP stabilisiert bei einem schweren Beckenbruch die Knochen. Normalerweise ist eine zunehmende Belastung nach der OP möglich, sofern die Schmerzen es zulassen. Zu beachten sind aber die oft schwerwiegenden Begleitverletzungen, die gegebenenfalls eine konsequente Schonung und Ruhe erfordern.
Ältere Patienten, die an Osteoporose leiden, benötigen mehr Zeit als jüngere, gesunde Menschen, bis sich die Knochen regenerieren. Zu frühe Aktivitäten gefährden den Heilungsprozess der Frakturen. Fehlstellungen und spätere Arthrose oder bleibende Bewegungseinschränkungen können die Folge sein. Bereits in der absoluten Ruhephase ist es jedoch möglich, die Muskulatur zu stimulieren. Bildet sie sich zu stark zurück, ist die anschließende Mobilisation erschwert. Je schneller diese Art der Therapie einsetzt, desto besser ist es für die Wiedererlangung der Beweglichkeit.
Ohne Schmerztherapie ist die Mobilisation nach einem Beckenbruch kaum möglich: Muskelverspannungen würden zu weiterer Einschränkung der Beweglichkeit führen. Zu lange Passivität aber hätte weitreichende Folgen für den Heilungsprozess, den Kreislauf und den Stoffwechsel. Daher ist in vielen Fällen die Gabe von Schmerzmitteln sinnvoll. Begleitend können mitunter physikalische Therapieformen wie Lasertherapie oder Tecartherapie (eine Art der Elektrotherapie) helfen, entzündliche Prozesse und Schmerzen zu lindern.
Je nach den Verletzungen beginnt bereits am ersten Tag die passive Mobilisation: Dabei bewegen der Physiotherapeut oder spezielle Geräte betroffene Gelenke, ohne dass der Patient dabei aktiv mitwirkt. Stark betroffene versteifte Gelenke dürfen nur minimal und äußerst langsam bewegt werden. Doch selbst die kleinste „Beanspruchung“ der betroffenen Bereiche hilft, das Gelenk beweglich, Sehnen und Bänder geschmeidig zu halten. Die passive Mobilisation sorgt vor allem dafür, dass stetig weiter Synovialflüssigkeit (Flüssigkeit in den Gelenken) gebildet wird. Die Knorpelschicht wird besser versorgt und bleibt dadurch intakt. Durch Schmerzen verspannte Muskeln können sich in der leichten Bewegung lösen.
Zur Vorbereitung der Mobilisation zählen ebenfalls isometrische Übungen, bei denen Muskeln ohne Bewegungen an- und wieder entspannt werden.
Im weiteren Verlauf können dann je nach den Schmerzen Übungen zum Sitzen und Stehen durchgeführt werden. Dazu ist die Unterstützung eines Therapeuten wichtig. Bei stabilen Beckenringfrakturen ist dies teils schon am zweiten Tag möglich, bei ausgedehnten Verletzungen kann diese Mobilisierung erst wesentlich später erfolgen.
Nach und nach können die Patienten dann mit einer Gangschulung beginnen. Mit Hilfsmitteln wie Rollator, Gehwagen oder Gehstütze können Betroffene sich nach einiger Zeit fortbewegen. Schließlich wird angestrebt, dass die Patienten ihre Hüfte voll belasten können.
In Rehabilitationskliniken kommt häufig Bewegung im warmen Wasser zum Einsatz. Die Patienten werden weiterhin mobilisiert und dabei immer mehr selbst aktiv. Im Wasser lassen sich zahlreiche Übungen zunächst ohne Belastung auf die verheilenden Beckenringstrukturen auszuüben. Ziel ist es, den ursprünglichen Bewegungsradius wiederherzustellen.
Der letzte Schritt der Rehabilitation erfolgt unter anderem an diversen Trainingsgeräten (Ergometer). Nun werden besonders das Hüftgelenk, der untere Rücken und die Beine zunehmend belastet. Weiterhin erfolgen Übungen, mit denen das Gehen mit natürlichen Bewegungsformen für den Alltag trainiert wird.
Besonders die Muskelkraft der Oberschenkel sinkt bei zu langer Bettruhe und Passivität stark ab. Daher werden die Beine nach und nach von der Hüfte bis zum Fuß gekräftigt, um wieder mobil und belastbar zu werden.
Nicht alle Formen der Physiotherapie eignen sich gleich gut zur Rehabilitation nach schweren Frakturen oder bei Osteoporose. Wie schnell und wie intensiv die Mobilisation vorangeht, ist immer abhängig von der Situation und der allgemeinen Verfassung der Patienten.
Die gesamte Mobilisationsphase wird von Schmerztherapie begleitet. Der Thrombosegefahr muss vor allem in der passiven Bettruhephase entgegengewirkt werden.
aktualisiert am 15.02.2019