Die Behandlung einer Augenverletzung ist bei Kindern nicht grundlegend anders als bei Erwachsenen. Doch es gibt einige Unterschiede, die eher mit der Situation zu tun haben, dass der Patient ein Kind ist, als mit dem Auge an sich.
Säuglinge und Kleinkinder können ihre Beschwerden nicht oder nicht genau beschreiben. Erwachsene oder Ärzte erfahren nicht viel über ihre Beschwerden am Auge. Wenn kleine Kinder nicht mehr so gut sehen wie vorher, können sie das nicht auf verbale Weise mitteilen. Bei Schmerzen oder deutlichen Einschränkungen ist am Verhalten des Kindes abzusehen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Es weint oder ist unruhig und aufgewühlt.
Erwachsene oder ältere Kinder, die beim Verletzungsgeschehen dabei waren, können es gegebenenfalls beschreiben. Oft sind aber keine guten Informationen über das Ereignis zu bekommen. Dann ist der Befund aus der Untersuchung für den Augenarzt das wichtigste Mittel, herauszufinden, was passiert ist.
Prinzipiell können beim Kind die gleichen Verletzungen wie beim Erwachsenen auftreten. Bestimmte Verletzungen wie z. B. ein unachtsamer Umgang mit alltäglichen Gegenständen sind bei Kindern häufiger, während etwa Arbeitsunfälle praktisch wegfallen. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass es sich bei den Kindern häufig um nicht so schwere Verletzungen handelt. Dennoch können gefährliche Unfälle passieren, aus denen starke Schädigungen des Auges mit bleibenden Folgen entstehen.
Verletzungen am Auge können sich durch Symptome wie
bemerkbar machen.
Besonders schwere Verletzungen sind meist als solche zu erkennen, etwa wenn der Augapfel nicht intakt ist, das Auge (die Hornhaut) massiv getrübt ist oder eine Wunde am Lid besteht.
Hat sich ein Kind am Auge verletzt, dann sollte sich eine Vertrauensperson umgehend darum kümmern. So weit es geht, sollte der Betroffene beruhigt werden. Das Kind sollte davon abgehalten werden, das verletzte Auge zu berühren und daran zu reiben. Am Unfallhergang (falls sich dieser ermitteln lässt) und am Anblick lässt sich im Großen und Ganzen die Schwere der Augenverletzung erkennen. Bei vermutlich schwerwiegenden Verletzungen sollte ein Notarzt gerufen werden.
Eine häufige Situation am Auge ist, dass sich ein Fremdkörper verfangen hat. Fremdkörper sind meist klein und oberflächlich (z. B. Holzsplitter, Sandkörner, kleine Insekten, Metallspritzer vom Flexen). Sie finden sich oft auf der Bindehaut unter den Lidern, gelegentlich auch auf der Hornhaut. Selten handelt es sich um einen Fremdkörper, der in das Innere des Auges vorgedrungen ist - dies kann schwere Schäden und Entzündungen provozieren.
Bei den oberflächlichen Fremdteilchen auf dem Auge kommt es zu einer Augenreizung, zu einem Gefühl, dass etwas im Auge ist. Das Kind wird die Tendenz haben, am Auge zu reiben. Gelegentlich können solche Fremdkörper einfach entfernt werden. Helfer sollten in dem Fall unbedingt darauf achten, dass das Auge nicht weiter geschädigt wird - ein vorsichtiges Handeln ist erforderlich. Zur Entfernung von Bindehaut-Fremdkörpern wird das Oberlid beziehungsweise das Unterlid umgeklappt. Der sichtbare Fremdkörper kann beispielsweise mit einem sauberen Wattestäbchen oder Taschentuch herausgewischt werden. Bei Sand, Staub oder Ähnlichem spült man das Auge mit klarem Wasser aus.
Gelingt die Entfernung von Fremdkörpern nicht oder handelt es sich um ein "Pünktchen" auf der Hornhaut (dem durchsichtigen Bereich des Auges), dann sollte es sich ein Augenarzt anschauen. In der Zwischenzeit kann ein lockerer Verband (ohne dass er drückt) an beiden Augen angebracht werden. Dies vermindert die Bewegung der Augen. Das Kind sollte mit dem Augenverband, durch das es nicht sehen kann, nicht alleine gelassen werden, damit es keine Angst bekommt.
Eine weitere häufige Verletzung im Kindesalter ist die Hornhautabschürfung oder Erosio corneae. Es kann dazu kommen, wenn beispielsweise ein Ast oder ein Fingernagel in das Auge geraten ist. Ein vergleichbarer Kratzer kann nach einer Fremdkörperentfernung von der Hornhaut bestehen. Der oberflächliche Hornhautdefekt ist schmerzhaft, aber geht in den meisten Fällen nach 24 bis 48 Stunden wieder zurück. Ein Arzt verschreibt eine Augensalbe und sieht nach, ob gegebenenfalls weitere Schäden oder ein Fremdkörper vorhanden sind.
Ein Schlag auf den Augapfel kann zu unterschiedlichsten Schäden am und im Auge führen. Die Folgen einer solchen Augapfelprellung (Contusio bulbi) können Veränderungen der Hornhaut, der Linse oder der Netzhaut sein oder auch ein Bruch der knöchernen Augenhöhle. Solche Vorfälle sollten immer vom Arzt beurteilt werden, damit möglichen Schädigungen entgegengewirkt werden kann.
Verletzungen beim Kind, die mit Augenschäden einhergehen können, sollten eine ärztliche Untersuchung veranlassen. Die Augen müssen auch bei Kindern untersucht werden, die gewaltsam geschüttelt wurden. Nicht nur können gefährliche körperliche Schäden bis hin zum Tod vorkommen, sondern auch im Auge können Blutungen unterhalb der Netzhaut eintreten. Diese können das Sehen erheblich einschränken und, wenn sie nicht rechtzeitig beseitigt werden, zu einer Amblyopie (Schwachsichtigkeit des Auges) führen.
Verätzungen sind sehr schwerwiegende Vorfälle für das Auge. Gelangen Chemikalien (Säuren, Laugen) auf das Auge, dann ist es gefährdet, dass die Hornhaut oder auch andere Strukturen massiv und langfristig geschädigt werden. Kinder erlangen eine Verätzung beispielsweise durch aggressive Reinigungsmittel im Haushalt. Bei einer Verätzung der Augen ist eine sofortige Spülung notwendig, um das Sehorgan möglichst intakt zu halten. Die Spülung sollte mit klarem Wasser erfolgen, kann aber auch mit anderen neutralen Flüssigkeiten erfolgen, die in der Nähe sind, z. B. Limonade. Auf keinen Fall sollte Milch oder Ähnliches verwendet werden. Notfalls muss zum Spülen das Auge straff auseinandergehalten werden. Die Spülflüssigkeit darf nicht in das gesunde Auge gelangen. Verbrennungen, die ebenfalls bei Kindern am Auge vorkommen, erfordern gleichermaßen ein Ausspülen des Auges. Bei Verätzungen und Verbrennungen sollte so schnell wie möglich ein augenärztlicher Notdienst aufgesucht werden oder der Notarzt gerufen werden. Für die Mediziner ist es wichtig, dass sie wissen, welche Substanz die Verätzung ausgelöst hat - eventuelle Flaschen oder Etiketten sollten mitgebracht oder mitgegeben werden.
Die Augen können bei Babys und sehr kleinen Kindern ohne Weiteres nur orientierend untersucht werden. Ein Sehtest kann bei sehr jungen Kindern mit Verwendung eines Streifenmusters erfolgen, für etwas ältere Kleinkinder stehen weitere Tests zur Verfügung wie die sogenannten E-Haken. Größere Kinder bekommen einen gewöhnlichen Sehtest mit Zahlen oder Buchstaben. Sofern das Kind stillhalten kann, werden die gleichen Untersuchungen wie bei älteren Patienten vorgenommen inklusive Betrachtung des Vorder- und Hinterabschnittes durch den Arzt und gegebenenfalls einer Augendruckmessung.
Auch wenn kleine Kinder möglichst nicht verschüchtert werden sollen, ist es manchmal unumgänglich, etwas "grob" mit dem Patienten umzugehen, damit eine gute Untersuchung vorgenommen werden kann. Schlimmer wäre es, das Kind nicht eingehend genug zu untersuchen, dabei Schäden zu übersehen und es nicht richtig zu behandeln. Hält der Augenarzt bei einem Säugling oder kleinen Kind eine genaue Untersuchung für notwendig, die beim "nicht mitmachenden" Patienten nicht möglich ist, dann muss diese gegebenenfalls in Narkose erfolgen. Auch Behandlungsmaßnahmen, die beim Erwachsenen relativ problemlos durchgeführt werden können, benötigen mitunter beim Kind eine Vollnarkose. Der Augenarzt wird die jeweils notwendigen Schritte durchführen, eine möglichst gute Funktion des Auges wiederherzustellen und zu erhalten.
Der Organismus von Kindern ist noch in einer Art Lernphase und kann sich innerhalb kurzer Zeit an neue Zustände gewöhnen. So kann sich eine Störung namens Amblyopie oder Schwachsichtigkeit entwickeln. Die Amblyopie kann bestehen, obwohl das Auge (wieder) problemlos funktioniert. Das Auge wurde jedoch, bereits wenn es einige Tage nicht gebraucht wurde, vom Gehirn "abgeschaltet". Die Möglichkeit der Amblyopie muss bedacht werden, wenn beim Kind eine Verletzung besteht oder ein Augenverband angelegt wird. Das Auge darf nicht zu lange abgedeckt werden und ebenfalls nicht unbehandelt und getrübt bleiben, damit die optimale Sehfähigkeit nicht "wegtrainiert" wird.
Besser als jede Behandlung einer eingetretenen Verletzung ist die Vorbeugung. Gerade bei Kindern können viele Gefahrenherde aus ihrem Aktionsradius beseitigt werden.
Chemikalien des Haushalts werden so gelagert, dass sie Kinder nicht erreichen können. Das gilt unter anderem für Reinigungsmittel, Lacke, Lösungsmittel und für Kalk. Außerdem helfen kindersichere Verschlüsse.
Scharfe und spitze Objekte dürfen ebenfalls nicht in die Hände von kleinen Kindern gelangen. Der bekannte Spruch "Messer, Gabel, Schere, Licht dürfen kleine Kinder nicht" hat durchaus seine Berechtigung. Im Einzelfall muss abgewägt werden, ob die Benutzung unter Aufsicht zu verantworten ist. Auch Pfeile (Dart, Bogenschießen) gehören nicht oder nur unter größtmöglicher Sorgfalt in die Hände von Kindern.
Für kleine Kinder ist es gefährlich, mit länglichen Objekten durch die Gegend zu laufen, weil sie darauf fallen könnten und diese ins Auge pieksen könnten. Bleistifte, Kugelschreiber oder Äste fallen unter diese Kategorie. Kleinkinder halten so etwas - wenn sie es überhaupt tragen - am besten mit dem spitzen Ende nach unten.
aktualisiert am 16.11.2023