Als Aneurysma spurium wird in der Medizin ein „falsches“ Aneurysma bezeichnet. Das Aneurysma spurium ist daher auch unter dem Namen Pseudoaneurysma bekannt. Im Gegensatz zu einem echten Aneurysma (Aneurysma verum) handelt es sich beim Aneurysma spurium nicht um eine tatsächliche Aussackung an einem Blutgefäß des Patienten. Vielmehr resultiert das Aneurysma spurium aus einer Verletzung an der Gefäßwand, durch welche ein Leck entsteht. Durch austretendes Blut bildet sich ein Hämatom (Bluterguss) um das Blutgefäß. Die Ausbreitung des Blutergusses wird durch das umliegende Gewebe zumeist verhindert. Hierdurch wird ein Verbluten des Patienten in diesem Fall unterbunden. Längerfristig bildet sich aus dem Bluterguss jedoch eine Bindegewebskapsel – das Aneurysma spurium entsteht. Die Bindegewebskapsel ist vergleichbar mit einem Aneurysma. Da sie jedoch außerhalb des Blutgefäßes entstanden ist, wird sie als falsches Aneurysma bezeichnet.
Ein Aneurysma spurium kann die Aorta (Hauptschlagader) oder andere Arterien des Körpers betreffen. Das Aneurysma spurium resultiert grundsätzlich aus Verletzungen an der Gefäßwand. Diese Verletzungen können beispielsweise an der Aorta durch eine Herzkatheteruntersuchung entstehen oder durch eine Koronarangiografie (Kontrastmittel-Einbringung in die Herzkranzgefäße zur Röntgenuntersuchung). In den meisten Fällen entsteht ein Aneurysma spurium als Komplikation durch einen Gefäßeingriff oder durch das Einführen einer Nadel (Punktion) an einer Arterie. Damit kann das Aneurysma spurium beispielsweise auch im Leistenbereich nach einer Punktion einer dort befindlichen Arterie auftreten.
Die medizinischen Instrumente verursachen im Rahmen der Behandlung kleine Verletzungen an der Gefäßwand. Durch diese Verletzungen tritt Blut in das umliegende Gewebe aus. Ein Bluterguss (Hämatom) bildet sich im Bereich des Gefäßlecks. Der mit Blut gefüllte Hohlraum steht durch die Verletzung in der Gefäßwand in Verbindung mit dem Blutgefäß. Das umliegende Gewebe verhindert jedoch, dass die Blutansammlung sich weiter ausdehnt, größere Blutmengen aus dem Gefäß austreten können und dass der Patient verblutet. Mit der Zeit entsteht um das Hämatom eine Bindegewebskapsel, welche letztendlich als Aneurysma spurium bezeichnet wird.
Ein kleines Aneurysma spurium unter zwei Zentimeter verursacht in vielen Fällen keine Beschwerden. Ein derartiges Pseudoaneurysma wird häufig nicht entdeckt und daher auch nicht behandelt. Die Symptome, die ein Aneurysma spurium auslöst, hängen generell von der Größe und der Lage des falschen Aneurysmas ab. Besteht an einer Arterie, zum Beispiel am Arm oder in der Leiste, ein Aneurysma spurium, dann kommt es zu einer möglicherweise tast- und sichtbaren, oftmals pulsierenden Schwellung mit Schmerzen.
Ein Aneurysma spurium resultiert jedoch auch aus Gefäßeingriffen der Aorta im Brustbereich und kann dort besonders schwere Folgen haben. Aus diesem Grund werden in Bezug auf das falsche Aneurysma oft folgende Symptome genannt, die in ähnlicher Form auch beim „richtigen“ Aneurysma auftreten können:
Diese Symptome sind typisch für ein Aneurysma an der Hauptschlagader (Aorta) im Brustbereich. Werden die Atemwege durch das Aneurysma spurium eingeengt, können hieraus Atemwegsentzündungen oder eine Lungenentzündung resultieren. Im Anfangsstadium verursacht ein Aneurysma spurium in vielen Fällen keine Symptome. Erst wenn das Aneurysma eine gewisse Größe erreicht hat, kann es zu Beschwerden kommen. Im Extremfall kommt es zu einem Riss (Ruptur) des falschen Aneurysmas und zu einem heftigen, lebensgefährlichen Blutaustritt.
Für die Diagnose von einem Aneurysma spurium werden bildgebende Diagnoseverfahren eingesetzt. Eine bewährte Untersuchungsmethode ist die sogenannte farbcodierte Duplexsonografie (Dopplersonografie). Hierbei handelt es sich um eine spezielle Ultraschalluntersuchung. Mit deren Hilfe wird eine visuelle Darstellung der Blutgefäße und vom Blutfluss ermöglicht. Ferner kann ein Aneurysma spurium durch eine Computertomografie (CT), eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder mithilfe einer Angiografie (Gefäßdarstellung) diagnostiziert werden.
Bei einem Aneurysma spurium besteht aus Sicht der Mediziner eine Rupturgefahr. Dies bedeutet, dass es zu einem ernsten Riss am Blutgefäß beziehungsweise am Aneurysma spurium kommen kann. Hierdurch können lebensbedrohliche Blutungen entstehen. Aus diesem Grund muss ein Pseudoaneurysma regelmäßig beobachtet und je nach Größe gegebenenfalls behandelt werden.
Für die Behandlung von einem Aneurysma spurium finden sich im Wesentlichen drei unterschiedliche Möglichkeiten. Diese sind:
Sofern das Pseudoaneurysma nicht operativ behandelt werden muss, entscheiden sich die Ärzte zumeist für die ultraschallgezielte Thrombin-Injektion.
Die ultraschallgesteuerte Kompressionsbehandlung von einem Aneurysma spurium war vor allem in den vergangenen Jahrzehnten die Behandlung der ersten Wahl. Die Kompressionsbehandlung mit Ultraschall kann für den Patienten mitunter schmerzhaft sein. Diese Behandlung zeigt eine Erfolgsquote von 70 bis 80 Prozent auf. Mithilfe eines Ultraschallkopfs wird bei dieser Behandlung Druck auf das Aneurysma spurium ausgeübt. Hierdurch wird das Aneurysma spurium komprimiert, ohne dass der Blutfluss in der Arterie beeinflusst wird. Der Ultraschallkopf wird hierfür direkt über dem Aneurysmahals (der Verbindung zwischen Aneurysma und Blutgefäß) platziert. Mit dem Ultraschallkopf übt der Arzt für ungefähr zehn Minuten Druck auf das Aneurysma aus. Ziel dieser Behandlung ist es, einen Thrombus („Pfropf“) an der verletzten Arterienwand entstehen zu lassen. Dieser Thrombus verhindert, dass weiterhin Blut in die Höhle des Aneurysma spurium fließen kann.
Heutzutage werden Patienten mit einem Aneurysma spurium zumeist mit der ultraschallgezielten Thrombin-Injektion behandelt. Diese Behandlung ist nicht so zeitintensiv, risikoärmer und zudem nicht schmerzhaft. Bei dieser Behandlung erhält der Patient eine Injektion des Mittels Thrombin in das Pseudoaneurysma. Die Injektion erfolgt unter der konstanten Kontrolle durch Ultraschall. Das Medikament dient ebenfalls dazu, den Blutfluss in das Aneurysma spurium zu unterbinden. Durch den Ultraschall können die Ärzte in Echtzeit erkennen, ob das Medikament den Blutfluss in die Aneurysmahöhle zuverlässig stoppt.
Die operative Behandlung von einem Aneurysma spurium ist nur unter bestimmten Umständen nötig. Beispielsweise muss die OP durchgeführt werden, wenn eine massive Gefahr eines Risses des Aneurysmas besteht. Ferner werden Operationen beispielsweise angesetzt, wenn das Aneurysma spurium einen Druck auf umliegende Nerven oder Arterien ausübt und somit starke Schmerzen verursacht. Zeigen anderweitige Behandlungen keinen Erfolg, muss ein Aneurysma spurium ebenfalls im Rahmen einer OP entfernt werden.
aktualisiert am 26.09.2022