Helminthen sind parasitisch lebende Tiere aus den Stämmen der Plattwürmer (Plathelmintha), der Rundwürmer (Nematoda) und der Kratzer (Acathocephala). Zu den Plattwürmern gehören die Saugwürmer (Trematoda) und die Bandwürmer (Cestoda).
Der Körper der Bandwürmer (Cestoden) besteht aus dem sogenannten Kopf (Skolex), einer ungegliederten Wachstumszone und einer Kette von Gliedern, dem Fortpflanzungsglied eines Bandwurms (Proglottiden). Charakteristisch für die Infektion mit Rinder- und Schweinebandwurm ist der Abgang von Proglottiden mit dem Stuhl. Betroffene Patienten bemerken das meistens selbst. Der Nachweis eines Bandwurmbefalls ist oft ein Zufallsbefund.
Die Geschlechtsorgane sind zwittrig (kompletter weiblicher und männlicher Geschlechtsapparat) angelegt. Verdauungsorgane fehlen. Nährstoffe werden über die äußere Körperhülle (Integument) aufgenommen. Die Entwicklung erfolgt über ein oder zwei Zwischenwirte.
Infektionen mit dem Rinder- oder Schweinebandwurm kommen weltweit vor, wenn auch selten in Deutschland.
Verschiedene Arten von Bandwürmern leben im erwachsenen Stadium im Dünndarm des Menschen. Ausgehend vom Darm können sich die Larven der Würmer im Körpergewebe ansiedeln und dort einen größeren Schaden anrichten als die erwachsenen Würmer im Darm. Zu den Parasiten im Menschen zählen die Rinder- und Schweinebandwürmer (Taenia-Arten) und die Fuchs- und Hundebandwürmer (Echinococcus-Arten).
Um nachvollziehen zu können, wie der Lebenszyklus der Bandwürmer funktioniert, muss man folgende Begriffe kennen:
Der Rinderbandwurm (Taenia saginata) wird bis zu zehn Meter lang. Am Kopf hat er vier Saugnäpfe. Die letzten Glieder der Kette besitzen eine mit bis zu 100.000 Eiern enthaltende Gebärmutter. Diese Glieder (gravide/tragend) lösen sich in unregelmäßigen Abständen von der Bandwurmkette und werden ausgeschieden. Die Eier werden während der Abtrennung bereits im Darm oder in der Außenwelt frei. Im Inneren der Eier befinden sich Larven (Onkosphären). In feuchter Umgebung bleiben die Larven über Wochen bis Monate infektiös. Mit dem Kot von infizierten Menschen gelangen die infektiösen Eier auf Weideflächen oder sie werden über das Trinkwasser verbreitet. Rinder nehmen die Eier auf. Die Larven schlüpfen im Dünndarm, gelangen durch die Darmwand in den Blutstrom und werden so in die Muskulatur transportiert. Innerhalb von drei bis vier Monaten entwickeln sich daraus infektionstüchtige Finnen.
Der Schweinebandwurm (Taenia solium) wird etwa drei bis vier Meter lang. Außer den vier Saugnäpfen hat er im Gegensatz zum Rinderbandwurm am Kopf ein mit doppeltem Hakenkranz bewaffneten Rostellum (hervorstehender Teil am Vorderende). Der Menschen kann End- und Zwischenwirt sein.
Der Hundebandwurm (Echinococcus granulosus) ist der Erreger der zystischen Echinococcose beim Menschen. Der ausgewachsene Wurm wird etwa vier bis sieben Millimeter lang, besteht aus zwei bis sechs Bandwurmgliedern (Proglottiden). Am Kopf ist er mit Häckchen bewaffnet. Die Gebärmutter enthält bis zu 1.500 Eier. Endwirt des Hundebandwurms ist der Hund. Als Zwischenwirte dienen verschiedene Pflanzen- oder Allesfresser (Wiederkäuer, Schwein, Pferd).
Der Mensch ist ein Fehlwirt im Lebenszyklus. Die Infektion des Menschen erfolgt durch die orale Aufnahme von Eiern direkt bei Kontakt zu infizierten Hunden oder indirekt durch kontaminierte Nahrung oder Trinkwasser. Im Dünndarm werden daraus die Larven frei. Sie durchdringen die Darmwand, gelangen über das Blut in die Leber, Lunge und andere Organe. Aus den Larven entwickeln sich die sogenannten Finnenblasen. Diese wird vom Bindegewebe des Wirts (Fehl- oder Zwischenwirt) umschlossen. Hierin entwickelt sich das infektiöse Stadium (Protoskelezes) des Hundebandwurms. Sobald ein Hund durch Beutetiere oder Schlachtabfälle (Innereien) Finnen aufnimmt, die reife „Protoskolezes“ enthalten, können sich im Darm geschlechtsreife Stadien entwickeln.
Die Eier sind in feuchtem Milieu monatelang lebensfähig und können auch überwintern.
Der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) ist der Erreger der alveolären Echinococcose. Erwachsene Würmer werden zwei bis vier Millimeter lang, haben zwei bis sechs Glieder (Proglottiden). Die Gebärmutter enthält bis zu 300 Eier. Wichtigster Endwirt sind der Rot- und Polarfuchs, aber auch Hund und Katze. Als Zwischenwirte dienen besonders Nagetiere (Feldmaus, Bisamratte etc.). Der Mensch, Haus-, Wildschweine und Hunde gelten als Fehlwirt.
Die Entwicklung verläuft ähnlich wie beim Hundebandwurm. In den Zwischenwirten entwickeln sich innerhalb 40 bis 60 Tagen infektiöse Finnen. Wenn die Zwischenwirte von einem Endwirt verzehrt werden, wächst im Dünndarm ein neuer Bandwurm heran. Diese können bereits nach 26 bis 28 Tagen erneut infektionstüchtige Eier produzieren.
Der Rinderbandwurm (Taenia saginata) ist weltweit verbreitet.
Der Schweinebandwurm (Taenia solium) ist vor allem in ländlichen Gebieten von zentral- und Südamerika, Afrika und Asien weit verbreitet (endemisch). In Mitteleuropa treten Befälle beim Menschen sporadisch auf.
Der Hundebandwurm kommt häufig In Ost- und Südeuropa, im Mittelmeerraum, im Nahen Osten, in Nord- und Ostafrika, in Südamerika sowie in einigen Gebieten Asiens und Australiens vor. In Mitteleuropa ist er selten geworden.
Der Fuchsbandwurm ist weit verbreitet. In Zentraleuropa sind bis zu 60 Prozent der Füchse befallen.
Der Mensch infiziert sich durch die Aufnahme von rohem oder halbrohem Rindfleisch, das die infektiösen Finnen enthält. Rinder infizieren sich über die Aufnahme von Eiern. Nach dem Schlüpfen der Eier durchdringen die Larven (Onkosphären) die Darmwand und gelangen so in die Muskulatur. Der Verzehr von finnenhaltigem Fleisch führt zur Infektion beim Menschen.
Hat sich der Mensch mit dem Rinderbandwurm infiziert, dann haftet sich die Finne mit ihren Saugnäpfen im Dünndarm an der Darmschleimhaut an und entwickelt sich zum erwachsenen Bandwurm. Der kann Jahre bis Jahrzehnte im Dünndarm überleben.
Etwa zwei bis drei Monate nach der Infektion werden die ersten eierhaltigen Glieder abgestoßen und gelangen mit dem Kot ins Freie. Die Gefahr der Übertragung von Bandwurmeiern besteht durch die Verbreitung von menschlichen Fäkalien an Fernstraßen, Bahndämmen, in Erholungsgebieten, an Ballungsgebieten, über ungeklärte oder ungenügend geklärte menschliche Abwässer oder mit Abwässern belastete Flüsse und Bäche.
Bei Überschwemmungen gelangen diese auf Felder und Wiesen und werden von Rindern auf dem Feld oder bei der Fütterung im Stall aufgenommen. Auf Weiden und Wiesen bleiben Taenia-Eier bis zu 160 Tage infektionsfähig. Bei Temperaturen unter 5° C können sie bis zu 30 Tage überleben.
Die Infektion mit dem Schweinebandwurm erfolgt wie beim Rinderbandwurm. Der Mensch nimmt die Eier mit unzureichend erhitztem Schweinefleisch auf. Die Infektion erfolgt in folgenden Phasen:
Im Gegensatz zum Rinderbandwurm kann sich der Mensch auch direkt mit Eiern des Schweinebandwurms, die aus dem menschlichen Stuhl stammen, infizieren (Schmierinfektion). Er dient in diesem Fall nicht als Endwirt, sondern als Zwischenwirt. Im Menschen entwickeln sich in den Eiern die Finnen. Sie durchdringen die Darmwand und können sich im Gewebe oder in Organen ablagern. Die Finnen werden als Zysticercus zellulosae bezeichnet. Ihre Ansiedlung in verschiedenen Organen verursacht das Krankheitsbild der Zystizerkose.
Als Fehlwirt kann sich der Mensch mit Eiern des Hundebandwurms direkt bei Kontakt mit infizierten Hunden oder indirekt über kontaminierte Nahrungsmittel (Waldbeeren, Pilze mit anheftenden Hundebandwurmeiern) oder Trinkwasser infizieren.
Beim Fuchsbandwurm kommen für die Übertragung der Eier auf den Menschen verschiedene Wege infrage. Am Bedeutendsten ist die Aufnahme von Nahrungsmitteln (Beeren, Fallobst), die mit kontaminieren Kot verunreinigt sind. Auch die direkte Aufnahme der Eier mit den Händen durch Schuhwerk, Kleidung durch Lagerung oder Spielen auf kontaminierten Flächen oder beim Arbeiten mit Erde und Pflanzen.
Die Zeit bis zum Ausbrechen der Infektion dauert beim Menschen nach Aufnahme der Eier etwa vier bis zehn Wochen. Die ersten geschlechtsreifen Bandwurmglieder werden nach etwa zehn bis zwölf Wochen ausgeschieden. Diese können für mehrere Jahre im Darm leben.
Die Ausbildung der Zysten von Hunde- und Fuchsbandwurm, die die Krankheitsbilder der zystischen bzw. alveolären Echniococcose hervorrufen, dauert ebenfalls mehrere Jahre.
Bandwürmer können über Jahre unbemerkt im Darm des Menschen leben bis erste Symptome auftreten. Solange erwachsene Würmer im Darm leben, kann es zu leichten gastrointestinalen Beschwerden kommen.
Eine Infektion mit dem Schweinebandwurm kann auch über Jahre unbemerkt bleiben. Das Einlagern der Finnenformen in das Gewebe des Menschen (Zystizerkose) verläuft oft symptomlos. Erst wenn sich die Finnen im Gehirn ansiedeln und das Krankheitsbild der Neurozystizerkose hervorrufen, treten Symptome auf.
So lange geschlechtsreife Bandwürmer im Darm leben, können infektionstüchtige Eier ausgeschieden werden (Rinder- und Schweinebandwurm).
Beim Fuchs- und Hundebandwurm gilt der Mensch als Fehlwirt. Es können keine infektionstüchtigen Stadien ausgeschieden werden.
In mindestens 25 Prozent der Fälle verläuft eine Infektion mit dem Rinderbandwurm ohne Symptome, also asymptomatisch. Treten Symptome auf, dann sind mögliche Krankheitszeichen:
Auch der Befall des Darms mit dem Schweinebandwurm verursacht keine oder nur geringfügige Beschwerden, ähnlich wie beim Rinderbandwurm.
Bei einem Massenbefall kann es in seltenen Fällen zu folgenden Komplikationen kommen:
Die als Zysticerus zellulosae bezeichneten Finnen des Schweinebandwurms können sich in verschiedenen Organen des Menschen ansiedeln. Hier verursachen sie das Krankheitsbild der Zystizerkose. Das Krankheitsbild ist abhängig von dem Organ in das sich die Finnen absiedeln:
Das Krankheitsbild wird durch die zystische Echinococcose verursacht. Die Finnen des Hundebandwurms siedeln sich beim Menschen zu 60 bis 70 Prozent in der Leber und zu 15 bis 25 Prozent in der Lunge an. Seltener sind andere Organe wie Milz, Nieren, Muskel, zentrales Nervensystem oder andere Organe betroffen. Die Infektion verläuft zunächst symptomlos, die Ausbildung der Flüssigkeit gefüllten Zyste dauert mehrere Jahre. Besonders in Fällen von einzelnen kleinen gut abgekapselten Finnenblasen bleibt der Befall ohne Symptomatik.
Bei stärkerem Befall treten Symptome nach einigen Monaten bis Jahren auf, wenn sie durch ihr Wachstum die Organfunktionen beeinträchtigen. Diese sind abhängig vom befallenem Organ:
Gefahr besteht, wenn die Echinococcus-Zysten platzen. Die austretende Flüssigkeit kann zu einem anaphylaktischen Schock (lebensbedrohliche Überreaktion des Körpers auf eine körperfremde Substanz) führen. Außerdem werden zahlreiche Larven ausgeschwemmt, die weitere Zysten bilden können.
Der Krankheitsverlauf ist schleichend, chronisch und kann wenige Wochen bis Jahre dauern. Die Krankheit wird alveoläre Echinococcose genannt. Im Gegensatz zum Hundebandwurm, dessen Zysten das umliegende Gewebe verdrängen, dringen die Zysten des Fuchsbandwurm in die Organe ein. Es bilden sich mehrere haselnussgroße Zysten, die oft miteinander verbunden sind. Sie führen zur Zerstörung des Organs. Außerdem können weiter entfernte Organe befallen werden (Metastasierung). Das Wachstum entspricht einem bösartigen Tumor. Häufig ist zunächst die Leber betroffen, es kommt zu folgenden Symptomen:
Wenn sich Finnen in andere Organe ablagern (Metastasen), kommt es je nach betroffenem Organ zu weiteren Symptomen (meist sind Lunge, Gehirn oder Knochen betroffen).
Der Befall mit Rinder- oder Schweinebandwürmern lässt sich leicht diagnostizieren, wenn die 1,5 bis 2 cm langen, meist noch beweglichen Bandwurmglieder, im Stuhl abgehen. Der Nachweis von Eiern im Labor ist möglich. Eine Unterscheidung zu anderen Bandwurmarten ist unter dem Mikroskop anhand des charakteristischen Uterus (Proglottid) möglich. Eine Unterscheidung zwischen Rinder- und Schweinebandwurm ist unter dem Mikroskop nicht möglich.
Bei einer durch Finnen des Schweinebandwurms hervorgerufenen Zystizerkose (Finnen lagern sich in Gewebe und Organe ein) können Finnen in der Haut ertastet werden. Ein Organbefall wird mit bildgebenden Verfahren wie Ultraschall, Röntgen oder mittels Blutuntersuchungen (Immunreaktion, Antikörpernachweis) nachgewiesen.
Die Zysten können mit Hilfe bildgebender Verfahren (Ultraschall, Computertomographie, Röntgenaufnahmen) und gleichzeitigem Nachweis von Antikörpern im Blut nachgewiesen werden.
Die Diagnose entspricht der des Hundebandwurms.
Gegen Bandwurmbefall des Darms werden als Mittel erster Wahl Medikamente mit den Wirkstoffen Niclosamid oder Praziquantel eingesetzt. Die Zystizerkose des Schweinebandwurms wird behandelt, wenn das Gehirn befallen ist (Neurozystizerkose) bzw. beim Auftreten von Symptomen. Zum Einsatz kommen je nach Lage der Parasiten Medikamente die gegen Parasiten wirken (Albendazol, Praziquantel) in Kombination mit entzündungshemmenden Medikamenten, die gleichzeitig den erhöhten Druck im Gehirn senken (vor allem Kortison).
Bei Krampfanfällen werden zusätzlich Antiepileptika verordnet. Wenn sich Zysten im Auge oder Rückenmark befinden, werden keine Mittel gegen Parasiten eingesetzt. Eine möglicherweise stattfindende Entzündung kann zu schweren Schäden des umliegenden Gewebes führen. In Fällen, in denen Zysten Probleme in Auge, Gehirn oder Rückenmark verursachen, erfolgt eine operative Entfernung.
Die Finnenblasen des Hundebandwurms werden chirurgisch entfernt. Inoperable Patienten (bei massiven Finnenblasenbefall in mehreren Organen) werden mit Albendazol oder Mebendazol behandelt.
Eine radikale Entfernung der Finnen des Fuchsbandwurms bietet Heilungsaussichten, ist aber nur in 20 bis 30 Prozent der Fälle möglich. Durch das Wachstum des Parasiten in umliegendes Gewebe kann bei einer operativen Entfernung nicht sicher gesagt werden, ob alle Teile mit entfernt wurden. Daher wird zusätzlich eine medikamentöse Behandlung mit Mebendazol oder Albendazol über etwa zwei Jahre durchgeführt. Eine jahre- oder lebenslange Therapie ist bei inoperablen Fällen notwendig.
Die beste Prophylaxe ist die Vermeidung von ungenügend gegartem Rinder- und Schweinefleisch. Folgende Maßnahmen können dazu beitragen, das Risiko einer Infektion zu reduzieren:
Wurmeier sind gegenüber Desinfektionsmittel und Alkohol resistent und können sehr lange infektiös sein.
aktualisiert am 03.06.2019