Die Halswirbelsäule (HWS) verbindet den Kopf mit der relativ steifen Brustwirbelsäule und ermöglicht den großen Bewegungsradius des Kopfes. Die Halswirbelsäule besteht aus sieben Wirbeln, wobei sich jeweils zwischen zwei Wirbelkörpern eine Bandscheibe befindet.
Eine Ausnahme bildet der Zwischenraum zwischen dem ersten Wirbelkörper (Atlas) und zweiten Wirbelkörper (Axis). Hier findet sich aufgrund der besonderen knöchernen Form und Verbindung dieser beiden Wirbel keine Bandscheibe. Da die Halswirbelsäule ihr größtes Bewegungsausmaß zwischen dem 5. und 6. und zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper (HWK) aufweist, ereignen sich hier auch die meisten Bandscheibenvorfälle in der HWS.
Die Hauptursache für zervikale (die Halswirbelsäule betreffende) Bandscheibenvorfälle sind Abnutzungserscheinungen an der HWS. Vor allem andauernde Fehlhaltungen, zum Beispiel bei sitzender beruflicher Tätigkeit, sind verantwortlich. Sie verursachen über die Jahre Veränderungen an den Wirbelgelenken, Höhenminderungen der Bandscheiben (durch einseitige Belastung und fehlende Entlastung) sowie eine zunehmende Brüchigkeit des äußeren Faserrings der Bandscheibe.
Neben diesen degenerativen Veränderungen können auch traumatische Ereignisse wie Unfälle oder abrupte Drehbewegungen Ursache eines Bandscheibenvorfalls sein.
Zervikale Bandscheibenvorfälle machen mit 25 Prozent den zweitgrößten Anteil aller Bandscheibenvorfälle aus. Die auftretenden Symptome können vielfältig sein:
In seltenen Fällen kommt es durch Druck auf das Rückenmark zusätzlich zu Symptomen wie beispielsweise Schwäche oder Kribbeln in den Beinen. Auch Gangstörungen, Probleme bei der Entleerung der Blase und des Darms sowie Symptome einer Querschnittslähmung (Querschnittssyndrom) können dann auftreten.
Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist das Mittel der Wahl, um einen zervikalen Bandscheibenvorfall zu diagnostizieren.
Ein Myelo-CT (Computertomografie nach Injektion von Kontrastmittel in den Rückenmarkskanal) kann bei speziellen Fragestellungen Auskunft über Einengungen des Rückenmarks durch Bandscheibenvorfälle oder knöcherne Strukturen geben.
Die Art der Therapie ist abhängig von der Beschwerdesymptomatik. Meist reicht eine konservative Therapie (Behandlung ohne Operation) aus. Zu Beginn kann eine Ruhigstellung der Halswirbelsäule mit einer Halskrause schmerzlindernd sein. Um Schonhaltungen zu vermeiden, sollte die Halskrause aber nicht über einen längeren Zeitraum getragen werden.
Schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente wie nicht-steroidale Antiphlogistika (zum Beispiel Ibuprofen), COX-2-Hemmer oder Cortison werden häufig verordnet, in selteneren Fällen auch Opiate. Medikamente zur Muskelentspannung (Muskelrelaxantien) können ebenfalls zu einer Linderung der Symptomatik beitragen.
Die Infiltration (Einspritzung) von Schmerzmitteln direkt in die Region der schmerzauslösenden Nervenwurzel (periradikuläre Therapie) ist durch ihre entzündungshemmende und abschwellende Wirkung ebenfalls zur Linderung der Beschwerden geeignet.
Folgende Maßnahmen aus dem Bereich der Physiotherapie können zur Anwendung kommen:
Allgemeine Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung nach Jacobson, autogenes Training oder Meditationen wirken sich oft positiv auf die Gesamtsituation aus.
Je nach Symptomatik ist auch die Ausübung von Sport (zum Beispiel Rückenschwimmen, Walking oder Yoga) möglich.
Vorsicht ist bei chirotherapeutischen Maßnahmen angebracht: Es kann zu einer Verschlimmerung des Bandscheibenvorfalls und somit der Symptomatik kommen.
Der Bandscheibenvorfall kann auf Nervengewebe drücken (Kompression der Nerven oder des Rückenmarks) und zu Ausfallerscheinungen wie Lähmungen in Armen oder Beinen oder Querschnittssyndrom führen. Dies erfordert in der Regel eine Operation. Ebenfalls kann bei hohem Leidensdruck und einer länger als drei Monate anhaltenden Symptomatik eine Operation angezeigt sein.
Da durch Druck auf den hinteren Anteil der Bandscheibe der Vorfall meist nach vorne erfolgt, wird in der Regel auch von vorne operiert. Dabei wird die Bandscheibe entfernt und ein Platzhalter, entweder eine Bandscheibenprothese oder ein Cage (Titan- oder Kunststoffring), eingesetzt. Manchmal wird ein Wirbelsäulensegment zusätzlich noch mit einer Titanplatte versteift.
Beim Einsatz einer Bandscheibenprothese bleibt die Beweglichkeit des entsprechenden Wirbelsäulensegmentes erhalten. Das Einbringen eines Cages führt durch Verwachsung mit den beiden benachbarten Wirbeln zur Versteifung dieses Segmentes. Die Gefahr der Verletzung des Rückenmarks oder der Nerven durch die OP liegt bei unter einem Prozent.
Liegt der Bandscheibenvorfall weit außen, wird der Operationszugang von hinten gewählt und nur der Vorfall entfernt. Der Rest der Bandscheibe bleibt erhalten.
Da zervikale Bandscheibenvorfälle vor allem durch Verschleiß aufgrund jahrelanger Fehlhaltungen entstehen, ist es sinnvoll, gerade bei immer wiederkehrenden Tätigkeiten auf eine korrekte Körperhaltung zu achten. Wichtig ist auch eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes, unter anderem mit individuell angepasster Schreibtisch- und Stuhlhöhe und richtiger Höhe und Position des Monitors am Arbeitsplatz.
NetDoktor, Martina Feichter – Bandscheibenvorfall: https://www.netdoktor.de/krankheiten/bandscheibenvorfall/ (online, letzter Abruf: 28.09.2020)
MVZ Wirbelsäule – Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule: http://mvz-ruecken.de/joomla/index.php/infothek/bandscheibenvorfall-der-halswirbelsaeule (online, letzter Abruf: 28.09.2020)
Inselspital Universitätsspital Bern – Zervikaler Bandscheibenvorfall: http://www.neurochirurgie.insel.ch/spezialgebiete-erkrankungen/neurochirurgische-erkrankungen/wirbelsaeule/zervikaler-bandscheibenvorfall/ (online, letzter Abruf: 28.09.2020)
Liebscher & Bracht – Bandscheibenvorfall der HWS (Halswirbelsäule) - Wenn es fast ganz oben schmerzt: https://www.liebscher-bracht.com/schmerzlexikon/bandscheibenvorfall/hws/# (online, letzter Abruf: 28.09.2020)
NetDoktor, Martina Feichter – Bandscheibenvorfall - HWS: https://www.netdoktor.de/krankheiten/bandscheibenvorfall/hws/ (online, letzter Abruf: 28.09.2020)
aktualisiert am 28.09.2020