Die sideroblastische Anämie (auch: sideroachrestische Anämie) ist eine sehr seltene Form der Blutarmut, die in jedem Alter auftreten kann. Anders als bei der häufig vorkommenden Eisenmangelänamie ist bei der sideroblastischen Anämie genug Eisen für die Blutbildung vorhanden. Es kann jedoch nicht richtig verwertet werden, sodass es zu einer Eisenüberlastung kommt.
Ein Teil der Blutbildung ist die sogenannte Erythropoese. Dabei werden die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) gebildet. Bei einer sideroblastischen Anämie verläuft diese Erythropoese fehlerhaft. Eine Vorstufe der roten Blutkörperchen sind die Erythroblasten. In einem gesunden Organismus sind 30 bis 40 Prozent dieser Erythroblasten sogenannte Sideroblasten. Unter dem Mikroskop unterscheiden sich Sideroblasten von anderen Vorstufen der roten Blutkörperchen dadurch, dass kleine blaue Tupfen in sie eingeschlossen sind. Dabei handelt es sich um Eisengranula (kornartige Einlagerungen). Bei einer sideroachrestischen Anämie ist der Anteil dieser Sideroblasten deutlich erhöht. Zum Teil sind 100 Prozent der Erythroblasten Sideroblasten. Obwohl genug Eisen vorhanden ist, kann es nicht richtig verwertet und in das Hämoglobin (den roten Blutfarbstoff, der für den Sauerstofftransport zuständig ist) eingebaut werden. Es kommt zu einer starken Eisenüberladung im Körper.
Bei den sideroachrestischen Anämien unterscheidet man zwischen angeborenen und erworbenen Formen. Die erworbene sideroblastische Anämie ist meist Teil des myelodysplastischen Syndroms, das als eine Vorstufe einer Leukämie gilt. Es kann sich langsam über Monate oder Jahre hinweg entwickeln. Bei weniger als einem Viertel aller Betroffenen geht das myelodysplastische Syndrom in eine akute Leukämie über.
Des Weiteren kann eine erworbene sideroblastische Anämie durch Medikamente oder Toxine hervorgerufen werden, zum Beispiel durch eine chronische Bleivergiftung.
Ob eine sideroachrestische Anämie Symptome verursacht, hängt von der Schwere der Erkrankung ab. Bei fortschreitender Anämie können Müdigkeit, Schwäche, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Haarausfall auftreten. Betroffene haben häufig trockene, blasse Haut. Die Gefahr der Erkrankung besteht vor allem darin, dass sich die Eisenüberladung des Körpers auf die Organe, vor allem auf Leber, Herz und Bauchspeicheldrüse auswirkt.
Eine sideroblastische Anämie lässt sich durch eine Blutuntersuchung feststellen. Das Laborergebnis zeigt eine verringerte Anzahl roter hypochromer Blutkörperchen. Hypochrom bedeutet, dass sie weniger Hämoglobin und somit weniger Farbe haben als üblich. Außerdem ist der Eisenspiegel im Blut erhöht. Bei einem Blutausstrich zeigen sich vermehrt ringförmige Sideroblasten. Gegebenenfalls kann eine Knochenmarksuntersuchung weitere Ergebnisse liefern. Wenn unklar ist, wo die Anämie herrührt, sollte der Bleiwert im Blut bestimmt werden.
Idealerweise wird eine sideroblastische Anämie so früh wie möglich diagnostiziert, um eine langanhaltende Eisenüberlastung des Körpers zu vermeiden.
Da der Eisenspiegel bereits erhöht ist, darf kein Eisen gegeben werden. Handelt es sich um eine toxisch verursachte Anämie, muss zunächst die verursachende Substanz gefunden und ausgeschaltet werden. Die erhöhten Eisenwerte kann man mit dem Wirkstoff Deferoxamin behandeln, der zu viel gespeichertes Eisen abbauen kann.
Eine erbliche sideroblastische Anämie kann mit hochdosiertem Vitamin B6 (Pyridoxin) und Folsäure behandelt werden. Bei rund 50 Prozent der Betroffenen stellt sich damit eine Besserung ein.
In schweren Fällen können Bluttransfusionen erforderlich werden.
Die Prognose hängt von der Schwere der Erkrankung ab. Spricht die sideroblastische Anämie auf die Behandlung mit Pyridoxin an, ist eine normale Lebenserwartung möglich. Der Eisenspiegel sollte regelmäßig kontrolliert werden.
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orpha.net – Anämie, sideroblastische, X-chromosomale: https://www.orpha.net/consor/cgi-bin/OC_Exp.php?Expert=75563&lng=DE (online, letzter Abruf: 07.01.2021)
Spektrum – Sideroachrestische Anämie: https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/sideroachrestische-anaemie/61438 (online, letzter Abruf: 07.01.2021)
Springer Link, L. Heilmeyer – Die Bedeutung der Sideroblasten: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-642-94866-4_38 (online, letzter Abruf: 07.01.2021)
aktualisiert am 07.01.2021