Die Augenbewegung (medizinischer Fachbegriff: Okulomotorik) beschreibt alle bewusst oder unbewusst ablaufenden Bewegungen des Auges. Neben der Muskulatur sind verschiedene Regelsysteme für die korrekte Bewegung verantwortlich. Für die visuelle Orientierung, zum Scharfstellen von Gegenständen in verschiedenen Entfernungen mit beiden Augen und zum Wahrnehmen von Bewegungen kann der kugelige Augapfel in sämtliche Richtungen gedreht werden. Ermöglicht wird die Bewegung durch die verschiedenen Augenmuskeln.
Unterschieden werden die äußeren Augenmuskeln sowie die inneren Augenmuskeln. Die äußeren Augenmuskeln liegen dem Augapfel außen an und dienen der bewussten und unbewussten Beweglichkeit des Augapfels. Es handelt sich um vier gerade und zwei schräg verlaufende Muskeln:
Die innere Augenmuskulatur ist nicht willkürlich steuerbar. Sie ist für eine Scharfstellung von Gegenständen und zur Weit- oder Engstellung der Pupille in Abhängigkeit von den Lichtverhältnissen nötig. Es sind drei Muskeln zu unterscheiden:
Die äußeren Augenmuskeln ermöglichen die im Folgenden beschriebenen Bewegungen der Augen.
Drehbewegung (Duktion) eines Auges:
Bewegung beider Augen zur gleichen Zeit in dieselbe Richtung (Version):
Bewegung beider Augen in unterschiedliche Richtungen (Vergenz):
Rollbewegungen (Torsion) können in gewissem Umfang ebenfalls ausgeübt werden.
Außerdem laufen noch unbewusst und unbemerkt Mikrobewegungen ab. Sie dienen der Fixationskontrolle und laufen ab, selbst wenn das Auge scheinbar ruhig auf einen Punkt blickt. Dadurch weicht das Auge nicht immer wieder von dem fixierten Objekt ab und es kommt nicht zu einer zu starken Anpassung des Seheindrucks, bei dem sich die Wahrnehmung abschwächt.
Damit Augenbewegungen koordiniert ablaufen, bewegte Abläufe verfolgt oder beispielsweise Blicksprünge beim Lesen gemacht werden können, spielen neben den Augenmuskeln auch Nerven und bestimmte Bereiche im Gehirn eine entscheidende Rolle.
Verschiedene Erkrankungen können zu einer Störung der Augenbewegung oder auch zu Augenfehlstellungen führen. Ursache sind Muskelerkrankungen, Hirnerkrankungen oder Nervenerkrankungen. Da die Hirnbereiche zur Steuerung der Augenmuskeln auch mit dem Gleichgewichtssinn im Innenohr in Verbindung stehen, können auch Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen Augenbewegungsstörungen verursachen.
Schon geringe Störungen der Augenbewegung werden von Betroffenen als Doppelbilder wahrgenommen. Weitere Beschwerden sind:
Augenbewegungsstörungen können unter anderem verursacht werden durch:
Je nach Art der Augenbewegungsstörung kommen verschiedene Ursachen in Frage.
Um im Gehirn ein dreidimensionales Bild zu erhalten, werden die Augen normalerweise in dieselbe Richtung bewegt. Beim Schielen liegt eine Augenmuskelgleichgewichtsstörung vor, so dass die Augen zeitweise oder dauerhaft in eine unterschiedliche Richtung blicken. Bei geringgradigen Abweichungen der Sehachse von der Normalform hat Schielen keinen Krankheitswert. Andere Formen des Schielens führen jedoch zu einer schweren Sehbehinderung. Schielen kann eine angeborene Augenbewegungsstörung sein oder durch Unfälle oder als Folge einer anderen Erkrankung verursacht werden.
Manifestes Schielen (Heterotropie) ist die Bezeichnung für eine dauerhafte Abweichung der Blickrichtung eines Auges. Unabhängig von der Ursache hat das manifeste Schielen immer einen Krankheitswert. Latentes Schielen (Heterophorie) beschreibt hingegen den Zustand, dass die Augenstellung nur leicht abweicht, was im Alltag ausgeglichen wird.
Beim Begleitschielen sind die Sehachsen beider Augen unterschiedlich ausgerichtet. Im Gegensatz zum latenten Schielen kann dieses Ungleichgewicht der Augenmuskeln nicht ausgeglichen werden. Das Begleitschielen tritt in der Regel vor dem zweiten Lebensjahr auf oder Kinder werden bereits damit geboren. Die häufigste Form des Begleitschielens ist das Einwärtsschielen, das sich schon vor dem sechsten Lebensmonat entwickelt. Betroffene können nur ein Auge benutzen, um Dinge anzublicken, das andere – schielende – Auge ist in Richtung Nase einwärtsgedreht. Bei einseitigem Schielen hat das veränderte Auge in der Regel eine Schwachsichtigkeit (Amblyopie), ein Zustand, bei dem das Auge nicht gut sieht, weil das Gehirn den Seheindruck herunterreguliert. Wenn beide Augen betroffen sind, besteht meist eine Weitsichtigkeit. Bei nur leichter Abweichung der Augenstellung wird das Begleitschielen bei Kindern jedoch oft übersehen, was zu einer zu späten Diagnose führt.
Unbehandelt kann durch das Begleitschielen eine dauerhafte, nicht mehr rückgängig machbare Schwachsichtigkeit (Amblyopie) entstehen, die sich im Schulkinderalter bemerkbar macht. Um das zu verhindern, ist eine möglichst frühe Diagnose zu stellen. Nur so kann eine gute Sehfähigkeit erreicht werden.
Neben der typischen Augenstellung können weitere Hinweise für Begleitschielen auftreten. Dies können Kopfschiefhaltung, Lichtüberempfindlichkeit, Kopfschmerzen, Leseschwäche, Konzentrationsstörungen, Blinzeln, brennende Augen, Vorbeigreifen an Gegenständen oder Augenzittern sein.
Begleitschielen ist ursächlich nicht behandelbar. Ziel einer Therapie ist es, mit beiden Augen einen räumlichen Seheindruck zu gewinnen, die volle Sehschärfe zu erlangen und eine akzeptable kosmetische Augenstellung zu erhalten. Dies wird beispielsweise mit Okklusionstherapie (abwechselndes Abdecken eines Auges mit einem Pflaster), Brillenkorrektur (im Erwachsenenalter mit Prismengläsern) oder Fusionsschulung (Augentraining) erreicht. Bei starken, besonders seelisch belastenden Beschwerden erfolgt eine Operation der Augenmuskeln.
Das Lähmungsschielen ist eine Form der Augenabweichung, die plötzlich auftritt und durch eine Lähmung der Augenmuskeln verursacht wird. Je nachdem, welcher Nerv und somit welche Muskeln betroffen sind, kann die Schielrichtung entsprechend ausfallen. Typische Symptome sind das plötzliche Sehen von Doppelbildern, Schwindel, Herabhängen des Oberlids (falls der Oculomotorius-Nerv betroffen ist), Kopfschmerzen und Übelkeit.
Ursache für Lähmungsschielen können sein:
Je nachdem, welcher Hirnnerv geschädigt ist, werden folgende Lähmungen unterschieden:
Das Lähmungsschielen kann spontan wieder verschwinden (häufig, wenn es durch Durchblutungsstörungen hervorgerufen wird). Die Behandlung des Lähmungsschielens richtet sich gegen die auslösende Ursache. Als Sofortbehandlung zur Vermeidung von Doppelbildern kann eine Prismenfolie auf ein Brillenglas geklebt werden oder das schielende Auge abgedeckt werden (zum Beispiel mit einer Augenklappe oder mit einer Mattfolie auf dem Brillenglas). Wenn das Lähmungsschielen länger als ein Jahr besteht, kann ein operativer Eingriff zur Geradestellung des Auges durchgeführt werden. Die ursprüngliche Augenbeweglichkeit kann dadurch jedoch nicht wiederhergestellt werden.
Dazu gehören:
In Ruhelagen haben die Augen keine exakt parallele Stellung. Das Gehirn ist normalerweise in der Lage, diese Abweichung der Augenstellung auszugleichen, sobald ein Gegenstand fixiert wird (sogenannte Fusion). Etwa 80 Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen. Solange dieser Zustand keine Probleme verursacht, was meistens der Fall ist, wird dies als Normophorie bezeichnet. Vermehrte Computerarbeit, Stress, Alkoholkonsum oder andere Auslöser führen zu Problemen in diesem Ausgleich, was Sehstörungen auslösen kann. Begleitend kommt es zu Beschwerden wie Schwindel, Kopfschmerzen, Augenbrennen, Doppelsichtigkeit oder Übelkeit.
Wenn bei einem latenten Schielen die Abweichung der Augenstellung stark ist oder eine Fusion nur schwer aufrechtzuerhalten ist, können Prismengläser verordnet werden. Dabei handelt es sich um spezielle Brillengläser, die Lichtstrahlen umlenken und damit Doppelbilder zu einem Bild zusammenführen. Der Nachteil der Prismengläser ist, dass sich das Sehsystem mit der Zeit daran gewöhnen kann und so die Prismengläser ihre Wirkung verlieren.
Beim Nystagmus (umgangssprachlich Augenzittern) handelt es sich um eine Erkrankung, bei der beide Augen zeitgleich in dieselbe Richtung zucken oder zittern. Am häufigsten treten horizontale Bewegungen auf, vertikale oder rotierende sind seltener. Nach Art des Auftretens können folgende Formen unterschieden werden:
Abzugrenzen von einem Nystagmus als krankhafte Störung ist der physiologische Nystagmus ohne Krankheitswert. Dieser ist wichtig für die Anpassung der Augen an die Bewegung des Körpers oder an die Umwelt (auch optokinetischer Nystagmus genannt).
Ein Nystagmus kann entweder im Laufe des Lebens auftreten (erworben) oder bereits angeboren sein. Der angeborene Nystagmus ist in der Regel harmlos und wird nicht stärker. Nur sehr selten ist die Ursache eine angeborene Augenerkrankung, die zu einem Sehverlust führen kann. Daher sollten Kinder mit Augenzittern immer von einem Augenarzt untersucht werden. Ansonsten wird das Augenzittern von den betroffenen Kindern nicht wahrgenommen. Bei stark ausschlagenden Augenbewegungen kann eine Sehschärfeminderung auftreten, die durch einen chirurgischen Eingriff verbessert werden kann.
Der erworbene Nystagmus kann entstehen durch:
Die Behandlung des Augenzitterns ist abhängig von der auslösenden Ursache und der Ausprägung der Beschwerden:
Augenbewegungsstörungen können ein Hinweis auf eine schwere Erkrankung sein. Wenn sie früh erkannt werden, kann der Krankheitsverlauf gegebenenfalls verzögert werden. Deshalb sollte bei Schielen oder Problemen mit der Augenbewegung ein Arzt aufgesucht werden, vor allem dann, wenn dies neu in Erscheinung tritt.
Folgende Untersuchungen werden bei Augenbewegungsstörungen von einem Facharzt für Augenheilkunde (Ophthalmologe) oder für Nervenerkrankungen (Neurologe) oder von einer Fachkraft für Augenbewegungsstörungen (Orthoptist) durchgeführt:
Nach Rücksprache mit dem Augenarzt können verschiedene Augenübungen helfen, die Augenmuskulatur zu trainieren, die Beweglichkeit zu fördern und durch Entspannungsübungen den Sehstress zu reduzieren.
Zum Beispiel hilft ein Augentraining, schielende Augen besser zu kontrollieren und zu stabilisieren. Eine einfache Übung wird folgendermaßen durchgeführt: Ein Finger wird etwa 20 Zentimeter vor die Augen gehalten und abwechselnd werden Finger und Hintergrund scharfgestellt. Anschließend wird der Finger fokussiert und dabei langsam auf die Nase hin und wieder weg geführt.
blickcheck.de – Okulomotorik (Augenbewegung): https://www.blickcheck.de/auge/funktion/okulomotorik/ (online, letzter Abruf: 14.05.2021)
pro visu – Nystagmus, pathologischer: https://www.provisu.ch/de/allgemeinerkrankungen/nystagmus-pathologischer.html#ursachen (online, letzter Abruf: 14.05.2021)
Hippocampus Verlag, Frank Thömke – Augenbewegungsstörungen: https://www.hippocampus.de/Augenbewegungsstoerungen.63656.html (online, letzter Abruf: 14.05.2021)
LMU Klinikum – Augenbewegungsstörungen: https://www.lmu-klinikum.de/schwindelzentrum/fur-patienten/augenbewegungsstorungen/8dd3f4b0fc020387 (online, letzter Abruf: 14.05.2021)
aktualisiert am 14.05.2021