Bei einem Bruch von Knochen des Beckens oder auch bei einem Riss der Knorpelverbindung zwischen den beiden Schambeinen (Symphysensprengung) kann eine Operation notwendig sein. Bei einer günstigen Konstellation kann aber auf die Operation verzichtet werden.
Beckenverletzungen beziehungsweise Beckenbrüche entstehen durch starke mechanische Gewalt. Ursachen sind beispielsweise Stürze aus größerer Höhe oder heftige Einquetschungen des Unterleibs. Kleinere Knochenbrüche können aber auch bereits durch geringfügige Stürze verursacht werden. Ein Knochenschwund kann das Risiko für einen solchen Beckenbruch erhöhen, z. B. bei älteren Menschen.
Verschiedene Anteile des Beckens können von der Verletzung betroffen sein. So können z. B. Knochenbrüche an der Vorder- oder Hinterseite des Beckens oder an der Hüftgelenkspfanne entstehen. Zu den Beckenknochen gehören Schambein, Darmbein, Sitzbein und im weiteren Sinne auch das Kreuzbein. Sie können alle beteiligt sein, ebenso wie Knochen in der Umgebung (Steißbein, Wirbel, Schenkelhals). Reißen kann auch die knorpelige Verbindung vorne in der Mitte zwischen den beiden Schambeinen, die Symphyse (Symphysensprengung).
Unterschieden werden stabile und instabile Frakturen (Brüche) des Beckens. Bei den stabilen Frakturen ist die Festigkeit des Beckenrings als solches noch intakt. Bei instabilen Frakturen sind Anteile des Beckenrings unnatürlich drehbar oder verschieblich. Das Auftreten mehrerer schwerwiegender Verletzungen gleichzeitig nennt der Mediziner ein Polytrauma.
Von Verletzungen des Beckens sind meist nicht nur Knochen oder Knorpel betroffen. So können die Muskeln, Muskelsehnen und Bänder sowie auch z. B. die Harnröhre, die Harnblase oder weitere Organe geschädigt sein.
Die Beschwerden hängen davon ab, wie stark die Schäden sind und an welchen Stellen sie bestehen. Bei einem Beckenbruch kommt es zu Schmerzen, die bei Bewegungen in der Hüfte stärker werden. Schwellungen und Blutergüsse bilden sich oftmals aus. Bei einigen Beckenknochenbrüchen kann es zu einer sichtbaren Verkürzung des Beines kommen. Gehen und andere Bewegungen können bei stärkeren Beckenverletzungen unmöglich sein.
Bei starken Blutungen, die innerhalb des Körpers ablaufen können, kommt es zur Schocksymptomatik mit Blässe, Kaltschweißigkeit, Blutdruckverminderung und Bewusstseinsstörungen. Bei einer Verletzung der Harnorgane kann es zu Harndrang kommen. Der Urin kann blutig sein.
Der Patient sowie eventuell auch Angehörige oder Unfallzeugen werden befragt (Anamnese). Es erfolgt eine vorsichtige körperliche Untersuchung durch den Arzt, unter anderem mit Abtastung. Brüche der Beckenknochen und weitere Verletzungen können in bildgebenden Verfahren, z. B. Röntgen und Computertomographie (CT), dargestellt werden. Der Bauchraum und der Beckeninhalt können mit einem Ultraschall auf Beeinträchtigungen kontrolliert werden. Besteht der Verdacht, dass Organe des Harntrakts verletzt sind, so kann eine spezielle Röntgen-Kontrastmittelaufnahme (Urographie, Urethrographie) durchgeführt werden.
Dass überhaupt eine Beckenverletzung besteht, ist meist eindeutig. Die verschiedenen Möglichkeiten einer Beckenverletzung mit oder ohne Beteiligung der einzelnen Strukturen (unter anderem Knochen, Gelenke, Knorpel, innere Organe, Harnwege) müssen voneinander unterschieden werden.
Bei einer frischen Beckenverletzung ergibt sich nicht selten eine lebensbedrohliche Situation für den Patienten. Daher müssen oft zuerst allgemeine Maßnahmen zur Lebens- und Gesundheitserhaltung vorgenommen werden, z. B. eine Schockbekämpfung.
Das weitere Therapieverfahren ist abhängig vom Ort und Schweregrad der Verletzung sowie vom allgemeinen Gesundheitszustand. Bei nicht so schweren Verletzungen und auch bei stabilen Frakturen kann gegebenenfalls auf eine Operation verzichtet werden. Um die Beckenknochen zu stabilisieren, erhält der Patient oft für mehrere Wochen einen speziellen Verband (Streckverband, Extensionsverband). Dieser fördert das Zusammenwachsen der Bruchstellen in einer günstigen Position. Ab einem gewissen Zeitpunkt kann Krankengymnastik die spätere Beweglichkeit fördern.
Bei instabilen Frakturen des Beckens ist meist eine Operation notwendig. Eine solche Operation erfolgt in aller Regel in Vollnarkose.
Die Bruchstücke werden wieder in die richtige Lage befördert. Hierzu kann ein Eröffnen des Gewebes notwendig sein. Zur Stabilität erforderliche Knochenanteile, die gebrochen sind, werden durch Platten und Schrauben oder andere Fremdmaterialien fest zusammengefügt (Osteosynthese). Der Zugang kann je nach der Stelle des Bruches beispielsweise über die Gesäß-, Kreuz- oder Leistengegend erfolgen. Meist müssen größere Schnitte mit vorsichtiger Freipräparierung von Gefäßen, Nerven sowie weiterer körperlicher Strukturen wie etwa den Samensträngen vorgenommen werden. Manchmal kann auch lediglich über kleine Hautschnitte unter Röntgensicht operiert werden. Gegebenenfalls muss ein so genannter Fixateur externe angelegt werden, eine Verbindungsapparatur für gebrochene Knochen, die sich außerhalb des Körpers befindet.
In das Operationsgebiet werden häufig Drainagen eingeführt, um Wundflüssigkeit aufzufangen. Die Schläuche können nach wenigen Tagen wieder entfernt werden.
Oftmals muss auch nach der Operation am Becken ein Streckverband angelegt werden, um weitere Stabilität zu gewährleisten.
Im Regelfall wird das Fremdmaterial, was zur Fixierung der Knochensplitter verwendet wurde, im Körper belassen. Bisweilen kann aber später auch eine Entfernung sinnvoll oder notwendig sein, z. B. wenn sich dadurch Beschwerden ergeben.
Da nicht selten auch schwerwiegende Verletzungen von weiteren Organen vorliegen, müssen oft Ärzte aus anderen Fachgebieten (z. B. Urologie) an der Operation beteiligt werden. Des Weiteren können es unerwartete Befunde sowie Komplikationen notwendig machen, dass eine Abänderung oder Erweiterung der Operationsmethode erfolgen muss.
Durch die Operation können Strukturen in der Umgebung des Eingriffs geschädigt werden. Es kann zu Blutungen, Nachblutungen und Blutergüssen kommen. Infektionen, Wundheilungsstörungen und Narbenbildungen können auftreten. Durch Verletzung von Nerven kann es unter anderem zu Sensibilitätsstörungen oder Lähmungserscheinungen kommen. Auch innere Organe können in mitunter geschädigt werden, z. B. der Darm, was zu einer lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung führen kann. Die Knochen können in einer falschen Position zueinander einheilen. Auch kann es zur Falschgelenkbildung kommen (Pseudarthrose), was die Stabilität stark einschränken kann. Manchmal kommt es zu Verschleiß, zur verminderten Beweglichkeit oder zur Steifigkeit von Gelenken. Bei Knochenbrüchen im Kindesalter kann es zu Wachstumsproblemen kommen. Knochen und Muskeln können durch die Bewegungseinschränkung schwächer werden. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass es zum so genannten Sudeck-Syndrom kommt, bei dem der Knochen stark abgebaut wird und sich eine schmerzhafte Entzündung ergibt. Allergische Reaktionen jeden Schweregrades sind möglich. Bei Geburten nach Beckenbrüchen sind Probleme, z. B. durch Verengung des Geburtskanals, möglich. Bei weitergehenden Eingriffen können sich noch andere Komplikationen ergeben.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Die Prognose ist zunächst einmal abhängig davon, welche Knochen und Organe an der Verletzung beteiligt sind. Zum Teil können Beckenverletzungen lebensbedrohlich sein. Schwere Beckenverletzungen ziehen oft langwierige Probleme nach sich. Bei anderen Patienten kann eine unkomplizierte Beckenverletzung entstanden sein, so dass die Aussichten günstig sind. In vielen Fällen ergibt sich nach geeigneter Behandlung eines Beckenbruchs letztendlich ein gutes Ergebnis, dennoch können sich später Folgeschäden entwickeln, z. B. an Wirbelsäule und Gelenken.
Eventuell müssen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, vor einer Operation abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Absprache mit dem Arzt.
Bei stärkeren Schmerzen kann durch den Arzt ein Schmerzmedikament gegeben werden.
Nach einem Beckenbruch muss oft für mehrere Wochen Bettruhe gehalten werden. Die Beine sollten oft hochgelagert werden. Die anderen Gelenke sollten viel bewegt werden. Besondere Krankengymnastik kann sinnvoll sein. Sport und körperliche Belastungen sollten erst dann ausgeübt werden, wenn der Arzt keine besondere Gefährdung mehr darin sieht.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen mit Röntgen sollten gewissenhaft eingehalten werden.
Tritt später eine Schwangerschaft ein, so muss das an der Geburt beteiligte Personal darüber unterrichtet werden, dass zuvor eine Beckenverletzung bestand.
Bei Besonderheiten, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollte der Arzt kontaktiert werden, um eine eventuell notwendige weitere Behandlung durchzuführen.
aktualisiert am 16.11.2023