Wie viel Zeit man zwischen dem Auftreten und der operativen Versorgung eines Bauchwandbruchs verstreichen lassen kann, hängt in erster Linie von dessen Ausbildung und seiner Größe ab. Sind Teile innerer Organe durch die Bruchpforte in den Bruchsack vorgefallen, die sich nicht in ihre ursprüngliche Lage zurückdrängen lassen und eingeklemmt werden, ist ein sofortiges Handeln notwendig. Es droht das Absterben des Organs oder im Falle des Dünn- oder Dickdarms ein Darmverschluss mit möglicherweise tödlichem Ausgang. Der Betroffene befindet sich in einer Notfallsituation. Daher muss, um weitergehende gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Notoperation erfolgen.
Die operative Versorgung von kleineren Hernien (Bauchwandbrüchen), bei denen keine Inkarzerierung, also kein Abklemmen von Organteilen vorliegt, muss nicht sofort durchgeführt werden. Die Operation kann vom behandelnden Arzt zusammen mit dem Patienten geplant und vorbereitet werden. Hierbei kann aufgrund der möglichen körperlichen Einschränkung nach dem Eingriff auch die Lebenssituation und der Gesundheitszustand des Betroffenen berücksichtigt werden.
Allerdings können sich kleine Hernien durch ungünstige Umstände ausdehnen und einen entsprechend größeren chirurgischen Eingriff notwendig machen. Übergewicht und ein chronisches Hustenleiden gehören ebenso hierzu wie das Heben schwerer Lasten und das Ausüben von Arbeiten und Sportarten mit hohem Verletzungspotenzial. Wenn also eine operative Versorgung eines Bauchwandbruchs notwendig ist, sollte diese nicht unnötig lange hinausgezögert werden. Hierdurch entstehen dem Patienten nur Nachteile.
Die Verbesserung der Situation von selbst oder gar das Abheilen der Hernie sind mit Ausnahme des Säuglingsalters ausgeschlossen.
Ein neuerer Ansatz, der die zwingend operative Versorgung insbesondere von Narbenhernien infrage stellt, wird von der „AWARE“-Studie verfolgt. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Studie untersucht anhand zahlreicher Fälle von Narbenbrüchen, inwieweit eine operative Behebung tatsächlich medizinisch notwendig ist und dem Betroffenen Vorteile verschafft. Die Forschungen stellen die Vorteile einer Operation den drohenden Risiken gegenüber. Als Komplikationen bei der Hernienoperation drohen Wund- und Netzinfektionen ebenso wie Darmverletzungen, ein Darmverschluss, ein erneutes Auftreten des Bruchs sowie ein chronisches Schmerzleiden.
Der operativen Versorgung wird das Konzept des „watchful waiting“, also des überwachten Abwartens, gegenübergestellt. Die Bruch-Patienten werden regelmäßig medizinisch überwacht, um drohende Gesundheitsrisiken oder einen Verlust an Lebensqualität auszuschließen. Operiert wird innerhalb der Studie jedoch nur im begründeten Einzelfall.
Die finanzielle Entlastung des Gesundheitssystems infolge einer geringeren Zahl von Operationen ist neben der Vermeidung von Operationsrisiken ein weiteres gewichtiges Argument für diesen Ansatz.
aktualisiert am 27.08.2019