Die Lendenwirbelsäule (LWS) ist der Bereich der Wirbelsäule, in dem die meisten Bandscheibenvorfälle auftreten. Die Lendenwirbelsäule schließt sich an die Brustwirbelsäule an, besteht aus fünf Wirbeln und wird nach unten hin durch das Kreuzbein (Os sacrum) und das Steißbein (Os coccygis) fortgesetzt. Bandscheiben befinden sich jeweils zwischen zwei benachbarten Wirbelkörpern. Die häufigsten Bandscheibenvorfälle in der LWS sind zwischen dem 4. und 5. Wirbelkörper sowie zwischen dem 5.Wirbelkörper und dem Kreuzbein lokalisiert.
Bandscheibenvorfälle in der Lendenwirbelsäule treten oft als Folge einer jahrelangen Fehl- oder Überbelastung auf. Diese kann zu degenerativen (verschleiß- und abbaubedingten) Veränderungen sowohl an den Wirbelkörpern als auch an den Gelenken der Wirbelsäule und eben auch an den Bandscheiben führen.
Übergewicht, mangelnde Bewegung und eine schlecht ausgebildete rumpfstabilisierende Muskulatur (Bauch-, Rücken- und Beckenbodenmuskulatur) sind Faktoren, die die Entstehung eines Bandscheibenvorfalles in der LWS begünstigen können. Ein weiterer Faktor ist eine schwache Bein- und Armmuskulatur bei Menschen, die viel und schwer heben und tragen müssen. Jahrelange Fehlhaltungen, zum Beispiel durch eine sitzende Tätigkeit, sind eine der Hauptursachen für einen fortschreitenden Verschleiß der Bandscheiben mit der Gefahr eines Bandscheibenvorfalles. Durch Sitzen mit rundem Rücken wird die Bandscheibe im vorderen Bereich dauerhaft komprimiert und der Faserring auf der Rückseite permanent überdehnt. Mit der Zeit wird er brüchig. Oft führt ein akutes Ereignis wie das Heben eines Gegenstandes oder das Einstechen des Spatens in den Rasen dann dazu, dass „das Fass überläuft“, der Faserring einreißt und die gallertartige Masse des Bandscheibenkerns austreten kann.
Je nach Größe und Lage des Bandscheibenvorfalles (BSV) können sehr unterschiedliche Symptome auftreten:
Für jede Nervenwurzel, die durch einen Bandscheibenvorfall komprimiert werden kann, gibt es ein charakteristisches Ausstrahlungsgebiet sowie bestimmte Muskeln, die von einer Schwäche oder Lähmungserscheinungen betroffen sein können.
Hinweise auf einen Bandscheibenvorfall in der LWS können sich schon aus der Anamnese (dem Arzt-Patienten-Gespräch) ergeben. Die beschriebenen Symptome können auf den Bandscheibenvorfall hindeuten. Die körperliche Untersuchung (Prüfung der Reflexe, spezifische Muskel- und Sensibilitätstests) kann den Verdacht, dass ein BSV vorliegt, bekräftigen.
Letztlich wird die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls mit bildgebenden Verfahren wie CT (Computertomografie) oder MRT (Magnetresonanztomografie) gestellt. Am besten eignet sich das MRT. Ist dieses beispielsweise aufgrund von Metallimplantaten nicht möglich, ist auch das CT gut zur Diagnosestellung geeignet.
Meist können mit einer konservativen Therapie (Behandlung ohne Operation) gute Ergebnisse erzielt werden.
Für eine medikamentöse Behandlung stehen verschiedene schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente zur Verfügung. Dazu gehören zum Beispiel nicht-steroidale Antiphlogistika wie Ibuprofen, COX-2-Hemmer oder Cortison. Opiate werden in selteneren Fällen eingesetzt. Eine Linderung der Symptomatik kann auch mit Hilfe von sogenannten Muskelrelaxantien (Medikamenten zur Muskelentspannung) erreicht werden. Gerade im Bereich der Lendenwirbelsäule hat sich auch die Infiltration (Einspritzen) von Schmerzmitteln in den Bereich der symptomauslösenden Nervenwurzel bewährt (periradikuläre Therapie). Durch die entzündungshemmende und abschwellende Wirkung kann häufig ein Rückgang der Symptome erreicht werden.
Mögliche physiotherapeutische Maßnahmen umfassen:
Entspannungstechniken wie Meditation, Tai Chi, Qi Gong, progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder autogenes Training haben häufig positive Auswirkungen auf die Symptomatik.
Je nach Beschwerdebild ist auch Sporttreiben möglich (zum Beispiel Rückenschwimmen, Wassergymnastik oder Walking).
Chirotherapeutische Maßnahmen können zu einer Verschlimmerung des Bandscheibenvorfalls und der Symptomatik führen und sollten deshalb kritisch abgewogen werden.
Um dauerhafte Folgeschäden zu vermeiden, sind Störungen bei der Entleerung von Blase und/oder Darm sowie ein vollständiger Kraftverlust in einem betroffenen Muskel meist Gründe für eine rasche Operation. In allen anderen Fällen (beispielsweise anhaltende Schmerzen, Muskelschwäche) wird in Rücksprache mit dem Arzt geprüft, ob eine operative Druckentlastung des Nervs sinnvoll sein kann.
Bandscheibenvorfälle an der LWS können heute meist mikrochirurgisch, also mit sehr kleinen Schnitten und einem schonenden Zugang, versorgt werden. Durch Druck- und Fehlbelastungen des vorderen Bandscheibenanteils tritt Bandscheibenmaterial in der LWS normalerweise nach hinten oder hinten seitlich aus. Deshalb wird auch von hinten operiert, um das ausgetretene Bandscheibengewebe zu entfernen und die komprimierte Nervenwurzel zu entlasten. Im Rahmen der Operation können auch knöcherne Einengungen entfernt werden. Ebenso ist es möglich, übermäßig bewegliche (hypermobile) oder instabile Wirbelsäulensegmente mit Hilfe von Metallimplantaten zu versteifen (Spondylodese). Hierzu muss allerdings ein größerer Zugang zum Operationsgebiet gewählt werden.
Um degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule und somit auch einem Bandscheibenvorfall vorzubeugen, kann man selbst viel tun:
NetDoktor, Martina Feichter – Bandscheibenvorfall: https://www.netdoktor.de/krankheiten/bandscheibenvorfall/ (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
Avicenna Klinik, Dr. med. Munther Sabarini, Hans-Heinrich Reichelt – Bandscheibenvorfall: https://avicenna-klinik.com/wirbelsaeulenerkrankung/bandscheibenvorfall/ (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
Schön Klinik – Bandscheibenvorfall - unsere Behandlung: https://www.schoen-klinik.de/hamburg-eilbek/wirbelsaeulen-zentrum/bandscheibenvorfall (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
MVZ Wirbelsäule – Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule: http://mvz-ruecken.de/joomla/index.php/infothek/bandscheibenvorfall-der-lendenwirbelsaeule (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
Inselspital Universitätsspital Bern – Lumbaler Bandscheibenvorfall: http://www.neurochirurgie.insel.ch/spezialgebiete-erkrankungen/neurochirurgische-erkrankungen/wirbelsaeule/lumbaler-bandscheibenvorfall/ (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
aktualisiert am 29.09.2020