Stabile oder überwiegend stabile Beckenbrüche kommen insgesamt selten vor. Gehäuft treten sie bei älteren Patienten mit Osteoporose auf. Bezeichnenderweise genügen hier bereits leichte Stürze (Niedrigenergie-Traumen) als Ursache.
Das Ausmaß der Zerstörungen im Beckenring entscheidet darüber, ob eine Heilung ohne OP stattfinden kann oder nicht. Einfache Beckenringfrakturen bestehen beispielsweise in einer Verletzung der Beckenschaufel, des Steiß-, Sitz- oder Darmbeines, ohne dass haltgebende Strukturen verschoben sind. Diese Brüche fallen in Frakturen des Typus A oder B, gelten als stabil oder weitgehend stabil. Diese Fälle lassen sich mit der konservativen Therapie heilen.
Bei Typ B ist entscheidend, ob sich durch äußere, nicht-invasive Fixationen die Verletzung ausreichend stabilisieren lässt. Liegt dagegen eine sogenannte Open-Book-Fraktur vor, bei der das Becken zumindest einseitig nach hinten rotieren kann, ist eine Operation nicht zu umgehen: Hier muss eine Reposition (Einrichtung) und Fixierung des oder der Brüche durch Schrauben oder Platten erfolgen.
Vor der Entscheidung für oder gegen eine OP der Beckenringfraktur steht eine gründliche Diagnose, vor allem bei den Niedrigenergie-Traumen. Diese lassen oft nicht auf den ersten Blick erkennen, dass schmerzhafte Frakturen die Ursache zu dauerhaften Bewegungseinschränkungen werden können.
Die konservative, nicht-operative Therapie setzt sich aus mehreren Schritten zusammen:
Die Schmerzmittel erfüllen im Laufe der Therapie zwei Funktionen:
Zur Verfügung stehen für die akute Phase gegebenenfalls morphinhaltige Schmerzpräparate. Danach entscheidet die Gesamtverfassung des Patienten, welche Art von Schmerzmittel am besten verträglich ist. Mit dem Verlauf der Heilung wird die Dosis der Analgetika allmählich herabgesetzt.
Die Physiotherapie muss so früh wie möglich einsetzen. Andernfalls tritt recht schnell ein Muskelabbau ein, die Betroffenen werden steif und verlieren an Beweglichkeit. Dies trifft ganz besonders auf ältere Menschen zu. Frühzeitige Bewegungsübungen nach Anleitung verhindern zudem Fehlbelastungen, die später zu Arthrose führen könnten.
Die Physiotherapie beginnt mit einfachen Übungen wie dem Entspannen und Anspannen der Muskeln. Sie wird baldmöglichst ausgeweitet. Nach dem Ende der Bettruhephase sollten die Patienten Gehstützen wie Rollatoren oder Krücken benutzen, um zunächst Beine und Becken zu entlasten. Eine Hydrokinesiotherapie (Bewegungstherapie im Wasser) beispielsweise gestattet ein wirkungsvolles Training, ohne dass das Becken das Körpergewicht tragen muss. Nach mehreren Wochen sollte leichtes Krafttraining in die Aufbauarbeit mit einbezogen werden.
In vielen Fällen finanzieren die Krankenkassen nach einem Beckenbruch eine orthopädische Rehabilitationsmaßnahme. Diese kann ambulant oder stationär erfolgen.
Die Heilungsphase nach einer Beckenringfraktur kann sich je nach Alter, körperlicher Verfassung, Art und Umfang der Verletzung bis zu zwei Monate hinziehen. Innerhalb dieser Zeit sollten stabile Beckenbrüche ohne OP und weitere Komplikationen abheilen.
aktualisiert am 16.03.2020