Schmerzen, die an Gelenken auftreten und am Anfang einer Aktivität am stärksten sind, werden als Anlaufschmerzen bezeichnet. Andere Ausdrücke, die diese Beschwerden beschreiben, sind Startschmerz, Anfangsschmerz, Einlaufschmerz oder Loslaufschmerz. Es handelt sich um ein häufiges Symptom bei einer Arthrose, einer Erkrankung mit abbau- und verschleißbedingten Gelenkschäden. Eine Arthritis (Gelenkentzündung) kann ebenfalls Anlaufschmerzen verursachen. Im weiteren Sinne kann der Begriff Anlaufschmerz nicht nur auf Gelenkschmerzen, sondern auch auf die entsprechende Form von Sehnenschmerzen bezogen werden.
Anlaufschmerz kann unter anderem bei den folgenden Situationen auftreten:
Der Schmerz ist vor allem beim Beginn der Bewegungsphase vorhanden. Wenn sich Betroffene erst einmal eingelaufen haben oder einige Zeit aktiv waren, gehen die Beschwerden gewöhnlicherweise zurück. Der Anlaufschmerz äußert sich anfangs oft durch eine spannende oder ziehende Empfindung im Gelenk.
In vielen Fällen steht der Anlaufschmerz in einem engen Zusammenhang mit der Morgensteifigkeit. Dabei ist die Beweglichkeit von Gelenken am Anfang nach einer Ruhezeit reduziert, was sich bei Aktivität allmählich bessert.
Anlaufschmerzen eines Gelenks können sowohl bei einer Arthrose (Schäden durch Abbau und Abnutzung) als auch bei einer Arthritis (Entzündung unterschiedlicher Ursache) vorkommen. Sie gelten vor allem für die Arthrose als charakteristisches Frühzeichen der Erkrankung. Eine Arthrose ist in der Regel durch kürzer dauernde Anlaufschmerzen gekennzeichnet (wenige Sekunden bis eine Viertelstunde). Eine Arthritis ist dagegen eher mit länger anhaltenden Anlaufschmerzen verbunden (oft über eine halbe Stunde bis einige Stunden). Außerdem ist für eine Arthritis ein Schmerz bei Ruhe typisch, während bei einer Arthrose besonders Belastungsschmerzen auftreten. Anlaufschmerzen an den Sehnen sind üblicherweise durch Entzündungen bedingt.
Die Arthrose ist eine durch Degeneration (Verschleiß und Abbau) bedingte Erkrankung eines Gelenks. Typische Orte, an denen sich eine Arthrose entwickelt, sind:
Generell kann eine Arthrose aber an jedem Gelenk des Bewegungsapparats des Menschen entstehen. Dabei kann sie sich lediglich an einem Gelenk ausprägen oder zugleich auch an anderen Gelenken bestehen.
Die Arthrose äußert sich durch Schmerzen und eine verminderte Beweglichkeit. Bei einer gering ausgeprägten Arthrose kommt es zu Schmerzen, wenn das betroffene Gelenk für einige Zeit beansprucht wird. Charakteristisch für eine leichtgradige Arthrose sind auch die Anlaufschmerzen, die wieder verschwinden, wenn sich der Patient „eingelaufen“ hat. Eine fortgeschrittene Arthrose führt allerdings zu Schmerzen bei jeder Bewegung oder sogar in Ruhe. Selbst in der Nacht wird der Schmerz dann verspürt. Neben der immer mehr erschwerten Bewegungsfähigkeit kann das Gelenk auch instabil werden. Bei Bewegungen kann es zu Reibe- oder Knirschgeräuschen kommen (Krepitationen).
Durch die Abnutzung und den Abbau wird der Knorpel im Gelenk immer mehr geschädigt und dünner. Schließlich kann im Gelenk sogar Knochen auf Knochen reiben. Im Gegensatz zur Arthritis ist die Arthrose nicht ursächlich durch Entzündungsprozesse bedingt. Die Arthrose kann aber in eine entzündliche Form übergehen (aktivierte Arthrose). In diesem Fall kommt es zu einer Schwellung und Wärmebildung am Gelenk sowie einem Gelenkerguss.
Zu den Faktoren, die zu einer Entstehung der Arthrose beitragen, gehören:
Die bereits entstandenen Schäden bei einer Arthrose können durch eine Behandlung nicht wieder rückgängig gemacht werden. Die Therapie zielt darauf ab, den noch vorhandenen Gelenkknorpel zu schützen und erhalten. Das lässt sich durch Maßnahmen wie Physiotherapie und geeignete Bewegungsformen, Wärmebehandlung, Gewichtsabbau oder Medikamente (zum Beispiel nichtsteroidale Antirheumatika wie Diclofenac oder Ibuprofen) ermöglichen. In stark fortgeschrittenen Fällen kann eine Operation in Betracht kommen, unter anderem ein künstliches Gelenk (Endoprothese) oder eine Gelenkversteifung (Arthrodese).
Eine Gelenkentzündung kann aus unterschiedlichen Ursachen entstehen. Im Wesentlichen kann zum einen eine Infektion zu einer Arthritis führen, zum anderen eine rheumatische Erkrankung.
Die infektiöse Arthritis kann beispielsweise durch Bakterien ausgelöst werden, die ins Gelenk eindringen. Anlaufschmerz spielt dabei meist keine erwähnenswerte Rolle. Die Infektion im Gelenk zeigt sich meist als schwere Entzündung mit stark gerötetem, geschwollenem, heißem und schmerzhaftem Befund. Die Beweglichkeit des befallenen Gelenks ist vermindert. Fieber und allgemeine Krankheitszeichen kommen hinzu. In wenigen Fällen können bestimmte Bakterienarten zu einer chronischen Gelenkentzündung führen, welche einen Anlaufschmerz mit sich bringen kann.
Eine Arthritis bei rheumatischen Erkrankungen kann sich durch Anlaufschmerzen äußern. Die Startschmerzen bleiben aber typischerweise länger bestehen als bei der Arthrose. Neben den Schmerzen treten Schwellungen, gerötete und erwärmte Haut und Einschränkungen der Beweglichkeit auf. Wenn mehrere Gelenke betroffen sind, handelt es sich um eine Polyarthritis. Bei einem einzigen entzündeten Gelenk wird von einer Monarthritis gesprochen. Nicht nur an den Gelenken, sondern auch an anderen Körperteilen können sich rheumatische Erkrankungen bemerkbar machen. Die Krankheiten können auch zu Allgemeinsymptomen wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit oder leichtem Fieber führen. Durch die chronische Gelenkerkrankung bei verschiedenen Arten von Rheuma kann es zu Schmerzen bei Beginn der Aktivitäten und nach dem Aufstehen kommen. Beispiele sind:
Je nach der Erkrankung können die Symptome vielfältig und unterschiedlich sein. Insbesondere bei einer rheumatoiden Arthritis können sich Anlaufschmerzen und eine Morgensteifigkeit finden. Die rheumatoide Arthritis betrifft häufig Gelenke an der Hand und zeigt oftmals ein symmetrisches, auf beiden Körperseiten ähnliches Krankheitsmuster. Im Gegensatz dazu treten die Gelenkentzündungen bei einer Psoriasis-Arthritis beispielsweise oft nur auf einer Körperseite auf.
Eine Entzündung an einer Sehne kann dort Anlaufschmerzen verursachen. Wichtige Beispiele sind:
Hinter den Achillessehnenbeschwerden steckt oftmals eine überlastungsbedingte Reizung. Es kommt zu einer Entzündung im Bereich der Sehne. Übermäßiges oder ungewohntes Training, Fehlstellungen, ungeeignetes Schuhwerk oder Laufen auf hartem Boden gehören zu den Faktoren, die zu den Achillessehnenschmerzen führen.
Das Patellaspitzensyndrom am unteren Ende der Kniescheibe entsteht häufig bei Menschen, die viel springen. Somit leiden etwa Basketballer, Handballer, Volleyballer, Hochspringer oder Weitspringer daran, doch auch andere Menschen können betroffen sein.
Der untere Fersensporn beschreibt eine schmerzhafte Erkrankung am Ansatz der Fußsohlensehne (Plantaraponeurose) im hinteren Bereich innerhalb der Fußsohle. Grund für die Schmerzen sind Entzündungen im umgebenden Weichteilgewebe. Dabei kann sich ein unnatürlicher Knochenvorsprung am Fersenbein entwickeln. Oft betrifft ein unterer Fersensporn Personen, die berufsbedingt viel stehen müssen. Der obere Fersensporn ist eine Form von Achillodynie (Achillessehnenschmerzen).
Wenn wiederholt Schmerzen am Anfang von Bewegungen oder morgens nach dem Aufstehen auftreten, handelt es sich um ein deutliches Signal einer Gelenkerkrankung. Wer Anlaufschmerzen verspürt, sollte nicht lange zögern und sich einen Termin beim Arzt geben lassen. Am besten stellen sich Betroffene beim Orthopäden vor. Der Allgemeinmediziner oder der Rheumatologe können aber gerade beim Verdacht auf entzündlich-rheumatische Krankheiten weiterhelfen. Da häufig eine Arthrose die Ursache für Anlaufschmerzen ist, können weitere Schäden oft durch einen baldigen Beginn der Behandlung aufgehalten werden. Anlaufschmerzen an Sehnen sollten ebenfalls zeitnah von einem Arzt beurteilt werden.
Stellt sich ein Patient mit Beschwerden beim Arzt vor, die als Anlaufschmerzen beschrieben werden, folgt zunächst eine eingehende Befragung. In diesem Anamnesegespräch erkundigt sich der Arzt nach den genauen Symptomen, unter anderem, in welchem Zusammenhang und zu welchem Zeitpunkt am meisten Schmerzen wahrgenommen werden. Die Gelenkbeweglichkeit gibt ebenso weitere Hinweise auf die Ursache wie etwaige zusätzliche Symptome, Vorerkrankungen und die Lebensweise des Betroffenen. Dann beurteilt der Arzt in der körperlichen Untersuchung die Gelenke und schaut nach vermindertem Bewegungsumfang, Schwellungen oder weiteren Auffälligkeiten.
Im Hinblick auf rheumatische Erkrankungen kann eine Blutuntersuchung wichtige Informationen (wie Entzündungswerte, Rheumafaktor, Antikörper) liefern. Es kann in einigen Fällen von Gelenkschmerzen sinnvoll sein, Flüssigkeit zur Untersuchung aus einem betroffenen Gelenk zu gewinnen (Gelenkpunktion). Röntgen, Ultraschall, CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie) können bereits eingetretene Schäden und Veränderungen der Gelenke sichtbar machen.
Zu den wichtigsten Punkten, die die Schmerzen und das Fortschreiten von Schäden bei Gelenkerkrankungen vermeiden helfen, gehören Gewichtsabnahme und körperliche Bewegung.
Auch wenn es zunächst widersprüchlich klingen mag, wird körperliche Aktivität bei Beschwerden wie Anlaufschmerzen eindrücklich empfohlen, um weitere Gelenkschäden aufzuhalten. Bewegung sorgt für eine ausreichende Versorgung des Gelenkknorpels mit Nährstoffen über die sogenannte Gelenkschmiere (Synovia). Diese Flüssigkeit federt zusätzlich Stoßbelastungen ab. Wenig belastende Sportarten sind am besten geeignet, unter anderem Radfahren, Schwimmen, Walking oder Yoga. Ein Richtwert liegt bei fünf Mal 30 Minuten körperlicher Bewegung von mittlerer Intensität pro Woche. Gerade bei Erkrankungen wie Arthrose oder Gelenkrheuma gilt jedoch, dass auch wenig Bewegung schon Vorteile gegenüber kompletter Untätigkeit bringt. Daher hilft es auch, auf mehr Bewegung im Alltag zu achten. Eine Möglichkeit besteht darin, für kürzere Strecken nicht das Auto zu nehmen, sondern sich zu Fuß oder auf dem Rad zum Ziel zu begeben. Krafttraining kann sich ebenfalls günstig auswirken und baut Muskeln auf, die das Gelenk zusätzlich entlasten. Physiotherapie ist außerdem ein wichtiger Baustein in der Behandlung von Arthrose oder anderen Gelenkerkrankungen.
Eine große Rolle spielt das Körpergewicht, vor allem hinsichtlich einer Arthrose im Knie, Hüftgelenk oder Sprunggelenk. Wenn Übergewicht abgebaut wird, schont dies die Gelenke erheblich, da weniger Belastung auf ihnen liegt. Die zwei wesentlichen Ansatzpunkte, um Gewicht abzunehmen, sind wiederum körperliche Bewegung (Abbau von Kalorien) und bewusste Ernährung (verminderte Aufnahme von Kalorien). Damit das Abnehmen erfolgreich und nachhaltig ist, wird empfohlen, eine allmähliche Änderung der Lebensgewohnheiten vorzunehmen. Das lässt sich eher einhalten und aufrechterhalten als eine kurzfristige Diät und übermotivierte Vorsätze, auf einmal sehr viel Sport treiben zu müssen.
Darüber hinaus müssen Betroffene dafür sorgen, ihre Gelenke gezielt zu schonen, indem sie die Belastung reduzieren und nur vorsichtig bewegen. Zum Beispiel beansprucht Hinknien, Hinhocken oder Springen die Knie stark. Das sollte bei entsprechenden Symptomen bleiben gelassen werden. Genauso sollten Betroffene auf Sportarten verzichten, bei denen ruckartige Belastungen und plötzliche Richtungsänderungen an der Tagesordnung sind, wie etwa Tennis, Handball oder Fußball. Schweres Tragen sollte vermieden werden. Wer joggen geht, sollte darauf achten, möglichst nicht auf Asphalt oder gepflasterten Wegen, sondern mehr auf nachgiebigen Böden wie etwa im Wald zu laufen. Beim Sport sind auch ausreichende Pausen zur Regeneration wichtig. Stabilisierende Vorrichtungen wie Orthesen können im Einzelfall ebenso die Gelenke schützen wie bei Bedarf das Verwenden von Gehstöcken.
Anlaufschmerz führt bei vielen Betroffenen dazu, sich gar nicht erst zu bewegen und damit die Symptomatik von vornherein zu vermeiden. Daher kann es besonders sinnvoll sein, Medikamente gegen den Schmerz einzunehmen, um aktiv zu bleiben. Dazu eignen sich unter anderem schmerz- und entzündungshemmende Medikamente wie Paracetamol oder NSAR (zu diesen gehören Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Diclofenac). Medikamente sollten immer nur in Absprache mit dem Arzt angewendet werden. Die erreichte Schmerzlinderung durch die Mittel sollte zudem nicht dazu verleiten, jetzt die Gelenkgesundheit durch besonders belastende Aktivitäten zu gefährden.
Hilfreich bei Anlaufschmerzen im Gelenk sind Wärmebehandlungen, die aber nicht angewendet werden dürfen, wenn eine aktive Entzündung besteht. Dann wirkt sich Kühlen beruhigend und lindernd aus. Für Anlaufschmerzen an Sehnen wird Kühlen ebenfalls empfohlen. Für die Sehnen ist zudem ausreichendes Dehnen wichtig.
Die Ernährung nimmt ebenso einen Einfluss auf die Gelenkfunktion. Tierische Lebensmittel wie Fleisch, Butter oder Eier enthalten Arachidonsäure, die entzündliche Prozesse wie beim Rheuma fördern kann und sich negativ auf die Gelenkfunktion auswirken kann. Entsprechend zurückhaltend sollten Patienten beim Verzehr dieser Produkte sein. Umgekehrt gelten Omega-3-Fettsäuren, die sich etwa in Fisch, Nüssen oder Leinöl finden, als entzündungshemmend (antiinflammatorisch). Allgemein ratsam ist eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Gemüse und Obst sowie Vollkornnahrungsmitteln und ausreichender Flüssigkeitszufuhr (am besten Wasser, Kräuter- oder Früchtetee ohne Zucker).
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aktualisiert am 01.11.2022