Das Angioödem ist eine schmerzlose Schwellung tieferer Hautschichten oder Schleimhautschichten, die sich schnell entwickelt. Eine ältere Bezeichnung lautet Quincke-Ödem (nach dem deutschen Arzt und Erstbeschreiber Heinrich Irenäus Quincke).
Im Prinzip kann sich ein Angioödem in jedem Bereich des Körpers entwickeln. Besonders häufig betroffen sind das Gesicht (Lippen, Zunge, Augenlider), Hände, Füße, Arme oder Beine.
Unterschieden werden nach der Entstehung zwei grundsätzliche Formen:
In schweren Fällen kann sich das Angioödem auf andere Körperteile ausweiten. Wenn der Kehlkopf betroffen ist, kommt es zu einer lebensbedrohlichen Einengung der Atemwege. Dies muss als Notfall behandelt werden. Bei leichten Fällen der häufigeren histaminvermittelten Form werden antiallergische Medikamente (Antihistaminika, Glucocorticoide) eingesetzt, die rasch zu einer Linderung der Symptome führen. Gegen die erblichen Formen gibt es spezielle Medikamente.
Angioödeme entwickeln sich, wenn Flüssigkeit aus den Gefäßen in das umgebende Gewebe austritt. Bei der Entstehung können zwei Substanzen eine Rolle spielen: Histamin oder Bradykinin.
Das akut auftretende, durch Histamin vermittelte Angioödem ist meist Folge einer allergischen Reaktion. Häufig kommt es gleichzeitig zur Nesselsucht (Quaddeln mit Juckreiz). Durch das Allergen (den auslösenden Stoff) wird im Körper im Rahmen einer Immunantwort Histamin freigesetzt. Dadurch erweitern sich die Blutgefäße, Flüssigkeit tritt aus und lagert sich im Gewebe ab. Häufige Allergene sind:
Ein histaminvermitteltes Angioödem kann jedoch auch unabhängig von einer Allergie im Zuge einer Nesselsucht (Urtikaria) auftreten. Eine Nesselsucht kann zum Beispiel physikalische Reize als Auslöser haben, oft wird auch kein Auslöser gefunden. Während eine Nesselsucht die Haut betrifft, sind beim Angioödem auch im Körperinneren liegende Gewebe geschwollen wie Rachen, Kehlkopf oder Darm.
Hingegen kann ein bradykininvermitteltes Angioödem folgende Ursachen haben:
Als idiopathisch wird ein Angioödem bezeichnet, wenn kein Auslöser gefunden werden kann.
Typische Symptome eines Angioödems sind:
Bei erblich bedingtem Angioödem kommt es lebenslang wiederkehrend (schubweise) zu Schwellungen der Haut in Gesicht, Atemwegen und Verdauungstrakt. Im Gegensatz zum akuten, histaminvermittelten Angioödem kommt es normalerweise nicht zur Nesselsucht und nicht zum Juckreiz.
Zunächst wird der Arzt eine ausführliche Krankengeschichte erstellen. In der Vorgeschichte werden besonders folgende Punkte hinterfragt:
Es ist wichtig, alle eingenommen Substanzen zu erwähnen. Dadurch kann der mögliche Auslöser der Allergie herausgefunden werden und ein erneuter Kontakt bestmöglich verhindert werden.
In der klinischen Untersuchung beurteilt der Arzt die Schwellungen. Die Lunge wird abgehört, wenn ein Verdacht auf eine Kehlkopfbeteiligung besteht. Wenn ein Verdacht auf ein erblich bedingtes Angioödem besteht, wird im Blut die C1-Inhibitor-Esterase-Aktivität untersucht.
Die Behandlung richtet sich danach, wodurch das Angioödem entstanden ist. Bei leichten Symptomen ist häufig keine Behandlung nötig.
Wichtig ist es, die Faktoren zu meiden, die beim Patienten zu dem Angioödem geführt haben. Wenn ein Angioödem durch Medikamente ausgelöst wird, werden diese, soweit möglich, abgesetzt. Sind Allergene im Spiel, sollten diese ebenfalls gemieden werden, um eine erneute allergische Reaktion zu vermeiden.
Wenn bei einem histaminvermittelten Angioödem eine Therapie nötig ist, kommen je nach Schwere der Symptome Medikamente mit folgenden Wirkstoffen zum Einsatz:
Wenn die Atemwege mitbetroffen sind und Patienten unter Atemnot leiden, ist dies eine lebensbedrohliche Situation, die umgehend als Notfall stationär behandelt werden muss. Betroffene erhalten Adrenalin injiziert, was eine rasche abschwellende Wirkung hat. Ist der Atemweg stark eingeengt oder blockiert, wird ein Schlauch in die Luftröhre eingeführt (Intubation) oder ein sogenannter Luftröhrenschnitt (Koniotomie, Tracheotomie) durchgeführt, um die Atmung zu ermöglichen.
Bei einem bradykininvermittelten, beispielsweise bei einem erblich bedingten Angioödem aufgrund eines C1-Esterase-Inhibitor-Mangels, sind Glucocortikoide und Antihistaminika unwirksam. Eingesetzt werden stattdessen Mittel wie:
Meist nimmt das Angioödem einen milden Verlauf und es verschwindet, ohne dass eine Therapie nötig ist. Bei schwereren Symptomen ist der Verlauf abhängig von dem Ansprechen auf die Behandlung. In der Regel verschwinden die Symptome nach der Verabreichung der Medikamente schnell und sollten innerhalb weniger Stunden bis Tage vollständig zurückgebildet sein.
Für die Langzeitprognose ist es entscheidend, ob der Auslöser der Allergie herausgefunden und gemieden werden kann.
Patienten mit angeborenem Angioödem leiden lebenslang unter wiederkehrenden Angioödemen. Besonders gefährlich sind Schwellungen im Bereich des Kehlkopfes, die bis zum Erstickungstod führen können. Patienten sollten immer einen Notfallausweis und Notfallmedikamente bei sich tragen, damit umgehend mit der geeigneten Therapie begonnen werden kann.
Bei einem akuten Angioödem ist es wichtig, den Auslöser herauszufinden. Daher wird der Arzt in der Krankengeschichte alle in Frage kommenden Substanzen wie Lebensmittel oder Medikamente erfragen. In einigen Fällen, besonders bei schweren oder wiederkehrenden allergischen Reaktionen, wird ein Allergietest durchgeführt. Ziel ist es, das Allergen herauszufinden und erneuten Kontakt zu vermeiden. Bei angeborenem Angioödem oder wenn kein Auslöser des akuten Angioödems gefunden werden kann, muss man immer wieder mit Attacken rechnen. Hier sollten Betroffene einen Notfallausweis oder Notfallmedikamente bei sich tragen, um umgehend die richtige Behandlung einleiten zu können.
aktualisiert am 28.07.2023