Eine Anurie tritt auf, wenn die Nieren keinen Urin produzieren. Die Urinmenge ist entscheidend dafür, ob man von einer Anurie, einer Oligurie oder eine Polyurie spricht. Als Anurie bezeichnet man eine Urinausscheidung von weniger als 100ml Urin in 24 Stunden. Ein gesunder Erwachsener scheidet im Schnitt 1 bis 2 Liter Urin am Tag aus. Oligurie ist, wenn wenig Urin, d.h. weniger als 500 ml am Tag ausscheidet. Übersteigt die tägliche Urinmenge 2 Liter, spricht man von Polyurie.
Für Menschen ist die Harnausscheidung sehr wichtig. Mit dem Harn werden Abfallstoffe und überschüssige Flüssigkeit aus dem Körper entfernt. Eine Abnahme der Urinausscheidung kann alle vorliegenden Gesundheitsprobleme verstärken und sogar lebensbedrohlich werden.
Bei einer Anurie liegt oft eine akute oder chronische Erkrankung der Niere vor. Ebenfalls können andere Erkrankungen die Nieren beeinträchtigen. Je früher man zum Arzt geht, um so besser die Prognose.
Es gibt unterschiedliche Ursachen für eine Anurie. Eine mögliche Einteilung der Ursachen erfolgt nach der Lokalisation:
Die Ursache für die Anurie liegt noch vor der Niere (lat. pre = vor, ren = Niere). Die Nieren können keinen Harn mehr produzieren, weil sie zu wenig durchblutet werden. Die häufigste Ursache für eine Minderdurchblutung der Nieren ist ein Volumenmangel, das heißt, dass im gesamten Körper zu wenig Flüssigkeit und Blut vorhanden ist. Als Grund für den Mangel an Flüssigkeit kommen in Frage:
Auch ein Kreislaufversagen, zum Beispiel beim Schock, kann eine Minderdurchblutung der Nieren zur Folge haben.
Die prärenal Anurie kann außerdem entstehen, wenn Gifte (Alkohol, Medikamente, Röntgen-Kontrastmittel) oder entzündliche Prozesse sowie andere systemische Erkrankungen im Körper die Arbeit der Nieren behindern.
Begleitsymptome: Mattigkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Durst, Störungen im Elektrolythaushalt, Übelkeit, Erbrechen, trockene Schleimhäute.
Der Grund für die geringe Urinausscheidung liegt in den Nieren selbst. Dies tritt häufig auf, wenn Teile des Nierengewebes durch eine Erkrankung zerstört wurden oder durch mangelnde Durchblutung mit Nährstoffen unterversorgt und dadurch in ihrer Stoffwechselleistung beeinträchtigt sind. Man bezeichnet diesen Zustand als Niereninsuffizienz.
Ein Grund für eine Niereninsuffizienz ist ein nicht eingestellter Diabetes mellitus. Als Folge kann es zu einem Nierenversagen kommen.
Begleitsymptome: Verschiedenste Arten von „Vergiftungserscheinungen" aufgrund der eingeschränkten Ausscheidung giftiger Stoffe. Dazu gehören ähnlich wie bei der prärenalen Anurie Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Stoffwechselstörungen.
Gründe für eine renale Anurie sind:
Die Urinausscheidung ist durch eine Verlegung der ableitenden Harnwege (Harnleiter, Harnröhre) behindert (lat. post = nach, ren = Niere). Eine solche Harnstauung kann durch Nierensteine, Tumore in diesem Bereich, Harnröhrenstenosen, Blutungen oder eine extrem vergrößerte Prostata (Prostatahyperplasie) zustande kommen.
Begleitsymptome: Kolikartige Schmerzen in den Flanken bei Nierensteinen, starker Harndrang mit Krämpfen bei gutartiger Prostatavergrößerung.
Eine Ausnahme bildet die neurogene Blase. Obwohl die Nieren gut funktionieren und Harn produzieren, kann dieser nicht ausgeschieden werden und sammelt sich in der Blase an. Diese Unfähigkeit, Harn zu lassen ist häufig durch eine Störung der Nerven, die die Blase steuern, bedingt. Eine solche Störung wird durch Erkrankungen des Gehirns, der Nerven und durch bestimmte Medikamente verursacht.
Begleitsymptome: Starker Harndrang, Krämpfe im Unterleib, prall gefüllte, tastbare Blase.
Eine Anurie kann sich durch trockene Schleimhäute, ein Durstgefühl, stehende Hautfalten, Schwäche, Verwirrtheit und Gewichtsverlust zeigen.
Grundsätzlich können auch Müdigkeit und Kopfschmerzen auftreten.
Wenn Patienten davon betroffen sind, dann stellen sie fest, dass sie seltener auf die Toilette aufsuchen oder Schwierigkeiten beim Urinieren haben.
Da es sehr viele Ursachen gibt, die zu einer Anurie führen können, muss sich der Arzt zunächst durch eine ausführliche Befragung des Patienten sich einen Überblick verschaffen. Für die Diagnosestellung ist es wichtig zu wissen, ob der Patient an bestimmten Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus leidet, in letzter Zeit einen Unfall oder eine Operation hatte, Medikamente nimmt oder viel Flüssigkeit verloren hat.
Auch die Lokalisation und die Art der Schmerzen können schon einen Hinweis auf die Ursache der Anurie geben. Eine körperliche Untersuchung gibt weitere Hinweise. Ist die Blase prall gefüllt? Ist die Nierengegend schmerzhaft? Wie sieht die Haut aus? Sind Wassereinlagerungen (Ödeme) zu sehen?
Wichtig sind weiterhin die Messung von Puls, Blutdruck und Temperatur sowie die Untersuchung von Blut und Urin im Labor. Es gibt spezielle Stoffe, die von der Niere mit dem Harn ausgeschieden sind und deren Konzentrationen im Blut und im Urin je nach Erkrankung verändert sind. Der Urin wird meist gesammelt (12 bis 24 Stunden lang), die Menge gemessen und die darin befindlichen Stoffe bestimmt.
Mit bildgebenden Verfahren wie die Ultraschalluntersuchung können insbesondere Schädigungen der Nieren und Verlegungen der Harnwege gefunden werden.
Besteht der Verdacht, dass die Anurie durch einen Herzfehler verursacht ist, wird zusätzlich ein EKG geschrieben und ein Röntgenbild des Brustkorbs erstellt.
Folgende apparative Untersuchungen helfen ihm dabei, die Ursache der Anurie zu finden:
Da die Anurie so viele verschieden Ursachen haben kann, gibt es keine Standardtherapie. Zunächst muss die Erkrankung gefunden werden, die die geringe Harnausscheidung verursacht, um diese anschließend entsprechend behandeln zu können. Je nach zugrunde liegender Ursache wird der Flüssigkeitshaushalt ausgeglichen, die Nieren mit Medikamenten behandelt, Steine entfernt oder andere Therapien eingeleitet.
aktualisiert am 06.03.2020