Ein Aneurysma ist eine krankhafte Ausweitung oder Aussackung einer Blutgefäßwand. Aneurysmen treten meist in Arterien auf. Der Grund ist, dass Arterien einem größeren Druck ausgesetzt sind als Venen. Aneurysmen entstehen, wenn die Arterienwand eine Schwächung aufweist. Wenn die Gefäßerweiterung fortschreitet, kann ein Aneurysma schließlich reißen (Aneurysmaruptur). Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Komplikation, bei der es zu heftigen inneren Blutungen kommen kann.
Am weitaus häufigsten kommen Aneurysmen im unteren Abschnitt der Hauptschlagader (Aorta) vor (Bauchaortenaneurysma). Möglich sind sie aber auch weiter oben in der Aorta im Abschnitt, der im Brustraum liegt (thorakales Aortenaneurysma). Aneurysmen kommen auch im Gehirn vor (Hirnarterienaneurysma). Prinzipiell können sie aber Blutgefäße in allen Körperregionen betreffen.
Eine Erweiterung eines Gefäßes wird üblicherweise dann als Aneurysma bezeichnet, wenn es mindestens um das 1,5-Fache ausgedehnt ist.
In über 90 Prozent der Fälle ist das Aneurysma eine Zufallsdiagnose und wird bei einer Routineuntersuchung festgestellt.
Aneurysmen können in folgenden Varianten auftreten:
Das Aneurysma verum ist in den meisten Fällen die Folge einer Arteriosklerose (Artierenverkalkung). Es betrifft hauptsächlich Männer über 50, die unter anderem an Bluthochdruck oder an der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit leiden. Die gesamte Blutgefäßwand ist betroffen. Das bedeutet, dass alle drei Schichten der Gefäßwand (Intima, Media und Adventitia) erweitert sind.
Beim echten Aneurysma werden ferner zwei Formen unterschieden:
Beim Aneurysma dissecans kommt es zu einer Gefäßerweiterung der Arterie als Folge einer Aortendissektion, also einer Aufspaltung der Gefäßwand. Hierbei liegt ein Riss einer Gefäßwandschicht vor. Blut tritt durch diesen Einriss zwischen die Wandschichten. Es entsteht ein zweites Lumen (Gefäßhohlraum), das von der inneren und äußeren Gefäßwand begrenzt wird.
Betroffen sind vor allem Menschen mit Arteriosklerose. Auch bestimmte Erkrankungen wie das Ehlers-Danlos-Syndrom, das Marfan-Syndrom oder das Loeys-Dietz-Syndrom können die Entstehung eines Aneurysma dissecans begünstigen.
Das Aneurysma spurium, das auch als Aneurysma falsum oder Pseudoaneurysma bezeichnet wird, wird meistens durch eine stumpfe oder scharfe Verletzung ausgelöst. Insbesondere kann es nach medizinischen Eingriffen auftreten. Es stellt also eine seltene Komplikation von operativen Eingriffen oder Katheter-Behandlungen dar.
Von der Verletzung sind zumindest zwei von den drei Schichten der Gefäßwand betroffen. Die Adventitia, also die äußerste Schicht der Gefäßwand aus lockerem Bindegewebe, kann noch intakt sein. Durch die Gefäßverletzung entwickelt sich ein Bluterguss (Hämatom). Im Gegensatz zum echten Aneurysma stellt es keine Gefäßerweiterung dar, sondern ein blutgefülltes Hämatom, das mit der Arterie in Verbindung steht.
In der Gefäßwand befindet sich also ein Loch. Aus dem austretenden Blut entsteht ein Bluterguss um das Gefäß herum, welcher jedoch von außen verlegt und abgedichtet wird, meist durch benachbartes Gewebe und durch geronnenes Blut. Im schlimmsten Fall kann es zu einem Riss kommen, der zum Verblutungstod führt. Abhängig vom Ausmaß muss das Aneurysma spurium operativ versorgt werden. Kleine, symptomarme Aneurysmen versucht man konservativ (ohne Operation) zu behandeln. Diese Form ist genau genommen kein Aneurysma.
Die Ursache von Aneurysmen sind Schwächungen und Schädigungen der Blutgefäßwand. Sie können schon von Geburt an bestehen. In den meisten Fällen treten sie allerdings später im Leben auf. Wichtige Ursachen und Entstehungsfaktoren sind:
In den meisten Fällen ist Arteriosklerose für die Entwicklung eines Aneurysmas verantwortlich. Bei Arteriosklerose entstehen Ablagerungen von Fett und Kalk im Gefäß. Die Gefäßwände werden immer weniger elastisch. Risikofaktoren der Arteriosklerose spielen daher auch bei der Entwicklung von Aneurysmen eine Rolle. Zu den Risikofaktoren zählen schlechte Blutfettwerte (hohes Cholesterin), Rauchen, Bluthochdruck, höheres Lebensalter, Übergewicht oder Diabetes mellitus.
Aneurysmen gehören zu den möglichen Folgen von Erkrankungen mit Gefäßentzündung (Vaskulitis) wie dem Kawasaki-Syndrom. Ebenfalls kann es in der Folge von Infektionskrankheiten zu Aneurysmen kommen, zum Beispiel bei Syphilis, Tuberkulose, Lyme-Borreliose und rheumatischem Fieber.
Zu hoher Blutdruck (Hypertonie) führt zu einer Belastung auf die Arterienwände, die fortschreitende Schäden mit sich bringt. Schließlich weitet sich die Arterie aus und es kommt zum Aneurysma.
Eine weitere Ursache sind angeborene Erkrankungen, bei denen das Bindegewebe geschwächt ist. Dazu gehören das Marfan-Syndrom, das Ehlers-Danlos-Syndrom und das Loeys-Dietz-Syndrom.
Bei bestimmten angeborenen Herzfehlern mit Rechts-Links-Shunt kann als Spätfolge ein Aneurysma auftreten. Als Rechts-Links-Shunt wird eine Durchblutungsstörung bezeichnet, bei der sauerstoffarmes Blut aus dem venösen Kreislauf (rechte Herzhälfte) unter Umgehung des Lungenkreislaufs direkt in den arteriellen Kreislauf (linke Herzhälfte) gelangt.
Insbesondere das so genannte falsche Aneurysma (Aneurysma spurium) wird oftmals durch Verletzungen verursacht, meist durch einen medizinischen Eingriff wie die Seldinger-Punktion oder einen Herzkatheter.
Zu den wesentlichen Aneurysmen in der Medizin gehören:
Von einem Aortenaneurysma der Bauchschlagader sind etwa drei Prozent der Bevölkerung über 50 Jahre betroffen. Die meisten Menschen mit Aneurysma leiden an dieser Form. Risikofaktoren sind unter anderem familiäre Veranlagung, Rauchen und Bluthochdruck. Frauen und Menschen, die an Diabetes mellitus leiden, sind seltener davon betroffen.
Etwa 3 von 100 erwachsenen Menschen haben ein Hirnarterienaneurysma. Dabei handelt es sich um eine Aussackung einer Arterie im Gehirn. Viele Menschen bemerken gar nicht, dass sie ein Aneurysma im Gehirn haben. Obwohl Aneurysmen im Gehirn häufig vorkommen, ist der Anteil der ruptierten Aneurysmen gering. Risikofaktoren sind Rauchen, Bluthochdruck und ein hohes Alter.
Bei einer genetischen Veranlagung können auch Aneurysmen an Arterien der Beine betroffen sein. Häufiger ist das Poplitealaneurysma, ein Aneurysma der Kniearterie (Arteria poplitea).
Ein Aneurysma der Beckenarterie (Arteria iliaca) tritt häufig in Kombination mit einem Bauchaortenaneurysma auf.
Ein Aneurysma der Nierenarterie (Arteria renalis) kommt seltener vor. Die meisten Aneurysmen der Nierenschlagader verursachen keine Beschwerden. In seltenen Fällen treten Flankenschmerzen oder Blut im Urin auf.
Ferner kann ein Aneurysma der Herzwand nach einem Herzinfarkt auftreten.
Am häufigsten sind Aneurysmen der Hauptschlagader (Aorta). Etwa drei Prozent der Bevölkerung über 50 Jahre haben ein Bauchaortenaneurysma. Am häufigsten tritt dieses im Bereich unter den Nierenarterien auf. Eine etwas geringere Häufigkeit von etwa 0,1 bis 0,3 Prozent hat das Aneurysma der Brustschlagader, also dem oberen Abschnitt der Hauptschlagader. Am häufigsten tritt dieses nahe dem Herzen und der Herzklappe auf. Besonders gefährdet für Aortenaneurysmen sind Männer über 65 Jahre. Männer sind fünfmal häufiger betroffen als Frauen. Auch Aneurysmen im Gehirn sind häufig. Sie betreffen 3 von 100 Erwachsenen. Sie werden jedoch seltener entdeckt als die Aneurysmen der Hauptschlagader (Aorta), und es kommt auch seltener zu einer Ruptur. Knie- und Nierenarterienaneurysmen sind noch seltener.
Ein Aneurysma macht sehr selten Beschwerden. Über 90 Prozent aller Aneurysmen werden zufällig bei Routineuntersuchungen entdeckt, häufig durch eine Ultraschalluntersuchung, eine Kernspintomographie (MRT) oder eine Computertomographie (CT). Je größer das Aneurysma wird, desto eher verursacht es Beschwerden. Die Beschwerden, die auftreten können, sind abhängig von der Lage.
In vielen Fällen werden die Gefäßaussackungen nicht bemerkt, da sie über längere Zeit klein sind und keine Symptome verursachen. Wenn ein Aneurysma langsam größer wird und auf das Gewebe in der Umgebung drückt, können Beschwerden entstehen:
Der Riss eines Aortenaneurysmas (Aneurysmaruptur) ist ein dramatisches Ereignis, das unbehandelt meist tödlich ausgeht. Es kommt zu plötzlichen, heftigen Schmerzen (je nach dem Ort Bauchschmerzen, Flankenschmerzen, Brustschmerzen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Nackenschmerzen). Treten unvermittelt sehr starke Schmerzen auf, ist dies ein Notfall und ein Notruf ist zu tätigen.
Bei starkem Blutverlust durch die geplatzte Arterie sammelt sich Blut im Bauchraum (Hämaskos). In der Folge kommt es zu einem Schock (Kreislaufkollaps). Der Schock kann zu Herzrasen, Schwindel, Kaltschweißigkeit sowie einem niedrigen Blutdruck führen. Die weiteren Symptome hängen davon ab, an welcher Stelle das gerissene Aneurysma sich befindet. Übelkeit und Erbrechen treten vor allem bei geplatztem Bauchaortenaneurysma oder Hirnarterienaneurysma auf.
Bei einem Riss eines Hirnaneurysmas kommt es zur Bewusstseinstrübung und zu einer Subarachnoidalblutung. Bei einer Subarachnoidalblutung tritt Blut in den Raum (Subarachnoidalraum) zwischen der inneren Schicht (Pia mater) und der mittleren Schicht (Arachnoidea mater) der das Gehirn umgebenden Gewebe (Hirnhäute) aus. Auswirkungen wie bei einem Schlaganfall können auftreten, zum Beispiel Lähmungen.
Bei großen Aneurysmen besteht ein hohes Risiko, dass sie reißen (Ruptur). Gefährlich ist der Blutverlust aus dem Gefäß. Vor allem wenn dieser Notfall nicht sofort behandelt wird, geht er oft tödlich aus. Die Gefahr eines Aneurysmarisses ist umso größer, je stärker erweitert das Gefäß ist. Bei einer Aneurysmaruptur der Brustaorta versterben drei Viertel der Betroffenen. Bei einem Riss eines Bauchaortenaneurysmas kommt es in der Hälfte der Fälle zum Tod. Daher ist es wichtig, Aortenaneurysmen ab einer Größe von 5 bis 5,5 Zentimetern zu behandeln. Je eher ein Riss erkannt und behandelt wird, umso besser sind die Chancen.
Wenn ein Hirnarterienaneurysma reißt, kommt es im Laufe der folgenden vier Wochen bei circa 40 Prozent der Betroffenen zum Tod. Außerdem kann es zu anhaltenden Auswirkungen wie Schlaganfällen kommen.
Bei einem Aneurysma in einer Beinarterie, das meist in der Kniekehle auftritt, kann es zur Bildung eines Blutgerinnsels kommen. Die Durchblutung des Beins kann dadurch blockiert werden. Anzeichen sind Kälte und Schmerzen im betroffenen Unterschenkel.
Hinweise auf ein Aneurysma können sich durch die Schilderung von Symptomen und die körperliche Untersuchung ergeben. Häufig werden Aneurysmen jedoch zufällig erkannt, wenn Untersuchungen wie Röntgen, Ultraschall, MRT oder CT durchgeführt werden. Je nach der Lage lassen sich die Gefäßveränderungen durch diese bildgebenden Untersuchungen genauer beurteilen. Eine Angiographie (Gefäßdarstellung) kann außerdem sinnvoll sein.
Grundsätzlich gibt es bei Aneurysmen der Hauptschlagader drei Behandlungsmöglichkeiten.
Wenn das Gefäß nur gering erweitert oder ausgesackt ist, wird häufig zunächst keine Behandlung durchgeführt. Der Befund wird regelmäßig ärztlich kontrolliert und beobachtet. Der zeitliche Abstand zwischen den Kontrollterminen richtet sich nach der Ausdehnung der Gefäßerweiterung. Das Risiko eines Risses sowie einer weiteren Vergrößerung muss minimiert werden. Wichtig ist, die Risikofaktoren zu behandeln. Dazu gehört ein normaler bis leicht niedriger Blutdruck, der gegebenenfalls mit Blutdruckmitteln eingestellt wird. Eine gesunde Lebensführung, der Verzicht auf Rauchen und die Behandlung von schlechten Blutfettwerten gehören ebenso zur Risikosenkung. In regelmäßigen Abständen werden die Patienten einbestellt und es wird überprüft, ob das Aneurysma stabil bleibt oder wächst. Bei stabilen Aneurysmen kann konservativ weiterbehandelt werden.
Größere Aneurysmen der Hauptschlagader erfordern einen Eingriff. Meist wird ein Aortenaneurysma ab 5 oder 5,5 Zentimetern operiert beziehungsweise durch einen endovaskulären (über das Gefäß erfolgenden) Eingriff behandelt. Bei Aortenaneurysmen gibt es zwei Möglichkeiten:
Am häufigsten wird heutzutage eine minimal-invasive Operation durchgeführt. Dabei wird über eine Punktion an der Leiste (wie beim Herzkatheter) ein Stentgraft (Gefäßprothese) eingesetzt. Ein Stentgraft ist eine Kombination aus einem Drahtgeflecht (= Stent) und einem künstlichen Blutgefäß (= Gefäßprothese). Die Operation ist sogar unter örtlicher Betäubung möglich. Der Vorteil ist, dass diese Verfahren für den Patienten sehr schonend ist und er nur zwei bis drei Tage im Krankenhaus bleiben muss. Der Nachteil ist, dass jährlich Nachkontrollen notwendig sind.
Bei einem Aneurysma der Bauchschlagader muss der Bauchraum eröffnet werden. Das Aneurysma wird mit Gefäßklammern abgeklemmt, geöffnet, ausgeschält und eine Kunststoffprothese an die Stelle des Aneurysmas eingenäht. Der Vorteil gegenüber der minmal-invasiven Operation ist, dass Nachoperation oder engmaschige Kontrolle kaum notwendig ist. Der Nachteil ist, dass der Patient länger braucht, um sich zu erholen. Er muss zehn bis zwölf Tage im Krankenhaus bleiben. Ebenfalls sind die Risiken, die die Operation mit sich bringt, höher.
Ein Aneurysma im Gehirn wird bei einem Durchmesser ab sieben Millimetern behandelt. Das Alter, der neurologische Zustand und der Allgemeinzustand werden dabei berücksichtigt. Ein Aneurysma an einem Blutgefäß im Gehirn lässt sich durch mehrere Methoden behandeln. Die beiden wichtigsten sind:
Eine Spirale aus Platin wird über einen Katheter in das Hirnaneurysma eingeführt. In der Folge setzen sich daran Blutplättchen (Thrombozyten) ab, die die Aussackung ausfüllen und verschließen.
Das Hirngefäß wird mit einem Clip verschlossen. Dafür ist ein Eingriff über den Schädel erforderlich. Es handelt sich um eine offene Operation (Kraniotomie).
Bei kleineren Aneurysmen im Gehirn sollten die Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck und Alkohol reduziert werden.
Weitere Aneurysmen, etwa in der Kniekehle oder an der Nierenarterie, lassen sich durch vergleichbare Methoden behandeln. An der Kniekehlenarterie wird häufig ein Stück Vene als Überbrückung (Interponat) der betroffenen Stelle eingesetzt. Auch eine Gefäßumgehung (Bypass) gehört zu den Behandlungsmöglichkeiten.
Wird ein Aneurysma rechtzeitig erkannt, ist es heute gut behandelbar. Durch Operationen oder Kathetereingriffe kann ein Aneurysma so stabilisiert oder abgedichtet werden, dass die Gefahr einer Ruptur deutlich verringert wird. Werden zusätzlich die Risikofaktoren (Rauchen, Alkohol, Bluthochdruck) minimiert, ist die Prognose günstig. Nach einer minimal-invasiven Operation mit Stenteinlage ist die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls erhöht (etwa 10 bis 20 Prozent der Fälle).
Zur Vorbeugung von Aneurysmen ist es wichtig, Risikofaktoren zu reduzieren. Besonders die Arteriosklerose sowie Bluthochdruck sind Erkrankungen, bei denen Aneurysmen entstehen können. Was für diese Krankheiten gilt, lässt sich auch auf die Vorbeugung von Aneurysmen übertragen. Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehören:
Lassen sich Störungen wie erhöhte Blutfettwerte oder hoher Blutdruck nicht durch diese Maßnahmen beheben, kommt die Einnahme von entsprechenden Medikamenten in Betracht.
aktualisiert am 14.12.2023