Beckenringfrakturen werden unterschiedlich klassifiziert. Eine Vorgabe liefert das internationale Einteilungssystem für Knochenbrüche. Dieses wurde erstellt von der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen, kurz AO genannt. Die Einteilung nach Pennal und Tile entspricht der AO-Klassifikation von Beckenbrüchen.
Die Einstufung orientiert sich daran, welche und wie viele Knochen und Strukturen beschädigt sind. Davon hängt ab, ob der gesamte Beckenring in seiner Stabilität und Funktion in Mitleidenschaft gezogen ist oder nicht.
Der Beckenring (Cingulum membri pelvini) ist im Skelett das entscheidende Verbindungsstück zwischen der Wirbelsäule und dem unteren Bewegungsapparat. Überdies schützt der Beckenring die Organe im Bauchraum. Die Knochenstrukturen bilden die Ansatzpunkte für entscheidende Bänder und Muskeln, die aufrechten Gang, Bewegungen und Drehungen ermöglichen.
Die gängige Einteilung erfolgt nach Tile. In diesem System gibt es die Typen A, B und C mit ihren Unterformen.
Unter einer Becken- oder Beckenringfraktur vom Typ A versteht der Mediziner eine stabile Fraktur. Sie befindet sich im Randbereich des Beckenrings und beeinträchtigt dessen allgemeine Struktur nicht. Die Knochen, die den Beckenring bilden, befinden sich noch in der ursprünglichen Position. Verschobene Kanten sind innerhalb des Rings nicht zu erkennen. Es kann sich um Abrissfrakturen handeln, die für die Stabilität keine Rolle spielen. Solche Frakturen werden weiter aufgeteilt in:
Die wichtigen Bänder- und Gelenkstrukturen sind intakt. Typ-A-Frakturen verheilen meist problemlos.
Eine Beckenringfraktur vom Typ B beeinträchtigt Stabilität und Funktion des Beckenringes bereits. Die in der Bewegung auftretenden Rotationsbewegungen werden zum Problem. Die senkrechte Stabilität zum Oberschenkel ist jedoch noch gegeben. Die AO-Klassifikation (beziehungsweise Klassifikation nach Tile) kennt mehrere Varianten der Typ-B-Beckenringfraktur:
Bei Typ C führt die Fraktur zu einer vollständigen Destabilisierung des Beckenringes. Das Becken wird bei Drehbewegungen und bei senkrechter Kraft instabil. In diesen Fällen sind sowohl der vordere als auch der hintere Beckenring betroffen. Oft sind kein Aufstehen oder Aufrichten mehr möglich, weil die vertikale Festigkeit nicht mehr gegeben ist. Die Kraftübertragung auf die Beine ist beeinträchtigt. Zudem ist die Beckenringfraktur vom Typ C besonders häufig Teil eines Polytraumas (einer schwerwiegenden Verletzung mehrerer unterschiedlicher Körperstrukturen). Die Fraktur entsteht beispielsweise durch einen Fall aus größerer Höhe oder einen schweren Verkehrsunfall mit dem Motorrad. Die Beckenringfraktur Typ C lässt sich weiter unterteilen:
Liegt bei der Typ-C-Fraktur eine Symphysensprengung (Riss der Schambeinfuge) vor, wird dies als Malgaigne-Fraktur bezeichnet.
Je nach den beteiligten Bändern, die gerissen sind, und an der Verschiebung der Knochenanteile lassen sich ebenfalls in der AO- und Tile-Klassifikation die Beckenfrakturen noch genauer einordnen. Hier gibt es jeweils Bruchformen der Gruppe APC (anterior-posterior compression, Entstehung durch Druck vorne-hinten), LC (lateral compression, seitlicher Druck) und VS (vertical shear, vertikale Abscherung).
Darüber hinaus existiert eine Klassifikation der Beckenringfrakturen nach Rommens und Hofmann. Dies wird auch Fragility Fractures of the Pelvis (FFP) genannt. Hier lassen sich die Brüche in vier Typen einteilen:
Die Behandlung von Beckenringfrakturen richtet sich nach Schwere und Ausmaß der Verletzungen.
Typ-A-Frakturen (nach Tile) verheilen für gewöhnlich problemlos, wenn sich die Patienten für etwa zwei bis drei Wochen ruhig verhalten und Belastungen vermeiden. Schmerzmittel und anschließend eine allmähliche Mobilisation durch Physiotherapie genügen zur Therapie.
Bei Typ B und C sind chirurgische Eingriffe erforderlich, die die betroffenen Strukturen stabilisieren. Schrauben, Platten oder Zwingen halten beschädigte Knochen in Position. Der Heilungsprozess kann unterschiedlich lange dauern und schmerzhaft verlaufen.
Die Entstehung spielt eine Rolle: Bei jüngeren Menschen sind Beckenknochen und Beckenring recht stabil. Erst ein schweres Trauma, etwa
führen dazu, dass diese „Zentrale“ des Bewegungsapparates Schaden nimmt. In diesen Fällen kommen immer noch weitere Verletzungen hinzu: Weichteile, Blutgefäße, Muskeln, Sehnen, Bänder, Organe im unteren Bauchraum sind von solchen Unfällen mit betroffen. Entsprechend lebensbedrohlich ist die Verletzung, der Heilungsverlauf langwierig.
Wer im fortgeschrittenen Alter an Osteoporose leidet, zieht sich Beckenringfrakturen bereits bei einem harmlosen Stolpern oder einem kleinen Sturz zu. Entsprechend komplizierter und zeitaufwändiger sind Nachbehandlung und Mobilisierung nach dem Heilungsprozess.
aktualisiert am 12.02.2019