Das Analkarzinom ist ein seltener bösartiger Tumor des Anus (After). In den letzten 15 Jahren steigen aber die Neuerkrankungsraten. Im Jahr 2020 gab es in Deutschland laut dem Zentrum für Krebsregisterdaten 2310 Neuerkrankungen.
Mit ein bis drei Prozent aller Tumoren des unteren Verdauungstraktes ist das Analkarzinom relativ selten. Bei Frauen tritt die Erkrankung etwa doppelt so häufig auf wie bei Männern. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 60 Jahren.
Der Anus (auch After) ist die Austrittsöffnung des Darmkanals. Er ist von ringförmigen Schließmuskeln umgeben und kontrolliert damit die Darmentleerung. Der Afterkanal ist etwa drei bis sechs Zentimeter lang und reicht von der Haut um den Anus bis zum inneren Übergang in die Schleimhaut des Enddarms.
Als Karzinom werden bösartige Tumorerkrankungen der Haut oder Schleimhaut bezeichnet. Je nachdem, aus welchem Gewebe im Analkanal sich ein Analkarzinom entwickelt, unterscheidet man das Plattenepithelkarzinom und das Adenokarzinom. Die überwiegende Zahl der Analkarzinome sind Plattenepithelkarzinome.
Die meisten Analkarzinome treten im Zusammenhang mit einer Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) auf.
Behandlung und Prognose sind abhängig von der Größe des Analkarzinoms, der Beteiligung von Lymphknoten oder gestreuten Tumorherden (Metastasen) in entfernte Organe.
Die Ursachen für die Entstehung von Analkarzinomen sind unbekannt, aber in 80-85% der Fälle liegt eine Infektion mit humanen Papillomviren vor. Folgende Faktoren fördern aber die Entstehung:
Eine Infektion mit krebserregenden HP-Viren kann durch eine Impfung verhindert werden. Seit 2007 wird die Impfung gegen „high-risk“-HPV empfohlen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt, Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren gegen Humane Papillomviren (HPV) impfen zu lassen. Man geht davon aus, dass HPV-assoziierte Krebsvorstufen durch die Impfung um bis zu 75 % zurückgehen. Durch eine frühzeitige aktive Immunisierung könnten bis zu 80 % der Analkarzinome verhindert werden.
Es gibt einige frühe Anzeichen, die bei einem Analkarzinom auftreten können.
Im weiteren Verlauf kann es zu folgenden Beschwerden kommen:
Wenn chronische Infektionen im Analbereich auftreten, dann sollten Sie diese ärztlich abklären lassen. Sie können zeitgleich mit einem Analkarzinom auftreten. Dazu gehlren Hämorrhoiden, Fisteln, Fissuren, Kondylome, Herpes und Psoriasis (Schuppenflechte).
Zunächst wird der Arzt in einem ausführlichen Patientengespräch die genaue Krankengeschichte erfragen. Anhand der Symptome oder gegebenenfalls auch bekannter HPV-Infektion kann eine erste Verdachtsdiagnose gestellt werden.
In der klinischen Untersuchung können geschwollene Lymphknoten im Bereich des Leistenkanals ertastet werden. In der folgenden Untersuchung des Enddarms (rektale Untersuchung) kann das Analkarzinom häufig bereits mit den Fingern ertastet werden. Meist wird ein Analtumor zufällig bei Krebsvorsorgeuntersuchungen entdeckt, bevor er Beschwerden verursacht.
Als nächster Schritt wird eine Spiegelung des Analkanals durchgeführt (Rektoskopie). Dabei setzt der Arzt ein Untersuchungsgerät mit Lichtquelle ein (Endoskop), das in den After eingeführt wird. Der Arzt kann so die Schleimhaut des Analkanals genau untersuchen. Bei Auffälligkeiten können während der Untersuchung direkt Gewebeproben (Biopsie) aus den veränderten Stellen entnommen und im Labor untersucht werden.
Kann eine eindeutige Diagnose gestellt werden, folgen weitere Untersuchungen, um das Ausmaß des Analkarzinoms einzuschätzen:
Nach der Erfassung der Untersuchungsbefunde erfolgt eine Einteilung des Tumors in verschiedene Stadien (Staging). Die Einteilung erfolgt je nach Ausbreitung, Lymphknotenbefall und anderen betroffenen Organen (TNM-Stadienenteilung des Analkarzinoms). Anhand der Untersuchungsergebnisse werden folgende Codes vergeben:
T4 – Tumor, der in umgebende Organe wie Scheide, Harnblase oder Harnröhre eingewachsen ist
Stadium | Primärtumor (T) | regionale Lymphknoten (N) | Fernmetastasen (M) |
---|---|---|---|
0 | Tis | N0 | M0 |
I | T1 | N0 | M0 |
IIA | T2 | N0 | M0 |
IIB | T3 | N0 | M0 |
IIIA | T1, T2 | N1 | M0 |
IIIB | T4 | N0 | M0 |
IIIC | T3, T4 | N1 | M0 |
IV | jegliches T | jegliches N | M1 |
Die Behandlung des Analkarzinoms ist abhängig von dem Stadium des Tumors, der Lage im Analkanal und der Beteiligung von Lymphknoten oder Metastasen in anderen Organen. Von Bedeutung ist es auch, ob es sich um ein Wiederauftreten des Tumors oder eine Ersterkrankung handelt. Unterschieden werden die chirurgische Entfernung des Tumors, Radiotherapie, Chemotherapie und neuere Methoden.
Kleine Analkarzinome ohne Lymphknotenbeteiligung, die nicht tief eingewachsen sind und im Randbereich des Afters liegen, können chirurgisch entfernt werden.
Für Tumore, die ins umgebende Gewebe wachsen, ist eine größere Operation notwendig, bei der der gesamte Mastdarm (Rektum) operativ entfernt werden muss. Patienten erhalten im Anschluss einen künstlichen Darmausgang. Diese radikale Operation wird in der Regel nur durchgeführt, wenn einen andere Therapie nicht erfolgreich ist oder es zu einem Rückfall kommt.
Bei einer Radiotherapie (Bestrahlung) wird das Tumorgewebe mit starken Röntgenstahlen gezielt bestrahlt. Ziel ist, die Tumorzellen zu zerstören oder am Wachstum zu hindern.
Die Chemotherapie ist eine Behandlung, bei der Medikamente eingenommen oder vom Arzt in die Vene gespritzt werden. Über den Blutweg verteilen sich die Wirkstoffe, erreichen Tumorzellen und zerstören sie oder verhindern die Ausbreitung.
Sehr erfolgreich wird mit kombinierter Bestrahlung und Chemotherapie (Radiochemotherapie) therapiert. Diese ist heutzutage eine Standardtherapie. Der Haupttumor im Anus und die Lymphknoten im Becken und Leistenbereich werden bestrahlt. Gleichzeitig wird eine Chemotherapie durchgeführt, um alle Krebszellen, die sich im Körper ausgebreitet haben, abzutöten. Die Therapie wird für fünf bis sieben Wochen in mehreren Sitzungen durchgeführt. Da sich Analkarzinome oft nur langsam zurückbilden, ist das Ergebnis der Behandlung erst nach etwa drei Monaten endgültig zu beurteilen.
Ein vielversprechender Ansatz ist die Immuntherapie. Dabei wird das körpereigene Immunsystem stimuliert und so der Krebs bekämpft. Der Wirkstoff Nivolumab wird bereits erfolgreich in der Therapie von bösartigem Lungenkrebs oder Hautkrebs eingesetzt. In Studien konnte erste Erfolge mit Nivolumab in der Behandlung des Analkarzinoms erreicht werden.
Link zur Studie "Nivolumab für das vorbehandelte metastasierte Analkarzinom": https://www.degro.org/wp-content/uploads/2018/10/Literatur-kommentiert_April-04-2018.pdf
Es gibt keine Möglichkeit, die Bildung eines Analkarzinoms sicher zu verhindern, aber folgende Maßnahmen reduzieren das Risiko der Entstehung.
Ein wichtiger Auslöser des Analkarzinoms sind sexuell übertragbare humane Papillomaviren (HPV). Zum Schutz einer Übertragung ist auf eine Vorbeugung mit Kondomen zu achten. Seit 2007 gibt es außerdem eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) gegen HPV bei Mädchen in einem Alter von 9 bis 17 Jahren, denn neben Analkarzinomen sind diese Viren auch an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs oder Vulvakrebs beteiligt. Bei jungen Mädchen ist das Ansteckungsrisiko am höchsten. Die Impfung wird für Mädchen bis 17 Jahren von der Krankenkasse übernommen.
Informationen zur HPV-Impfung finden Sie auf der Internetseite des Robert-Koch-Institutes: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/HPV/HPV.html
Sobald Sie Symptome wie blutigen Stuhl oder Juckreiz im Analbereich spüren, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Die ärztliche Diagnose ermöglicht es, ein Analkarzinom auszuschließen oder rechtzeitig zu erkennen. Je früher ein Analkarzinom behandelt wird, desto besser sind die Heilungsaussichten.
Rauchen steht in engem Zusammenhang mit der Entstehung verschiedener Krebserkrankungen. Versuchen Sie, das Rauchen einzustellen und möglichst auch Passivrauchen zu verhindern
Viele Patienten können nach der Diagnose ein langes, erfülltes Leben führen. 70 bis 90 Prozent der Patienten leben nach Diagnosestellung noch fünf Jahre oder länger. Grundsätzlich ist die Prognose jedoch abhängig von der Größe des Tumors, der Beteiligung von Lymphknoten oder Metastasen in entfernten Organen. Je eher die Erkrankung behandelt wird, desto besser sind im Allgemeinen die Heilungsaussichten.
Für die Verbesserung der Langzeitprognose sind im Anschluss an die Behandlung regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig, um ein erneutes Auftreten des Tumors zu erkennen. Der Darm wird endoskopisch untersucht (Darmspiegelung) und im Blut nach Tumormarkern gesucht. Mit Hilfe von Ultraschalluntersuchungen der Leber oder Röntgenaufnahmen der Lunge können Metastasen erkannt werden.
Universitätsklinikum Freiburg, Vera Gumpp; Dr. Hartmut Henß – Analtumor (1): https://www.uniklinik-freiburg.de/fileadmin/mediapool/09_zentren/cccf/pdf/cccf_kkr_kodierhilfe_analtumor.pdf (online, letzter Abruf: 20.02.2020)
National Cancer Institute – Anal Cancer Treatment (PDQ®)–Patient Version: https://www.cancer.gov/types/anal/patient/anal-treatment-pdq#section/all (online, letzter Abruf: 20.02.2020)
Mayo Clinic – Anal cancer: https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/anal-cancer/symptoms-causes/syc-20354140 (online, letzter Abruf: 20.02.2020)
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Healthline, Heaven Stubblefield – Anal Cancer: https://www.healthline.com/health/anal-cancer (online, letzter Abruf: 20.02.2020)
Deutsche Krebsgesellschaft Onko Internetportal, Dr. Clemens Albrecht – Symptome, Diagnose, Therapie, Nachsorge und Rehabilitation bei Analkrebs, Analkarzinom: https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/andere-krebsarten/analkrebs/symptome-diagnose-therapie-nachsorge-und-re.html (online, letzter Abruf: 20.02.2020)
aktualisiert am 02.08.2024