Die Wirbelsäule ist durch ihre Form und die Beteiligung von Bändern und Bandscheiben eine überaus bewegliche Einheit. Zwischen den Wirbelkörpern bilden der Anulus fibrosus (äußerer Ring) und der Nucleus pulposus (Gallertkern) jeweils eine Bandscheibe. Die Stoßdämpfer der Wirbelsäule wirken wie Kissen bei Bewegungen und sorgen für ausreichende Polsterung im Körper.
Die 23 Bandscheiben der menschlichen Wirbelsäule werden auch als Disci intervertebrales oder Zwischenwirbelscheiben bezeichnet. Sie befinden sich zwischen den Wirbeln und verbinden sie kaudal, dem unteren Körperende zugerichtet, und kranial, dem oberen Körperende entgegen, miteinander. Sie fangen Bewegungen wie Springen, Gehen oder Laufen ab. Die Bandscheiben sorgen für die Beweglichkeit der Wirbelsäule.
Je nach Lage der einzelnen Wirbel ist die Bandscheibe unterschiedlich geformt. In dem Abschnitt, in dem in der Wirbelsäule eine Verkrümmung nach vorne vorliegt (Lordose), ist die Kanthöhe der Bandscheibe vorne (ventral, in Richtung Bauch) größer. Dies betrifft die Lendenwirbelsäule und die Halswirbelsäule. Im Bereich der Brustwirbelsäule liegt eine Kyphose, also eine Krümmung nach hinten in Richtung Rücken, vor. Somit ist eine Bandscheibe dort im hinteren Bereich (dorsal) höher als vorne (ventral). In einem Schnitt durch die Mittelachse des Körpers, in der Anatomie als Sagittalebene bezeichnet, sind die Bandscheiben keilförmig ausgebildet. In der Transversalebene, also horizontal, sehen die Bandscheiben queroval aus. Im normalen, gesunden Zustand beträgt ihre Höhe fünf bis zu 13 Millimeter.
Die Bandscheibe wird aus zwei Teilen gebildet:
Der Anulus fibrosus macht den Außenrand der Bandscheibe aus. Der Faserring besteht aus Faserknorpel und sogenanntem kollagenem Bindegewebe. Diese Gewebeschicht hält hohen Zugspannungen stand. Seine Bindegewebsfasern haben ihren Ansatz am Rand der einzelnen Wirbelkörper.
Der Nucleus pulposus, der innere Kern, besteht aus einer gallertartigen Masse, daher wird er auch Gallertkern genannt. Bei Druck ist es dem Gewebe möglich, zur gedehnten Seite auszuweichen. Der Nucleus pulposus besteht zu circa 85 Prozent aus Wasser und ist dadurch verformbar, wenn auch inkompressibel (das heißt, es ist nicht möglich, ihn zusammenzudrücken).
Die Bandscheiben sind je nach Wirbelsäulenabschnitt unterschiedlich groß geformt. Im Bereich der Halswirbelsäule sind die Zwischenwirbelscheiben circa drei Millimeter hoch, fünf Millimeter in der Brustwirbelsäule und sieben Millimeter im Bereich der Lendenwirbelsäule hoch geformt. Neben der Zunahme an Größe der Wirbel entsprechend ihrer Lage, je weiter sie sich kaudal (nach unten hin) befinden, so nehmen auch die Bandscheiben an Größe zu. Sie sind im Bereich der Halswirbelsäule kleiner, da hier im Vergleich nicht viel Druck lastet, doch im Bereich der Lenden- bis Kreuzwirbel sind sie stabiler, robuster und größer.
Die Bandscheiben machen etwa 25 Prozent der gesamten Höhe der Wirbelsäule aus. Die Anzahl der Bandscheiben ergibt sich aus der Anzahl der einzeln stehenden Wirbel einerseits, andererseits durch die Verwachsung des Kreuzbeins, Os sacrum, das keine Bandscheiben aufweist, und dadurch, dass sich zwischen Atlas und Axis (den ersten beiden Halswirbeln) keine Zwischenwirbelscheibe befindet.
Die Wirbelsäule wird neben den Bandscheiben auch von zahlreichen Bändern zusammengehalten. Das hintere Längsband, Ligamentum longitudinale posterius, welches den Wirbelkanal in dessen vorderen Bereich auskleidet, ist hinten an den Zwischenwirbelscheiben fixiert. Das vordere Längsband, das Ligamentum longitudinale anterius, stabilisiert Hals, Brust, Bauch und ist vorne an den Wirbelkörpern befestigt.
Die Zwischenwirbelscheiben haben einen schwachen Stoffwechsel und werden durch Diffusion (Einstrom und Ausstrom von Stoffen) ernährt. Diese sogenannten bradytrophen Gewebe haben keine Kapillaren und sind gefäßfrei. Nur der Anulus fibrosus (der äußere Faserring) verfügt über winzige Blutgefäße an seinem äußersten Rand und ernährt den Rest der Disci intervertebrales mit Flüssigkeit aus dem Zellzwischenraum mittels Einstrom. Die Diffusion ist die einzige Möglichkeit, die Zwischenwirbelscheiben optimal mit allen benötigten Nährstoffen zu versorgen und das ein Leben lang. Denn mit dem Abschluss des Körperwachstums, dies ist mit ungefähr 20 Jahren der Fall, besitzen die Disci intervertebrales gar keine Blutgefäße mehr.
Die Bandscheibe wird vor allem am Tag durch Bewegung und das einwirkende Gewicht belastet. Der Nucleus pulposus verliert durch Ausstrom Flüssigkeit und wird tagsüber dünner. In der Nacht, wenn sich der Körper im Liegen erholt, kommt es zu einer Rehydrierung der Bandscheibe, das heißt, sie nimmt wieder Wasser auf. Im Laufe des Tages schrumpft jede Bandscheibe um circa einen Millimeter und wächst im Laufe der Nacht wieder auf die normale Größe. Das ist der Hauptgrund, warum Menschen am Abend um zwei bis drei Zentimeter kleiner sind als am Morgen.
Die Bandscheiben sind die Stoßdämpfer der Wirbelsäule. Der hohe Wasseranteil von bis zu 85 Prozent verteilt den Druck und polstert Belastungen ab. Alltagsbewegungen wie Laufen, Gehen, Springen werden durch sie abgefedert. Sie schützen somit auch das Gehirn vor Stößen. Außerdem sorgen sie, gemeinsam mit den zahlreichen Bändern, für die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Die Bandscheiben passen sich der Form von Lordose und Kyphose an und biegen sich bei Bewegungen mit. Sie sorgen dafür, dass sich die Wirbel nicht berühren und somit nicht abnutzen.
Die auf die Wirbelsäule einwirkenden Kräfte werden durch die Bandscheiben auf den gesamten Körper verteilt. Ungefähr drei Viertel fängt der Nucleus pulposus auf und ein Viertel der Anulus fibrosus. Dabei wirkt der Faserring Verdrehungen entgegen und begrenzt die elastische Verformung. Der Gallertkern bremst das vordere sowie das hintere Längsband aus, weicht bei Druck aus und das, ohne sich wesentlich abzuflachen.
Sehr viele Menschen leiden unter täglichen Rückenschmerzen. Übergewicht, Fehlbelastungen, Schonhaltungen, unpassendes Schuhwerk, Bewegungsmangel, Erkrankungen und das zunehmende Alter strapazieren die Wirbelsäule im Laufe des Lebens sehr stark. Die Folgen sind Verschleißerscheinungen und dadurch resultierende Schmerzen. Annähernd jeder siebte Deutsche kennt diese Probleme.
Durch den natürlichen Alterungsprozess verliert die Bandscheibe immer mehr Flüssigkeit, da sie sich nicht mehr ausreichend regenerieren kann. Sie wird immer dünner, bis die Wirbel schließlich aneinander reiben können. Das verursacht Schmerzen und es kann zu entzündlichen Prozessen an den Gelenken kommen.
Morbus Scheuermann, oder auch Scheuermann-Krankheit genannt, ist eine Erkrankung, die bei Jugendlichen zwischen dem 11. und 17. Jahr auftreten kann. Da die Wirbelsäule in diesem Alter anfällig für Wachstumsstörungen ist, kann es zu Fehlbelastungen vor allem im Bereich der unteren Brustwirbelsäule kommen. Eine schwache Rückenmuskulatur begünstigt die Fehlentwicklung. Dabei sind Knorpel, Knochen und die Bodenplatten der Wirbel betroffen. Es kommt zu degenerativen Prozessen (Verschleiß) an den Wirbelkörpern, die zu einem Durchtritt des Gallertkerns führen können. Verlagert sich Bandscheibengewebe in die Boden- oder Deckplatten der Wirbelkörper, wird dies als Schmorlsche Knötchenbildung bezeichnet. Diese Knötchen entstehen nach Unfällen oder durch Fehlentwicklungen und sind charakteristisch für Morbus Scheuermann. Geraten Teile des Nucleus pulposus bis in den Wirbelkanal, wird dies als Pulposushernie bezeichnet.
Der Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps) ist ein allseits bekannter Begriff. Während des natürlichen Alterungsprozesses verliert die Bandscheibe an Elastizität, es kommt zu Abbau- und Verschleißprozessen (Degeneration). Der Faserring wird durch Risse beschädigt, die Stoßdämpferfunktion versagt. Es kommt schließlich zu einem Vorquellen von Gallertmasse. Drückt diese Masse auf die Wurzel des aus dem Rückenmarkkanal austretenden Nervs (Spinalnervs) oder das Rückenmark, kann es zu Ausfallerscheinungen kommen. Ein Taubheitsgefühl in den Beinen, das bis in die Zehen reichen kann, eine Muskellähmung oder sogar die völlige Bewegungsunfähigkeit können die Folgen sein. Die Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule sind häufig betroffene Regionen.
In jeden Fall ist ein Bandscheibenvorfall schmerzhaft. Wie stark die Schmerzen sind, hängt davon ab, wie stark die Beteiligung der Nerven ist und welcher Wirbelsäulenabschnitt betroffen ist. Als Hexenschuss ist der stechende Schmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule bekannt. Im Bereich der Halswirbelsäule strahlen Schmerzen in die Arme und den Nacken.
In den meisten Fällen ist beim Bandscheibenvorfall eine Behandlung ohne Operation (konservative Therapie) ausreichend. Diese umfasst Maßnahmen wie Bettruhe, Wärme, die Gabe von Schmerzmitteln oder eine Physiotherapie. Eine Operation kann bei heftigen Schmerzen und bei schwerwiegenden Lähmungs- und Ausfallerscheinungen notwendig sein. Der Bandscheibenvorfall wird abgetragen oder der Gallertkern entfernt. Der Einsatz einer Bandscheibenprothese ist ebenfalls möglich.
Muskelverspannungen können durch Rückensport verhindert werden. Eine gute Rückenmuskulatur ist wichtig, um die gesamte Wirbelsäule gesund zu erhalten. Selbst wenn bereits ein Bandscheibenvorfall vorliegt, muss nicht immer gleich operiert werden. Meistens helfen konservative Therapien wie Krankengymnastik und schmerzstillende Medikamente aus. Für die Gesundheit der Bandscheiben gilt eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr als wichtig, da sie bis zu 85 Prozent aus Wasser bestehen. Auch wenn der Rücken schmerzt, ist (außer in schweren Ausnahmefällen) Bewegung wichtig. Bettruhe wirkt auf längere Sicht kontraproduktiv. Dadurch wird Muskulatur abgebaut und die Schmerzen werden noch schlimmer.
Trainieren oder zwingen Sie sich jedoch nicht in den Schmerz hinein, üben Sie so, dass es für Sie angenehm und erträglich ist und steigern Sie nur langsam Ihr Trainingspensum. Ein Chiropraktiker, Physiotherapeut oder ein Rückensporttrainer wird Sie begleiten und anleiten. Auch Übergewicht begünstigt Rückenprobleme, es ist wichtig, dieses zu reduzieren, um so den Druck auf den gesamten Rücken zu vermindern. Sorgen Sie bei sitzenden Tätigkeiten für die richtige Haltung, wechseln Sie oft die Position und machen Sie häufige Bewegungspausen. Lernen Sie zudem richtiges Heben und übernehmen Sie sich nicht, das gilt auch für den Arbeitsplatz.
aktualisiert am 19.07.2019