Die Augenbewegung (Okulomotorik) besteht aus allen bewusst oder unbewusst ablaufenden Bewegungen des Auges in verschiedene Richtungen mit Hilfe der Augenmuskulatur. Um die vielen verschiedenen Bewegungen ausführen zu können, setzen sechs verschiedene Augenmuskeln außen am Augapfel an. Neben der äußeren Augenmuskulatur gibt es noch die innere Augenmuskulatur, die für die Scharfstellung von Gegenständen und zur Weit- oder Engstellung der Pupille nötig ist. Damit Augenbewegungen koordiniert ablaufen, gibt es einen festen Regelkreis von der Netzhaut über Sehnerv, Gehirn und Nerven bis hin zu den Augenmuskeln. Aufgrund von Erkrankungen und Verletzungen kann es zu Schmerzen während der Augenbewegung kommen.
Wenn die Augen während der Bewegung schmerzen, kann die Ursache insbesondere eine Erkrankung oder ein Schaden des Sehnerven oder der Augenmuskulatur sein.
Augenmuskelentzündung (okuläre Myositis)
Wenn einer oder mehrere der sechs Augenmuskeln entzündet sind, wird dies als okuläre Myositis (Augenmuskelentzündung) bezeichnet. Dieses seltene Krankheitsbild führt zu Schmerzen bei Bewegung des Auges und zu typischen Entzündungsanzeichen wie Wärme, Schwellung und Rötung der Haut, die den Augapfel umgibt. Außerdem kann es zu einer Funktionseinschränkung der Augenbewegung kommen, sodass oft nicht mehr komplett in eine Richtung geschaut werden kann. Die beiden Augen weichen in der Blickrichtung voneinander ab, was Betroffene als Doppelbilder wahrnehmen. Je nach Ursache der Augenmuskelentzündung kann es zu weiteren Symptomen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen kommen.
Die folgenden Ursachen können zu einer Augenmuskelentzündung führen:
Autoimmunerkrankung: Immunzellen greifen körpereigene Zellen an und führen dadurch zu einer Entzündungsreaktion. Wenn Augenmuskelzellen angegriffen werden, kann dies zu einer Augenmuskelentzündung führen. Rheumatische Erkrankungen wie systemischer Lupus erythematodes gehören hier zu den möglichen Ursachen.
Augenentzündung: Eine Entzündung der Lederhaut (Skleritis) kann zusätzlich eine Augenmuskelentzündung mit sich bringen. Eine Infektion des Auges mit verschiedenen Krankheitserregern wie Bakterien oder Viren kann sich ebenfalls in seltenen Fällen auf die umgebende Augenmuskulatur ausbreiten.
Entzündung von Gehirn oder Hirnhäuten: Infektionen mit Bakterien (zum Beispiel Borrelien bei einer Borreliose) oder Viren (zum Beispiel Herpesviren, FSME-Viren) können sich von Gehirn oder Hirnhäuten über das Nervenwasser oder den Sehnerven auf die Augenmuskeln ausbreiten.
Verletzung: Über eine Verletzung im Bereich der Augenhöhle können Krankheitserreger eindringen.
Weitere Infektionskrankheiten: Dazu gehört eine Infektion mit HIV.
Die Behandlung der Augenmuskelentzündung richtet sich nach der auslösenden Ursache. Wenn eine Infektion mit Bakterien vorliegt, werden Antibiotika eingesetzt, bei Autoimmunerkrankungen können gegebenenfalls Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems verordnet werden. Unterstützend helfen entzündungshemmende Schmerzmittel als Tabletten oder in Form von Augentropfen.
Sehnervenentzündung (Optikusneuritis)
Eine Entzündung des Sehnerven wird durch verschiedene Erkrankungen ausgelöst. Typische Symptome sind ein plötzlich auftretender teilweiser oder vollständiger Sehverlust und Augenschmerzen, besonders in Bewegung.
Zu den Ursachen einer Optikusneuritis (Sehnerventzündung) gehören:
Multiple Sklerose:Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, die das Nervensystem befällt. Die Umhüllungen der Nervenzellen (sogenannte Myelinscheiden), die für die Erregungsweiterleitung eine wichtige Rolle spielen, werden dabei vom eigenen Immunsystem zerstört (Demyelinisierung). Die ersten Symptome der Erkrankung sind häufig Sehstörungen, die durch schubweise auftretende Entzündungen des Sehnerven verursacht werden. Es kommt zu abnehmender Sehschärfe, Doppelbildern, Gesichtsfeldausfällen und Augenbewegungsschmerzen. Im weiteren Verlauf treten (schmerzhafte) Gefühlsstörungen der Haut mit Taubheitsgefühl auf. Die Patienten leiden unter fortschreitenden Lähmungserscheinungen, zunächst mit Steifigkeit (spastische Lähmung) der Beine, Blasenentleerungsstörungen, leichter Erschöpfung, nachlassender Konzentration. In wenigen Fällen (etwa fünf Prozent) führt die Erkrankung zu schweren Beeinträchtigungen, häufiger verläuft sie jedoch zu Beginn schubweise mit wechselnden Symptomen und bleibt dann über lange Zeit stabil. Die Behandlung soll das Fortschreiten der Erkrankung verhindern, Beschwerden bei akuten Schüben lindern und die beschwerdefreie Zeit verlängern. Es handelt sich um eine Kombination aus Medikamenten (zum Beispiel Cortison), Physiotherapie, Ergotherapie (Therapie zur Verbesserung von alltäglichen Tätigkeiten), neuropsychologischer Therapie und Psychotherapie.
Infektionskrankheiten: Verschiedene Infektionen mit Bakterien oder Viren können den Sehnerv befallen. Ein Beispiel ist die Borreliose, eine durch Zecken übertragene bakterielle Infektion. Zu Beginn der Erkrankung kann es zu einer Hautrötung im Bereich des Zeckenbisses kommen, der sich nach außen ausbreitet (sogenanntes Erythema migrans). In einigen Fällen kommt es zeitgleich zu Fieber, Kopfschmerzen oder Gelenkschmerzen. Wochen bis Monate nach der Infektion kann es zu einer Beteiligung der Gelenke, des Nervensystems oder auch des Herzens kommen. Es kann zu Gelenkentzündungen mit Schmerzen, Schwellung und Rötung kommen. Entzündungen, die die Nerven betreffen, führen zu Lähmungserscheinungen, beispielsweise an den Händen oder im Gesicht. Wenn der Sehnerv befallen ist, kommt es zu verschiedenen Sehstörungen oder plötzlich auftretendem Sehverlust sowie Augenbewegungsschmerzen. Die Borreliose wird in Abhängigkeit des Stadiums mit verschiedenen Antibiotika behandelt (Doxycyclin zu Beginn der Erkrankung oder Ceftriaxon, wenn sie weiter fortgeschritten ist).
Autoimmunkrankheiten: Das Immunsystem greift dabei den Sehnerv an. Dies kann auch bei rheumatischen Erkrankungen wie Lupus erythematodes auftreten.
Erkältungskrankheiten
Augenbewegungsschmerzen treten häufig bei Erkältungskrankheiten oder der Grippe auf. Ursache ist meist eine Entzündung der Nasennebenhöhlen. Im Rahmen der Entzündung kommt es zu einer Schwellung der Schleimhäute und einer schlechteren Durchlüftung. Der Druck in den Nasennebenhöhlen und der benachbarten Augenhöhle erhöht sich. Schließlich sind auch Sehnerv und Augenmuskel von der Drucksteigerung betroffen, was zu typischen Schmerzen bei der Augenbewegung führt. Für die Behandlung können abschwellende oder sekretlösende Medikamente in Form von Nasentropfen oder Sprays, Inhalationen oder Tabletten verordnet werden.
Augenschmerzen anderer Ursache, die bei Bewegung auftreten oder stärker werden
Viele Erkrankungen oder Verletzungen an den Augen sind schmerzhaft. Eine Art Augenbewegungsschmerz stellt sich daher auch bei Störungen ein, die nicht die Augenmuskeln oder den Sehnerv betreffen. Entsprechend wird der Augenschmerz bei Bewegung in diesen Fällen meist weiter vorne am Auge verspürt.
Unter anderem führen folgende Ursachen zu Schmerzen an den Augen, die besonders dann unangenehm sind, wenn diese bewegt werden:
Asthenopie (Beschwerden wie Brennen, Schmerzen und schnelle Ermüdung der Augen, die häufig durch angestrengtes Nahsehen bei schlechter Sehschärfe entstehen)
Wann zum Arzt?
Anhaltende Augenbewegungsschmerzen sollten immer von einem Arzt untersucht werden. Treten weitere Symptome auf, zum Beispiel verschlechtertes Sehen, Bewegungseinschränkungen, Doppelbilder, stark gerötetes Auge oder Allgemeinsymptome wie Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit und Brechreiz oder Muskelschmerzen, sollten Betroffene sich sofort beim Augenarzt vorstellen.
Was macht der Arzt?
Zunächst wird eine allgemeine klinische Untersuchung durchgeführt. Es folgt eine Augenuntersuchung mit Tests zur Untersuchung der Augenfunktion, zum Beispiel:
Pupillenlichtreaktion: Mit einer kleinen Leuchte wird abwechselnd in die Augen geleuchtet und die Pupillenreaktion beurteilt. Gesunde Augen reagieren gleichzeitig mit einer Engstellung der Pupille, egal welches Auge beleuchtet wird.
Sehschärfe: In einem gewissen Abstand wird eine Buchstaben- oder Zahlentafel betrachtet und durch Ablesen der Reihenfolge die Sehschärfe bestimmt.
Augenbeweglichkeit: Die Augen sollen einem Gegenstand folgen, ohne dass der Kopf dabei bewegt wird. Es wird beurteilt, ob die Bewegung schmerzhaft ist, Doppelbilder wahrgenommen werden oder die Bewegung eingeschränkt ist. Der Arzt dokumentiert jede Missempfindung. Normalerweise ist die Augenbewegung nicht spürbar.
Gesichtsfelduntersuchung: Das Gesichtsfeld ist der Bereich, den die Augen wahrnehmen können, ohne dass der Kopf bewegt wird. Mit einem sogenannten Perimeter werden Lichtsignale gesendet, die in verschiedenen Bereichen des Gesichtsfeldes gesehen werden sollten.
seitenvergleichende Untersuchung des Farbsinns
Untersuchung des Augenhintergrunds: Mit Hilfe einer Lichtquelle und verschiedenen Lupen kann der Arzt die Netzhaut, Aderhaut, Blutgefäße und die sogenannte Papille (die Stelle, an der der Sehnerv in die Augenhöhle austritt) untersuchen.
Test der Sehnervenleitfähigkeit: Bei der sogenannten visuell evozierten Potentialmessung werden Elektroden am Kopf angebracht, die nach Reizung des Sehnerven dessen Leitungsgeschwindigkeit bestimmen können.
Bei Verdacht auf Entzündungen des Sehnerven oder der Muskulatur können weitere Untersuchungen wie bildgebende Verfahren (besonders Computertomographie = CT) oder Blutuntersuchungen angeordnet werden.
Anhand der Befunde kann die Ursache der Augenbewegungsschmerzen festgestellt werden, um die richtige Behandlung einleiten zu können.
Quellen anzeigenQuellen ausblenden
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) – Was ist Multiple Sklerose?: https://www.dmsg.de/multiple-sklerose-infos/was-ist-ms/ (online, letzter Abruf: 14.06.2021)
Ratgeber schmerzen.de, Dr. Markus Numberger –Augenschmerzen beim Bewegen des Auges – welche Ursachen stecken dahinter: https://www.ratgeber-schmerzen.de/kopf/gesichtsschmerzen/augenschmerzen/ursachen/ (online, letzter Abruf: 14.06.2021)