Prof. Herth: Asthma ist eine Lungenerkrankung, bei der sich die Atemwege - also die Kanäle, die die Luft von außen in die Lungenbläschen leiten - verengen und verkrampfen. Dadurch kann die Luft schlechter strömen, was zu den typischen Beschwerden führt. Asthma ist also eine Verengung der Atemwege.
Prof. Herth: Asthma kommt sehr häufig vor, ja. Etwa 7 Millionen Deutsche sind betroffen, wobei Allergien vor allem bei jungen Menschen die häufigste Ursache sind. Asthma kann dabei durch Allergien gegen Gräser, Pollen, Tierhaare und Ähnliches verursacht werden. Leider gibt es auch eine Zunahme von Asthma im Erwachsenenalter, d.h. bei Personen über 50 Jahren. Dies wird häufig durch Feinstaub verursacht, der aus kleinen Partikeln besteht, die in der Atmosphäre schweben. Dieser Staub ist mit bloßem Auge nicht sichtbar und sammelt sich über Jahre oder Jahrzehnte in der Lunge an, was zur Entwicklung von Asthma führen kann. Andere häufige Ursachen sind wiederholte Infektionen oder das Rauchen. In Europa und anderen Industrieländern gehören Allergien und Feinstaub zu den häufigsten Ursachen. Darüber hinaus ist eine genetische Veranlagung für die Entwicklung von Asthma erforderlich.
In Europa und anderen Industrieländern gehören Allergien und Feinstaub zu den häufigsten Ursachen.
Prof. Herth: Ein Risikopatient ist typischerweise jemand, der bereits Allergien hat. Die Gefahr besteht darin, dass sich z.B. der Heuschnupfen verschlimmert und es zu einem sogenannten Etagenwechsel kommt. Dabei breitet sich die allergische Reaktion von der Nase in die Bronchien aus. Dieser Prozess kann dazu führen, dass auch die Bronchien betroffen sind. Aus Studien in den USA wissen wir, dass auch Übergewicht Asthma auslösen kann. Dabei geht es nicht nur um ein oder zwei Kilogramm Übergewicht, sondern um deutlich mehr. Stark übergewichtige Menschen haben also ein erhöhtes Risiko, an Asthma zu erkranken.
Prof. Herth: Die Patienten haben drei Beschwerden: Atemnot, Husten und Auswurf. Wir nennen das den "Aha-Effekt". Manche Patienten haben mehr von dem einen und weniger von dem anderen Symptom, andere haben alle drei Beschwerden. Bei leichtem Asthma liegt oft ein chronischer Husten vor, bei dem der Patient ständig husten muss. Bei einer Neigung zur Schleimbildung kommt es eher zu Auswurf.
Prof. Herth: Wenn ein Husten länger als 8 Wochen anhält, spricht man von chronischem Husten. Dieser muss abgeklärt werden. Da der Husten von der Lunge ausgeht, sind natürlich Lungenfachärzte die richtigen Ansprechpartner.
Prof. Herth: Bevor wir mit einer Behandlung beginnen, führen wir zunächst eine Diagnose durch. Dies geschieht oft mit Hilfe eines Lungenfunktionstests, bei dem der Patient in ein Gerät atmet. Das Gerät misst, wie viel Luft er ein- und ausatmen kann und vergleicht diese Werte mit Normwerten, die je nach Geschlecht, Größe, Gewicht und Alter variieren. Weichen die Ergebnisse von den Normwerten ab, insbesondere bei bestimmten Parametern, können wir feststellen, ob der Patient möglicherweise an Asthma leidet. Ist die Diagnose gestellt, haben wir in der Lungenheilkunde den Vorteil, dass Medikamente - ähnlich wie Luft - direkt in die Lunge eingeatmet werden können. Asthma wird heutzutage ambulant behandelt und kann von allen Patienten daheim durchgeführt werden. Für die Behandlung verwenden wir sogenannte Inhalatoren, die es als Spray oder Pulver gibt. Diese werden direkt in die Lunge eingebracht, was eine effiziente Behandlung mit minimalen Dosen ermöglicht.
Die Anwendung des Inhalators wird genau erklärt: Der Deckel muss abgenommen werden und die Inhalation sollte im Sitzen erfolgen. Es gibt spezielle Schulungsprogramme und auch YouTube-Videos, die die Anwendung des gewählten Präparats detailliert erklären. Die Substanzen, die inhaliert werden, gehören drei Hauptklassen an: Kortison reduziert die asthmatische Entzündung, zwei weitere Medikamentenklassen erweitern die verengten Bronchien. Die Auswahl und Kombination der Medikamente in einem Spray richtet sich nach dem Schweregrad des Asthmas - ob leicht, mittelschwer oder schwer - und bestimmt, wie oft der Patient die Medikamente inhalieren muss.
Asthma wird heutzutage ambulant behandelt und kann von allen Patienten daheim durchgeführt werden.
Prof. Herth: Asthma ist in der Regel eine Erkrankung, die wellenförmig verläuft. Es gibt zum Beispiel allergische Asthmatiker, die spezifisch auf Birkenpollen reagieren. Diese Patienten haben nur dann Beschwerden, wenn Birkenpollen in der Luft sind. Außerhalb der Pollenflugzeit, z.B. im Winter, haben sie keine Asthmabeschwerden und benötigen daher auch keine Medikamente. Die Patienten werden daher geschult und lernen zu erkennen, wann sie Medikamente einnehmen müssen und wann sie darauf verzichten können.
Prof. Herth: Die Symptome werden plötzlich schlimmer. Das kann sich durch anhaltenden Husten, zunehmende Atemnot oder dramatisch zunehmende Belastungssymptome bemerkbar machen. In solchen Fällen muss sofort gehandelt werden.
Prof. Herth: Sobald ich weiß, dass ich Asthma habe, muss ich auf akute Verschlechterungen vorbereitet sein. Wenn eine solche Verschlechterung eintritt, sollte der Patient zunächst das Notfallspray oder das Bedarfsspray verwenden, das er besitzt. Es ist wichtig, diese nicht nur einmal, sondern gegebenenfalls auch zweimal anzuwenden. Für Patienten mit schwerem Asthma, die dies bereits wissen, gehören auch Kortison-Tabletten zur Standardausrüstung, die sie einnehmen sollten. Das Wissen, dass, wenn jemand plötzlich keine Luft mehr bekommt und nur noch röchelt, sofort ein Notarzt gerufen werden muss, sollte in der Umgebung immer präsent sein. Asthmapatienten sind in der Regel gut geschult und wissen, wie sie sich bei einem schweren Asthmaanfall selbst behandeln können.
Für Patienten mit schwerem Asthma, die dies bereits wissen, gehören auch Kortison-Tabletten zur Standardausrüstung, die sie einnehmen sollten.
Prof. Herth: Jede Infektion kann zu einer Verschlechterung führen, wie es Asthmatiker während der Corona-Pandemie beispielsweise erlebten. Stress kann ebenso ein Auslöser sein, auch ein neues Haustier zu Weihnachten, von dem man nicht wusste, dass man allergisch darauf reagiert. In solchen Fällen kann es notwendig sein, das Haustier wieder abzugeben. Auch E-Zigaretten, die mit bestimmten Aromastoffen versetzt sind, können Probleme verursachen, wenn man den Rauch einatmet. Oft merkt man erst nach dem Ausprobieren, dass man auf bestimmte Dinge reagiert.
Prof. Herth: Kohlenhydrate allein verursachen kein Asthma, aber es gibt einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Asthma. Wenn ich also zu viele Kohlenhydrate zu mir nehme, steigt das Risiko für Übergewicht und das kann mein Asthma verschlimmern. Wie bei allen Lungenkrankheiten und eigentlich bei allen Gesundheitsproblemen ist körperliche Bewegung wichtig. Heutzutage benutzen die meisten Menschen ein Smartphone, welches oft Funktionen wie einen Schrittzähler besitzt. Es empfiehlt sich, abends die Anzahl der zurückgelegten Schritte zu überprüfen. Mehr als 10.000 Schritte pro Tag sind für unseren Organismus sehr vorteilhaft. Wir ermutigen unsere Patienten, sich regelmäßig zu bewegen. Ein einfaches Beispiel: Ein Asthmatiker sollte beim Einkaufen die Treppe statt der Rolltreppe benutzen, um sich körperlich zu betätigen. Das gilt natürlich auch für Nicht-Asthmatiker. Oder anstatt nur im Schwimmbad in der Sonne zu liegen, sollten Asthmatiker öfter mal eine 1000m Bahn schwimmen. Diese regelmäßige körperliche Aktivität hilft sowohl Asthmatikern als auch Übergewichtigen, Gewicht zu verlieren, was sich wiederum positiv auf das Asthma auswirken kann.
Eine gesunde Ernährung ist grundsätzlich sinnvoll, insbesondere zur Gewichtsreduktion, die sich positiv auf das Asthma auswirken kann. Es gibt aber auch Sonderfälle wie allergisches Asthma, das durch bestimmte Nahrungsmittel wie Gluten verschlimmert werden kann. Menschen mit solchen Nahrungsmittelallergien sollten auf gewissen Lebensmittel achten, um gastrointestinale Probleme zu vermeiden, die sich wiederum auf die Lunge auswirken können.
Wie bei allen Lungenkrankheiten und eigentlich bei allen Gesundheitsproblemen ist körperliche Bewegung wichtig.
Prof. Herth: Diese Annahme ist falsch! Asthmatiker sind nicht automatisch Corona-Risikopatienten. Umfangreiche Studien zeigen, dass Menschen mit Asthma weder häufiger noch schwerer an COVID-19 erkranken als Menschen ohne Asthma. Das liegt daran, dass Asthma selbst kein Risikofaktor für die Entwicklung eines schweren COVID-19-Verlaufs ist.
Prof. Herth: Unser Ziel ist es, etwa 80% unserer Patienten problemlos mit unseren Sprays zu behandeln. Einige Patienten entwickeln ein schweres Asthma. Wir versuchen immer besser zu verstehen, warum sie das tun. Es scheint, dass bestimmte Zelltypen eine Rolle spielen, die der eine Patient hat und der andere nicht. Wenn wir erkennen, dass ein bestimmter Zelltyp bei einem Patienten Probleme verursacht, können wir Medikamente entwickeln, die diese Zellen im Körper gezielt hemmen. Das nennt man zielgerichtete Therapie oder phänotypische Therapie. Unser Ziel ist es ebenso, Asthmapatienten, denen mit Standardbehandlungen nicht ausreichend geholfen werden kann, genau zu verstehen und gezielt zu behandeln. Die Forschung entwickelt sich in diese Richtung und hat bereits einige Medikamente für bestimmte Subtypen hervorgebracht, aber noch nicht für alle. Wie bei vielen anderen Organen ist es unser Ziel, den Patienten als Individuum zu verstehen und ihm eine maßgeschneiderte Therapie mit optimaler Wirkung und minimalen Nebenwirkungen anzubieten.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 10.05.2024.