Eine Aussackung an einem Blutgefäß mit Gefäßwandschwäche wird als Aneurysma bezeichnet. Häufig betroffen ist die Aorta (Hauptschlagader). Ein Aortenaneurysma kann in jeder Höhe auftreten:
Meist bemerken Betroffene nicht, dass sie eine Erweiterung an der Aorta haben. Dabei kann ein Aortenaneurysma gefährlich werden. Da die Wand der Schlagader geschwächt ist, kann es zu einem lebensbedrohlichen Riss kommen (Ruptur des Aortenaneurysmas). Durch eine Operation (offen oder minimal-invasiv als Katheter-Eingriff) kann dieses Risiko gesenkt werden. Kleine Aneurysmen werden häufig ohne Operation (konservativ) behandelt und beobachtet.
Aneurysmen können entstehen, wenn die Gefäßwand geschwächt ist. Dies kann angeboren oder erworben sein. Häufig kommt es bei Arteriosklerose zu Aortenaneurysmen. Bei Arteriosklerose verengen Ablagerungen aus Blutbestandteilen langsam den Gefäßdurchmesser. Risikofaktoren für Arteriosklerose und somit auch für Aneurysmen sind Bluthochdruck, ungünstige Blutfett-Zusammensetzung, Rauchen, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und weitere Einflüsse. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Ein Bluthochdruck kann zu einem Aortenaneurysma führen. Die Gefäßwand wird durch den hohen Druck strapaziert und kann sich ausweiten.
Entzündungen wie die verschiedenen Formen von Vaskulitis (Erkrankungen mit Gefäßentzündung) können ein Aortenaneurysma zur Folge haben. Infektionen, beispielweise im Rahmen von Syphilis, Tuberkulose oder Borreliose, können eine weitere Ursache sein.
Verletzungen des Blutgefäßes, angeborene Erkrankungen (wie Marfan-Syndrom oder Ehlers-Danlos-Syndrom) oder Verengungen an benachbarter Stelle können ebenfalls zu einem Aneurysma der Aorta führen.
Ein Aortenaneurysma entwickelt sich pro Jahr bei circa 40 von 100.000 Menschen in Deutschland. Männer sind über fünf Mal so häufig betroffen wie Frauen. Das Aortenaneurysma ist außerdem hauptsächlich eine Erkrankung des Alters: Die meisten Betroffenen sind älter als 65 Jahre. Von allen Männern in der Altersgruppe von 65 bis 75 Jahren leiden rund zwei Prozent an einem Aneurysma der Bauchaorta. Im Brustabschnitt der Aorta entwickeln sich deutlich seltener Aneurysmen.
Anfangs verursacht ein Aortenaneurysma häufig keine Beschwerden. Daher werden Aneurysmen oftmals per Zufall bei anderen Untersuchungen (wie Röntgenuntersuchungen) des Brust- und Bauchraums gefunden. Bei Vergrößerung der Aussackung kann es zu Druckschäden des umliegenden Gewebes kommen. Schmerzen entstehen dann oft. Wenn das erweiterte Gefäß auf einen Nerven drückt, können Symptome wie Taubheitsgefühl oder Lähmungen auftreten.
Die weiteren möglichen Symptome unterscheiden sich nach der Lage der Gefäßerweiterung:
Zusätzlich zum Aneurysma bestehen oft Engstellen (Stenosen) in der Umgebung oder in anderen Bereichen der Aorta. Das kann die Durchblutung weiter einschränken.
Wenn sich Blutgerinnsel von der Gefäßwand lösen und vom Blutstrom mitgeführt werden, können Arterien verlegt werden. Es kommt zu Durchblutungsstörungen, die sich als Atemstörungen, Nierenfunktionsverlust oder arterielle Verschlusskrankheit der Beine äußern können.
Das geschwächte Gewebe des Aneurysmas kann schließlich reißen (Ruptur). Dabei ergießt sich Blut in die Umgebung. Dieser Zustand ist lebensbedrohlich, da der innere Blutverlust hoch ist. Bei der Ruptur entstehen plötzlich sehr starke Schmerzen. Durch die innere Blutung entwickelt sich ein Schock. Ein Schock macht sich durch Anzeichen wie Schwindelgefühl, Herzrasen, blasse Haut oder Kaltschweißigkeit bemerkbar. Unvermittelt einsetzende heftige Schmerzen im Bauch, an den Flanken, am Rücken oder in der Brust müssen als Notfall behandelt werden. Ein Notruf ist erforderlich (Telefon 112 in Europa).
Die Wandschichten der Aorta können bei einem Aneurysma voneinander getrennt werden (Dissektion). Meist ist die innere Schicht abgelöst, es kommt zu einem zweiten Blutkanal. Dies führt zu Durchblutungsstörungen. Bei der Aortendissektion kann auch die äußere Gefäßschicht reißen. Hier kann der Patient durch die starke Blutung ebenfalls versterben.
Aortenaneurysmen werden häufig als zufälliger Befund bei einer Untersuchung des Brust- oder Bauchraumes entdeckt. Andere Betroffene begeben sich wegen Beschwerden zum Arzt. Dort wird zunächst eine Anamnese (Patientengeschichte) erhoben und eine körperliche Routineuntersuchung durchgeführt. Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgen-Kontrastmittelaufnahme oder Computertomographie (CT) dienen dazu, das Aneurysma darzustellen und zu beurteilen. Die Größe der Ausbuchtung wird gemessen, was entscheidend für die Wahl der Therapie ist.
Die Symptome eines Aortenaneurysmas können denen bei vielerlei Erkrankungen ähneln. Zu Erkrankungen mit Schmerzen im Brustbereich gehören unter anderem Angina Pectoris, Lungenembolie (Arterienverschluss der Lunge) und Wirbelsäulenprobleme. Bauchschmerzen und Flankenschmerzen können durch eine Appendizitis (Blinddarmentzündung), eine Gallenblasenentzündung, Gallensteine, Nierensteine, Magengeschwüre oder viele weitere Krankheiten ausgelöst werden.
Ein Aortenaneurysma kann mittels einer offenen Operation oder minimal-invasiv über einen Katheter behandelt werden. Häufig muss in wenig ausgeprägten Fällen kein Eingriff erfolgen. Welche Vorgehensweise gewählt wird, wird individuell entschieden.
Bei kleinen, nicht oder kaum größer werdenden Aneurysmen kann eine regelmäßige Kontrolle durch Ultraschall ausreichend sein. Dabei sollte der Blutdruck optimal eingestellt werden und darauf geachtet werden, keine zu großen körperliche Belastungen (schweres Heben, Bauchpresse) einwirken zu lassen. Betroffenen wird dringend dazu geraten, nicht zu rauchen.
Oftmals ist eine offene Operation erforderlich, um die erheblichen Risiken einer Aortenaussackung zu beheben. Das gilt vor allem bei größeren Befunden (über 5 oder 5,5 Zentimeter) oder bei fortschreitender Ausdehnung. Im aufsteigenden Bereich der Aorta ist es zudem in den meisten Fällen erforderlich, eine offene Operation durchzuführen. Bei einer Ruptur (Riss) des Aneurysmas muss eine Notoperation erfolgen, um den tödlichen Ausgang zu verhindern.
Die Operation an der Aorta wird in Vollnarkose vorgenommen. Je nach Ort und Länge der Aussackung muss die Brusthöhle oder die Bauchhöhle eröffnet werden. Der Zugang in die Brusthöhle erfolgt über einen Schnitt über dem Brustbein in Längsrichtung oder linksseitig an der Brustwand. Der Zugang zur Bauchhöhle erfolgt mittels Bauchschnitt (Laparotomie).
In der Regel wird eine Kunststoff-Gefäßprothese (Interponat, Gefäßprothese bei Aneurysma) eingesetzt, um das Aortenaneurysma zu überbrücken. Dabei wird die Gefäßwand des betroffenen Abschnitts der Aorta aufgeschnitten und die Aneurysmastelle entfernt. Das Kunststoffstück wird mit den noch intakten Endstümpfen der Schlagader vernäht. Arterien, die aus diesem Abschnitt der Aorta abgehen, werden in die Prothese durch Naht mit eingearbeitet. Dies sind beispielsweise die Herzkranzgefäße, Halsarterien, Armarterien, Bauchorgan-Arterien, Nierenarterien oder Rückenmarksarterien.
Sitzt das Aneurysma oder die Dissektion (Aufspaltung der Wandschichten) am Anfang der Aorta, ist häufig eine der Herzklappen (die Aortenklappe) mit einbezogen. In diesem Fall kann es notwendig sein, die defekte Herzklappe herauszunehmen und einen Herzklappenersatz einzufügen. Dieser kann aus künstlichen oder aus organischen Materialien bestehen.
Bei Herzoperationen oder Aorteneingriffen in Herznähe muss eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden, um die Pumpfunktion und die Anreicherung des Blutes mit Sauerstoff zu gewährleisten. Die Herz-Lungen-Maschine kann auch dazu verwendet werden, abgeklemmte Körperbereiche ausreichend zu durchbluten. Hierzu können auch bestimmte Schlauchsysteme (Linksbypass) verwendet werden.
Außerdem werden während der Operation an der Aorta oft Röntgen-Kontrastmitteluntersuchungen durchgeführt, um die Durchblutung darzustellen.
Vor allem in weniger komplizierten Fällen kann eine minimal-invasive Behandlung sinnvoll sein. Dabei erfolgt die Einpflanzung eines sogenannten Stentgrafts, einer Art innerer Gefäßschienung und Gefäßabdichtung. Diese Vorgehensweise wird auch endovaskuläre Aortenreparatur (EVAR) genannt. Über einen Katheter, der über einen kleinen Zugang an der Leiste eingeschoben wird, wird eine Gefäßprothese mit Metallgitter (Stent bei Aneurysma) an die betroffene Stelle verbracht. Die Stentprothese (Stentgraft) dichtet die Gefäßwand von innen gegen das durchströmende Blut ab. Die Aorta kann sich nicht weiter ausdehnen und ein Platzen wird verhindert.
Bei einem Eingriff an der Aorta kann es zu starken, gefährlichen Blutungen und auch zu Nachblutungen kommen. Blutungen und Blutergüsse können auch auftreten, wenn die Nahtstelle eines Gefäßes undicht ist. Andere Organe im Operationsbereich können verletzt werden, zum Beispiel die Lunge oder die Speiseröhre.
Bei Bauchorganverletzungen (etwa am Darm) kann es zu einer Bauchfellentzündung kommen. Verwachsungen im Bauchraum können entstehen, bei diesen besteht die Gefahr weiterer späterer Komplikationen. Nervenverletzungen können zu Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühl und weiteren Ausfällen führen. Durch die Gefäßabklemmung kann es zur Minderversorgung des Darmes, der Niere oder weiterer Organe, des Rückenmarks oder der Beine, unter Umständen mit Absterben des Gewebes, kommen.
Bei Nierenfunktionsausfall kann eine lebenslange Dialyse erforderlich werden. Infektionen, Wundheilungsstörungen, überschießende Narbenbildung oder Narbenbrüche (Hernien) können vorkommen. Allergien können, insbesondere bei Kontrastmittelverwendung, nicht ausgeschlossen werden.
Nach dem Einsetzen einer Stentprothese kann ein Leck (Endoleak) vorkommen. Blut gelangt dann trotz der inneren Gefäßabdeckung in den Aneurysmasack.
Die Gefährlichkeit bei einem Aneurysma der Aorta steigt bei größerer Ausdehnung und somit dem höheren Risiko, dass es platzt. Eine gute Prognose haben Erweiterungen unter fünf Zentimetern Größe. Bei diesen kleineren Aneurysmen kommt es pro Jahr in etwa drei Prozent der Fälle zu einem Einriss (Ruptur). Aortenaneurysmen von über fünf Zentimetern Ausdehnung reißen in circa zehn Prozent der Fälle pro Jahr.
Betroffene mit einer Aneurysma-Ruptur (Einriss) haben bei einer rechtzeitig durchgeführten Operation eine Überlebenschance von insgesamt circa 50 bis 60 Prozent. Die Überlebensrate variiert jedoch deutlich in Abhängigkeit davon, wo genau die Erweiterung liegt. Wird der Riss nicht operiert, versterben nahezu alle Betroffenen.
Die Operation bei einem noch intakten Aortenaneurysma weist ebenfalls ein Risiko auf. Die Sterberate bei solchen geplanten Eingriffen liegt bei etwa zwei bis unter drei Prozent.
Im Laufe der Wochen und Monate nach einer Aortenaneurysma-Operation kann sich der Patient langsam wieder körperlich belasten. Das Hochheben von schweren Gegenständen sollte allerdings unterbleiben. In den Wochen nach der Aneurysma-Operation sollte der Patient sich nicht mit Creme oder mit Puder einreiben. Ergeben sich Auffälligkeiten, die auf eine Komplikation hindeuten könnten, beispielsweise Sensibilitätsstörungen, Schwellungen oder starke Schmerzen im Bein sowie Fieber, sollte umgehend der Arzt informiert werden.
Um weitere Aneurysmen und andere Herz- und Gefäßerkrankungen zu verhindern, ist eine möglichst gute Ausschaltung der Risiken erforderlich.
Um das Risiko von Gefäßerkrankungen wie Arteriosklerose und Aneurysmen zu vermindern, ist es wichtig, auf eine gesunde Lebensweise zu achten. Erhöhtes Körpergewicht sollte abgebaut werden, auf eine bewusste, ausgewogene Ernährung sollte geachtet werden. Falls ein Diabetes mellitus vorliegt, muss dieser optimal eingestellt werden. Auf das Rauchen sollte verzichtet werden. Regelmäßige Untersuchungen auf Risikofaktoren sind wichtig, um gegebenenfalls weitergehende Behandlungsmaßnahmen durchführen zu können.
Die deutschen Krankenkassen übernehmen für Männer ab 65 Jahren die Kosten einer Früherkennungsuntersuchung auf ein Aneurysma der Bauchaorta. Für männliche Raucher und Bluthochdruckpatienten ist die Untersuchung bereits ab 55 Jahren empfehlenswert. Zur Früherkennung wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, bei der sich Erweiterungen der Hauptschlagader im Bauch erkennen lassen. Die Gefahr eines lebensgefährlichen Risses lässt sich damit senken, da entdeckte, größere Aneurysmen operiert werden können. Bei Frauen scheint die Früherkennungsuntersuchung hingegen nicht sinnvoll zu sein.
AWMF – S2k-Leitlinie Behandlungen von akuten und chronischen Erkrankungen der thorakalen Aorta; Fokus Aortenbogen: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/011-023 (online, letzter Abruf: 28.09.2023)
Deutsches Ärzteblatt, Andreas Kühnl, Alexander Erk, Matthias Trenner, Michael Salvermoser, Volker Schmid, Hans-Henning Eckstein – Inzidenz, Therapie und Letalität abdominaler Aortenaneurysmen: https://www.aerzteblatt.de/archiv/189076/Inzidenz-Therapie-und-Letalitaet-abdominaler-Aortenaneurysmen (online, letzter Abruf: 28.09.2023)
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V., Raimund Erbel, Holger Eggebrecht, Volkmar Falk, Axel Haverich, Udo Sechtem, Christoph Nienaber – Pocket-Leitlinie: Aortenerkrankungen (Version 2014): https://leitlinien.dgk.org/2015/pocket-leitlinie-aortenerkrankungen/ (online, letzter Abruf: 28.09.2023)
Schweizerische Herzstiftung – Aneurysma der Aorta: https://swissheart.ch/erkrankungen-und-notfall/herzkrankheiten-und-hirnschlag/aneurysma-der-aorta (online, letzter Abruf: 28.09.2023)
Deutsches Herzzentrum der Charité, Christoph T. Starck, Felix Hohendanner – Aortenaneurysma: https://www.dhzb.de/ratgeber/aortenaneurysma (online, letzter Abruf: 28.09.2023)
aktualisiert am 04.10.2023