Häufig entwickelt sich eine Bauchspeicheldrüsenentzündung in Zusammenhang mit Gallensteinen. Man spricht dann von einer biliären Pankreatitis.
Eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse geht meist auf eine der folgenden zwei Ursachen zurück:
Sowohl die Bauchspeicheldrüse (das Pankreas) als auch die Galle münden gemeinsam an der sogenannten Papilla Vateri im Zwölffingerdarm. Diese enge Verbindung der beiden Organe bewirkt, dass bestimmte Erkrankungen der Galle sich auch auf die Bauchspeicheldrüse auswirken können. Sind Gallensteine vorhanden, können diese in den Gallengang gelangen und dort den Gallefluss behindern. In der Folge können eine Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) oder eine Gallengangentzündung (Cholangitis) entstehen. Es kann aber auch zu einem Rückstau der Verdauungssekrete in der Bauchspeicheldrüse kommen, sofern Gallensteine den gemeinsamen Bereich der Ausführungsgänge blockieren. Dann droht eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis). Sind Gallensteine der Auslöser der Entzündung der Bauchspeicheldrüse, spricht man von einer biliären Pankreatitis.
Plötzlich einsetzende Oberbauchschmerzen, die sich wie ein Gürtel um den Körper legen oder in den Rücken ausstrahlen, sind typisch für eine Bauchspeicheldrüsenentzündung. Der Schmerz kann sich aber auch anfühlen wie eine Gallenkolik und auf der rechten Seite unter dem Rippenbogen krampfartig zu spüren sein. Begleitet werden die Schmerzen oft von Übelkeit, Erbrechen und einem aufgeblähten Bauch. Es können Anzeichen einer Gelbsucht vorhanden sein. Das Weiße der Augen, die sogenannte Lederhaut, erscheint dann grünlich-gelb, ebenso kann sich die Haut gelblich färben.
Im Arztgespräch wird abgefragt, ob Gallensteine vorliegen oder ein Gallenleiden in der Familie bekannt ist. Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung lassen sich Gallensteine in der Gallenblase oder den Gallengängen nachweisen. Die Blutuntersuchung zeigt erhöhte Entzündungswerte und erhöhte Gallenstau-Werte (Gamma-GT, alkalische Phosphatase und eventuell Bilirubin). Ein erhöhter Wert für Alpha-Amylase zeigt eine Bauchspeicheldrüsenentzündung an. Der Lipase-Wert steigt schnell stark an und fällt innerhalb weniger Tage deutlich wieder ab.
Ungefähr 60 bis 70 Prozent aller akuten Bauchspeicheldrüsenentzündungen gehen zurück auf Gallensteine, sind also als biliär zu bezeichnen. Eine Bauchspeicheldrüsenentzündung kann gefährlich werden, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Daher ist es umso wichtiger, bereits dann zu handeln, wenn die Gallensteine Probleme bereiten. Kommt es zu einer Gallenkolik, sollte die Gallenblase entfernt werden (Cholezystektomie). Mit diesem risikoarmen, minimal-invasiven Eingriff können weitere Komplikationen wie eine Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) oder eine Bauchspeicheldrüsenentzündung vermieden werden. Bei einer bereits bestehenden gallensteinbedingten Entzündung der Bauchspeicheldrüse ist die Gallenblasenentfernung ebenfalls angezeigt. Handelt es sich nur um eine leichte Form der biliären Pankreatitis, sollte die Cholezystektomie so bald wie möglich erfolgen. Ist der Patient zu geschwächt, muss die Bauchspeicheldrüsenentzündung erst ausheilen.
Wenn ein Gallenstein der Grund für die Pankreatitis ist, muss der Stein beseitigt werden. Dies lässt sich über ein Verfahren namens ERCP (endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatikographie) vornehmen. Bei der ERCP erfolgt eine Spiegelung (Endoskopie) von Magen, Zwölffingerdarm und Gallengang zusammen mit einer Röntgen-Kontrastmitteluntersuchung. Mit speziellen Instrumenten lässt sich hierbei die Mündung von Gallengang und Bauchspeicheldrüse erweitern und der Gallenstein entfernen.
Die Entzündung der Bauchspeicheldrüse wird mit schmerzstillenden Medikamenten behandelt. Vor allem aber muss die Verdauung für einige Zeit komplett stillgelegt werden, damit sich das Pankreas erholen kann. Dies geschieht, indem der Patient für einige Tage auf Essen und Trinken verzichtet. Der Flüssigkeitsbedarf wird über Infusionen sichergestellt. Anschließend erhält der Patient Schon- und Aufbaukost. Nach einer akuten Pankreatitis aufgrund von Gallensteinen kann sich die Bauchspeicheldrüse meist wieder komplett regenerieren. Ist die Entzündung chronisch, besteht oft eine bleibende Schädigung des Organs. Die Enzyme, die sonst in der Bauchspeicheldrüse produziert werden, müssen dann lebenslang mit Medikamenten ergänzt werden.
Die Gallenblase zu entfernen, ist der sicherste Schutz vor einem erneuten Auftreten (Rezidiv) von Gallenblasen- oder Bauchspeicheldrüsenentzündung. Zu welchem Zeitpunkt die Operation stattfinden soll, wenn eine biliäre Pankreatitis diagnostiziert wurde, ist umstritten. In 23 niederländischen Krankenhäusern wurde zwischen 2010 und 2013 dazu eine Studie durchgeführt. Die Patienten mit leichter biliärer Pankreatitis wurden kurz vor ihrer Entlassung in zwei Gruppen eingeteilt. Der einen Hälfte der Patienten wurde die Gallenblase noch vor ihrer Entlassung innerhalb von drei Tagen entfernt, der anderen Hälfte erst nach 25 Tagen oder später. Ausschlusskriterien waren Alkoholmissbrauch, chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung und ein Alter von über 75 Jahren. Die Studie ergab, dass es bei einer leichten biliären Pankreatitis sinnvoll ist, die Gallenblase frühzeitig zu entfernen. Die Gruppe der zeitnah operierten Patienten erlitt später weniger häufiger Komplikationen und auch das Operationsrisiko war trotz der akuten Pankreatitis nicht erhöht.
AWMF online, G. Beyer; A. Hoffmeister u.a. – S3 Leitlinie Pankreatitis: https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-003l_S3_Pankreatitis_2022-04_01.pdf (online, letzter Abruf: 04.04.2022)
Gelbe Liste, Dr. Philipp Dworschak – Akute Pankreatitis: https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/akute-pankreatitis (online, letzter Abruf: 04.04.2022)
Pharmazeutische Zeitung, Alexander Arlt – Akute Pankreatitis - Wenig Zeit für Therapie: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wenig-zeit-fuer-therapie/ (online, letzter Abruf: 04.04.2022)
Springer Link, Prof. Dr. med. H. S. Füeßl – Biliäre Pankreatitis: Gallenblase sofort entfernen: https://link.springer.com/article/10.1007/s15006-015-7537-6 (online, letzter Abruf: 04.04.2022)
aktualisiert am 04.04.2022