Eine Bandscheibenprothese ist ein Ersatz einer Bandscheibe, des knorpeligen Puffergewebes zwischen jeweils zwei Wirbelkörpern. Die Bandscheibenprothese kann unterschiedlich gestaltet sein, sie kann einen Teil oder - im Normalfall - die komplette Bandscheibe ersetzen und aus verschiedenen Materialien bestehen. Eine Operation, bei der die Bandscheibenprothese eingesetzt wird, kann bei einem Verschleiß der natürlichen Bandscheibe erfolgen. Sie ist dann eine Alternative zur Wirbelsäulenversteifung, welche die Beschwerden, aber leider auch die Beweglichkeit vermindert. Die künstliche Bandscheibe ermöglicht es dagegen, die Bewegungsfähigkeit zu erhalten und die Beschwerden beziehungsweise die Rückenschmerzen zu beenden. Der Bandscheibenersatz kommt allerdings nur in bestimmten Fällen in Frage.
Die Bandscheibenprothese kann eingepflanzt werden, wenn die natürliche Bandscheibe geschädigt ist. Das ist meist aufgrund eines Verschleißes der Fall, aufgrund dessen die Bandscheibe ihre abfedernde Funktion innerhalb der Wirbelsäule nicht mehr ausreichend wahrnehmen kann. Die künstliche Bandscheibe wird oftmals nur dann eingesetzt, wenn bloß eine und nicht mehrere Bandscheiben vom Verschleiß betroffen sind. Durch die Fortschritte der Methode ist es aber zunehmend möglich, auch mehrere (zwei bis drei) Bandscheiben zu ersetzen. Bandscheibenprothesen können Bandscheiben zwischen zwei Wirbeln in der Lendenwirbelsäule oder auch in der Halswirbelsäule ersetzen.
Oftmals kommt bei solchen Bandscheibenschäden eine Wirbelsäulenversteifung (Spondylodese) in Frage, um die Schmerzen zu stoppen. Die Bandscheibe wird dazu entfernt, um Gefahren wie z. B. Druck der Bandscheibe auf den Nerven zu verhindern. Natürlich geht durch die Versteifung einiges an Beweglichkeit im Rücken verloren. Auch können Komplikationen wie ein umso höherer Verschleiß in anderen Bandscheiben oder eine so genannte Falschgelenkbildung (Pseudarthrose) nach der Versteifungs-OP auftreten. Deshalb kommt eine Bandscheibenprothese statt der Versteifung immer häufiger in Frage. Die Bandscheibenprothese hat einen ähnlichen Sinn wie eine Prothese von Gelenken wie Hüfte oder Knie, denn auch diese reduzieren die Belastung auf andere Gelenke.
Auch nach einer vorherigen Operation zur Beseitigung eines Bandscheibenvorfalles kann eine künstliche Bandscheibe eingesetzt werden, wenn die Schmerzen bleiben. In der Halswirbelsäule kann außerdem direkt eine Bandscheibenvorfall-Entfernung mit Protheseneinsetzung geschehen. An der Lendenwirbelsäule ist dies aber nicht praktikabel.
Liegt die Ursache für die Rückenschmerzen in anderen Erkrankungen als den Bandscheibenschäden, so kann die Bandscheibenprothese die Beschwerden nicht beheben. Deshalb ist sie etwa bei Erkrankungen wie Wirbelkanalverengung (Spinalkanalstenose) oder Wirbelgleiten (Spondylolisthese) nicht angebracht. Es gibt auch weitere Gründe, die gegen das Bandscheibenimplantat sprechen können. Bei älteren Patienten mit weiteren Verschleißerscheinungen kommt die Prothese eher nicht in Frage. Osteoporose ist ebenfalls eine Erkrankung, bei der die Bandscheibenprothese nicht angezeigt ist und sogar zu Schwierigkeiten führen könnte.
Eine Bandscheibenprothese soll die Aufgabe erfüllen, die auch eine natürliche Bandscheibe ausübt. Sie muss Stöße abpuffern und eine Bewegung zwischen den Wirbelkörpern ermöglichen. Die künstliche Bandscheibe wird aus Kunststoff und in der Regel auch Metall hergestellt.
Bandscheibenprothesen können unterschiedlich aussehen. Eine Prothese kann einen Ersatz der ganzen Bandscheibe oder auch nur des inneren Anteils (Nucleus pulposus) darstellen. In den allermeisten Fällen werden Vollprothesen eingesetzt. Vollprothesen der Bandscheiben bestehen aus einem weichen Innenteil (meist aus Polyäthylen) und einem härteren Außenbereich, der trotzdem elastisch genug ist, Stöße aufzunehmen. Damit imitiert der Aufbau die normale Bandscheibe, die ebenfalls einen weichen Kern und härteren Außenring (Anulus fibrosus) aufweist. Im oberen und unteren Bereich besteht die übliche Bandscheibenprothese aus einem harten, widerstandsfähigen Metall (z. B. Kobalt/Chrom/Molybdän/Titan). Die Prothese hat an den Oberflächen ein biologisch aktives Material, damit sie sich an der Ober- und Unterseite mit dem Knochen verbinden kann. Diese Fähigkeit wird durch eine gezahnte Oberfläche noch verbessert. Zwischen den Metallplatten liegt der elastische Kunststoff.
Wie der Ersatz der Bandscheibe aussieht, hängt auch von der Position ab, in die die Prothese eingesetzt werden soll. Halswirbelsäulen-Bandscheiben haben eine andere äußere Form als Lendenwirbelsäulen-Bandscheiben.
Die Prothese für die Bandscheibe wird in einer Operation eingepflanzt, die entweder offen chirurgisch oder über kleine Zugänge (minimal-invasiv) erfolgen kann. Die geschädigte Bandscheibe wird zunächst aus dem Körper geholt. Die Flächen der beiden Wirbelkörper, zwischen denen die Bandscheibe sich befand, werden vorbereitet, damit sie mit der Prothese verwachsen können.
Vor der Bandscheibenoperation muss festgestellt werden, welche Maßnahme im gegebenen Fall am sinnvollsten ist. Dazu muss der Arzt eine Patientenbefragung (Anamnese), eine einfache Untersuchung vor allem des Rückens durchführen sowie spezielle Untersuchungsmethoden anwenden. Am wichtigsten sind bildgebende Untersuchungen wie Röntgen oder MRT (Magnetresonanz- oder Kernspintomographie). Damit eine feste Diagnose möglich ist, dass die Bandscheibenschäden die Rückenschmerzen verursachen, wird eine weitere bildgebende Methode namens Diskographie vorgenommen. Das ist eine Röntgendarstellung mit Einspritzen eines Kontrastmittels in den Bandscheibenraum, bei dem der Patient aber auch mitwirken muss (z. B. mögliche Schmerzen beschreiben). Schließlich stellt der Arzt nach den Untersuchungen fest, ob bei dem Patienten eine Bandscheibenprothese in Frage kommt oder ob dies nicht angebracht ist.
Der Patient wird zur Einsetzung der Bandscheibenprothese normalerweise stationär aufgenommen und muss nach dem Eingriff einige Tage in der Klinik bleiben. Die Operation wird nicht vom Rücken her vorgenommen, sondern von vorne aus, also vom Bauch aus oder von der Halsvorderseite. Die Operation ist nicht in allen Fällen gleich, sondern variiert je nach den Gegebenheiten. Eine Vollnarkose wird eingeleitet. Dann verschafft sich der Operateur einen Zugang zur betroffenen Bandscheibe über einen Hautschnitt an der Körpervorderseite. Der Zugang wird, abhängig von der Lage der Bandscheibe, durch verschiedene Strukturen vorsichtig weitergeführt. Der Operateur muss genau darauf achten, keine wichtigen Nerven oder Blutgefäße zu verletzen. Die geschädigte Bandscheibe, die ersetzt werden soll, wird entfernt. Dann werden die angrenzenden Flächen der Wirbelkörper vorbearbeitet, der Zwischenraum wird noch weiter aufgespreizt. Nun kann die Bandscheibenprothese eingeführt werden. Die Position des Bandscheibenersatzes wird mittels Röntgendurchleuchtung während der Operation überprüft. Sitzt sie richtig, so kann die Operation durch Vernähen der eröffneten Strukturen beendet werden. Häufig wird ein Drainageschlauch eingeführt, der nach wenigen Tagen wieder entfernt werden kann. Ein Verband wird angebracht.
Mit einer Operationsdauer zwischen einer und anderthalb Stunden ist in der Regel zu rechnen, wenn eine Bandscheibe ersetzt werden soll. Falls mehrere Bandscheibenprothesen eingesetzt werden sollen, verlängert sich die Dauer dementsprechend.
Die Operation kann zu unterschiedlichen Komplikationen führen, im Allgemeinen sind schwerwiegende Auswirkungen relativ selten. Der jeweilige Schnitt für den Zugang kann Blutungen und Nachblutungen, Blutergüsse, Wundheilungsstörungen und Narben bedingen. Auch sind Infektionen möglich. Die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen an den Wunden ist etwas größer als bei Wirbelsäulenoperationen, die von der Hinterseite des Körpers aus durchgeführt werden. Nerven können unter Umständen verletzt werden, woraus Lähmungserscheinungen oder Sensibilitätsstörungen resultieren können. An der Bauchdecke kann es zu einem Narbenbruch (Narbenhernie) kommen. Innere Organe wie Darm oder Blase können durch den Eingriff von vorne verletzt werden. Auch an der Bandscheibenprothese selbst kann es zu Problemen kommen, sie kann z. B. verrutschen oder sich lockern und auf Dauer verschleißen.
Damit der Wirbelsäulenbereich nach der OP stabil bleibt, trägt der Patient für etwa sechs Wochen ein spezielles Stützkorsett. Im Anschluss ist meist wieder eine normale Belastung der Wirbelsäule möglich. Zu diesem Zeitpunkt sollte auch eine weitere Röntgenuntersuchung erfolgen, mit der der Arzt den Genesungsverlauf überprüft. Schonende Krankengymnastik ist schon in der frühen Phase nach dem Eingriff sinnvoll. Fäden können nach etwa 10 bis 12 Tagen vom Arzt gezogen werden.
Der Patient sollte sich nach der Rückenoperation körperlich schonen. Auf langes Sitzen (mehr als eine Stunde) sollte verzichtet werden. Eine normale (nicht zu rückenbelastende) Arbeit ist nach sechs bis zwölf Wochen in der Regel möglich. Während der sechs Wochen nach dem Eingriff sollte der Patient nichts hochheben und keine schweren Gegenstände tragen. Zu beachten ist außerdem, dass bestimmte rückenbelastende Sportarten erst wesentlich später (bis zu einem halben Jahr) nach der Operation ausgeübt werden können. Dies wird mit dem Arzt besprochen.
Mit der Bandscheibenprothese kann die Bewegungsfähigkeit der Wirbelsäule wieder verbessert beziehungsweise bestehen bleiben. Die volle Funktion kann nach relativ kurzer Zeit wieder erreicht werden. Die Beschwerden (insbesondere Rückenschmerzen) können meist beseitigt werden. Weil die Bandscheibenprothetik ein recht neues Gebiet ist, lässt sich die Prognose auf lange Sicht aber nicht genau bestimmen. Die zumindest mittelfristigen Erfolge lassen darauf schließen, dass es sich bei der Bandscheibenprothese insgesamt um eine erfolgreiche und sinnvolle Methode handelt. Voraussetzung ist dabei, dass das relativ eng umsteckte Einsatzgebiet beachtet wird. Es ist zu erwarten, dass die Implantation von künstlichen Bandscheiben bald noch öfter durchgeführt wird.
aktualisiert am 14.12.2020