Prof. Lau: Asthma bronchiale tritt in verschiedenen Formen auf. Bei Kindern unterscheiden wir vor allem allergisches und nicht-allergisches Asthma Bronchiale: Das allergische Asthma ist also mit einer allergischen Immunantwort auf fliegende Allergene (Inhalationsallergene) assoziiert, wie z.B. Pollen, Haustiere, Hausstaubmilbe. Einige dieser Kinder hatten auch als Babys oder Kleinkinder bereits eine andere atopische Erkrankung, nämlich atopisches Ekzem und/oder eine Nahrungsmittelallergie. Beim nicht-allergischen Asthma finden wir andere Trigger als Allergien, also z.B. Infekte und/oder körperliche Belastung. Meist finden wir aber auch Mischformen mit allergischen und nicht-allergischen Triggern bei Schulkindern und Jugendlichen.
Asthma bronchiale ist ja eine entzündliche Erkrankung der Bronchialschleimhaut und eine reversible bronchiale Obstruktion. Es liegt eine Überempfindlichkeit der Bronchialschleimhaut vor. Im frühen Lebensalter unter 3 Jahren trifft man oft auf Kleinkinder mit rezidivierenden obstruktiven Bronchitiden, also virusassoziiertem asthma-ähnlichem Bild, was nicht selten auch zu Krankenhausaufenthalten bei zusätzlichem Sauerstoffbedarf führt. Circa ein Drittel der Kinder mit diesen frühkindlichen Problemen werden später auch ein Asthma bronchiale, also eine chronische Atemwegserkrankung, entwickeln.
Asthma bronchiale tritt in verschiedenen Formen auf. Bei Kindern unterscheiden wir vor allem allergisches und nicht-allergisches Asthma Bronchiale.
Prof. Lau: Der Verlauf des Asthma bronchiale ist bei Kindern günstiger als bei Erwachsenen. Die Lungenfunktion ist auch meist im symptomfreien Intervall bei Kindern im Gegensatz zu Erwachsenen unauffällig. Auch gibt es noch einen erheblichen Anteil an Spontanremission. Schweres Asthma bronchiale finden wir bei Kindern seltener als bei Erwachsenen. Meist gibt es auch weniger Exazerbationsraten pro Jahr bei Kindern.
Prof. Lau: Chronischer bzw. anfallsartiger Husten bzw. anfallsartige Atemnot. Atemnot bei Belastung, Allergenkontakt und/oder Erkältungserkrankungen. Pfeifende Geräusche oder Kurzatmigkeit bei Belastung und/oder Infekten. Schwierigkeiten bei Ausdauersportarten (muss mehr Pausen machen wegen Atemproblemen als andere).
Prof. Lau: Am wichtigsten ist die sogenannte Anamnese, also das Abfragen von Symptomen. Hier sollte man die Symptome „Atemnot“ gut umschreiben, also auffällige Atemgeräusche, Kurzatmigkeit, Husten. Es gibt auch standardisierte Fragebögen, um die Symptomlast zu erfassen, wie beispielsweise der Asthma Kontroll-Test (ACT). Zur Diagnostik gehört ferner eine Lungenfunktion (Spirometrie/Bodyplethysmografie) und bei Verdacht auf allergisches bzw. eosinophiles Asthma ein sogenanntes exhaled NO oder FeNO. Dies ist bei eosinophiler Entzündung der Bronchialschleimhaut erhöht und kann als Verlaufsparameter genutzt werden (Therapieerfolg). Auch gehört ein Allergietest auf Inhalationsallergene (Pollen, Haustiere, Hausstaubmilbe, saisonale Schimmelpilze) dazu, wenn die Kinder über 3 Jahre alt sind bzw. ein Verdacht auf eine Allergie klinisch besteht.
Prof. Lau: Asthma bronchiale ist eine multifaktorielle meist atopische Erkrankung, die sowohl genetische, als auch durch Umweltfaktoren beeinflusste epigenetische Ursachen hat. In den letzten 15 Jahren haben wir gelernt, dass das intrauterine und frühkindliche Faktoren, insbesondere das Mikrobiom des Darmes und der Atemwege eine entscheidende Rolle spielen.
Prof. Lau: Die Behandlung erfolgt standardisiert nach Stufenschema: es gibt in Deutschland die nationale Versorgungsleitlinie (NVL) und in den USA beispielsweise die GINA Guidelines, die regelmäßig und altersbezogen aktualisiert werden.
Die Therapie orientiert sich nach dem Schweregrad bzw. der Häufigkeit von Symptomen, aber auch nach den Auslösern: Wenn Allergien eine Rolle spielen, sollten Allergene, wenn möglich, gemieden werden (z.B. Tiere). In jedem Falle sollten Triggerfaktoren, wie Tabakrauch im häuslichen Milieu, vermieden werden. Die Therapie beinhaltet inhalative Medikamente, die altersgerecht verabreicht werden (als Dosieraerosol mit und ohne Vorschaltkammer oder Pulverinhalate). Man unterscheidet zwischen Akutmedikamenten, die bronchialerweiternd wirken und nur bei Symptomen bzw. vor Sport z.B. benommen werden, und Dauertherapien, die entzündungsunterdrückend sind. Hier spielen vor allem die inhalativen Steroide eine Rolle, die in verschiedenen Dosierungen, aber auch als Fixkombination zur Verfügung stehen. Außerdem gibt es Tabletten, die einen Leukotrienrezeptorantagonisten enthalten, das Montelukast. Bei schwerem Asthma haben wir verschiedene Biologika, die wir einsetzen können, je nachdem, welche Form des Asthmas vorliegt. Jeder Asthmatiker/jede Asthmatikerin sollte zudem eine Asthmaschulung erhalten.
Prof. Lau: Wenn ein Asthma frisch diagnostiziert ist und noch keine ausreichende Behandlung eingeleitet wurde, dann sind Ausdauersportarten wie Dauerlauf, Schwimmen, Fußball etc. oft ein Problem. Idealerweise sollten aber durch eine adäquate Therapie mit shared-decison-making mit Eltern und Kind und entsprechender Schulung fast jede sportliche Belastung möglich sein. Es ist also auch möglich als Asthmatikerin Leistungssportlerin zu werden.
Es ist also auch möglich als Asthmatikerin Leistungssportlerin zu werden.
Prof. Lau: Eltern mit Kindern, die den Verdacht auf eine Asthma bronchiale haben bzw. schon die Diagnose, die von einer Kinderpneumologin/Kinderpneumologen gestellt werden sollte, sollte mindestens 2x im Jahr eine Spezialisten für diese Erkrankung, also Kinderallergologinnen/Kinderpneumologinnen, aufsuchen. Die Therapie muss immer wieder überprüft und angepasst werden. Auch dürfen keinesfalls systemische Steroide oder zu hohe Dosen von inhalativen Steroiden längerfristig verabreicht werden, weil dies das Wachstum beeinträchtigen kann. Die Dosierungsempfehlungen für inhalative Corticosteroide sollten kindgerecht eingehalten werden, dann ist diese Therapie sicher und vor allem auch wirksam, sodass das Kind einen normalen Alltag erleben kann, ohne relevante Einschränkung der Lebensqualität, das sollte das Ziel sein.
Prof. Lau: Bei den meisten Kindern mit Asthma bronchiale haben wir es mit leichteren bis mittelschweren Verlaufsformen zu tun, die sich medikamentös gut behandeln lassen. Zusätzlich zu den Asthma-Medikamenten, die meist inhalativ angewandt werden, steht uns bei bestimmten Allergien, die einen klaren Trigger für asthmatische Beschwerden darstellen, also die Pollenallergie bzw. die Hausstaubmilbenallergie, auch eine Allergen-Immuntherapie ab dem Alter von 5 Jahren zur Verfügung. Hier kann dann nach dreijähriger Therapie eine deutliche Verbesserung erzielt werden, allerdings nur dann, wenn das Allergen der Immuntherapie einen wichtigen Faktor bei der Asthma-Triggerung spielt. Bei Kindern haben wir auch einen Anteil von 25-35% mit Spontanremission des Asthma bronchiale bis zum Jugend- bzw. frühen Erwachsenenalter.
Prof. Lau: Biologika, die gezielt bestimmte Entzündungswege bei bestimmtem Schweregrad und Unterform des Asthma bronchiale blockieren, sind zugelassen. Dazu gehören das Anti-IgE Omalizumab, das Anti-IL5 Mepolizumab und der IL4/IL13 Blocker Dupilumab, der auch für die mittelschwere bis schwere atopische Dermatitis zugelassen ist, alle drei zugelassen ab 6 Jahren. Ab 12 Jahren ist noch Tezepelumab zugelassen, eine Anti-TSLP-Anntikörper, der auch für das nicht-allergische Asthma bronchiale eigesetzt werden kann. Alle Biologika sind nur für schwere Formen des Asthma bronchiale zugelassen, wenn alle anderen Therapeutika im Stufenschema erfolglos eingesetzt wurden und nicht zu einer hinreichenden Kontrolle der Asthma bronchiale Exazerbationen geführt haben.
Prof. Lau: Asthma bronchiale ist ein Überbegriff, unter dem sich verschiedene Formen also Phäno- und Endotypen der Erkrankung verbergen. Es wird immer mehr angestrebt, eine personalisierte Therapie durchzuführen, also gerichtet, die pathophysiologische Ursache zu behandeln. Hier werden für die verschiedenen Subtypen des Asthma bronchiale und die verschiedenen mechanistischen Wege der Entzündung Targets gesucht, die man medikamentös blockieren kann. Solche Medikamente gibt es teils schon, andere befinden sich noch in der Entwicklung. Wir nutzen bei schwerem Asthma bronchiale bereits für bestimmte Unterformen sogenannte Biologika, die gezielt Entzündungswege blockieren.
Vielen Dank für das Interview!
aktualisiert am 25.08.2023