Der Begriff normochrom stammt aus dem Griechischen und bedeutet „normal gefärbt“. Er wird besonders zur Beschreibung von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) verwendet. Normochrome rote Blutkörperchen sind normal rot gefärbt, das heißt sie enthalten eine normale Menge des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin.
Eine Blutarmut (Anämie) ist definiert durch den Mangel an rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) und/oder roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Ist die Zahl der Erythrozyten im Blut zu gering, dann verändern sich auch die Fließeigenschaften des Blutes. Das Blut ist zu dünnflüssig. Das kann der Arzt einem veränderten Blutwert, dem Hämatokrit, feststellen.
Eine Blutarmut kann durch eine Bildungsstörung der roten Blutkörperchen (Erkrankungen des Knochenmarks) oder durch einen erhöhten Blutverlust (Blutung) auftreten. Einige Erkrankungen, wie Infektionskrankheiten oder Autoimmunerkrankungen, führen zum vorzeitigen Abbau der roten Blutkörperchen.
Bei Vorliegen einer Blutarmut ist eine Einteilung in mikro-, makro- und normozytäre Anämie hilfreich. Dies beschreibt Größe und Volumen der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und gibt Hinweise auf die Ursache der Blutarmut:
Wenn sich die Größe der roten Blutkörperchen verändert, dann verändert sich in den meisten Fällen auch der Hämoglobingehalt der roten Blutkörperchen auf. Daher werden die roten Blutkörperchen anhand ihres Hämoglobingehaltes und damit der Intensität ihre Färbung beschrieben:
Da Größen- und Farbveränderung bei einer Blutarmut kombiniert auftreten, erfolgt grundsätzlich folgende Einteilung nach Aussehen der roten Blutkörperchen:
Eine normochrome Anämie, also eine Blutarmut mit normal gefärbten roten Blutkörperchen, kann verschiedene Ursachen haben: Bildungsstörung der Blutzellen im Knochenmark, Zerstörungen oder vorzeitiger Abbau der roten Blutkörperchen, chronische Nierenerkrankungen oder akute Blutungen.
Grundsätzlich sind die roten Blutkörperchen bei einer normochromen Anämie nicht nur normal gefärbt, sondern haben auch die normale Größe. So wird diese Form der Blutarmut normozytäre, normochrome Anämie genannt.
Bei allen Formen der Anämie kann es zu den klassischen Symptomen einer Blutarmut kommen:
Ist die Zahl der roten Blutkörperchen bei der Blutuntersuchung erniedrigt, dann schaut man sich die Erythrozytenindizes an. Die Erythrozytenindizes sind Blutwerte, die die Größe, Farbintensität und die Verteilung der roten Blutkörperchen beschreiben. Sie geben Hinweise auf die Ursache der Anämie.
Dazu zählen das mittlere Erythrozytenvolumen (MCV), der mittlere Hämoglobingehalt in einem Erythrozyten (MCH) und die Menge von Hämoglobin in allen Erythrozyten (MCHC). Die Werte alleine sind wenig aussagekräftig. Im Zusammenhang mit weiteren Blutwerten und Untersuchungen ergibt sich ein Bild.
Bei einer normochromen Anämie sehen die Blutkörperchen ganz normal aus. Sie sind aber in ihrer Anzahl im Blut reduziert. Die vorhandenen Blutkörperchen sind normal rot gefärbt (normochrom).
Im Blutbild ist dies an dem durchschnittlichen Hämoglobingehalt eines einzelnen roten Blutkörperchens feststellbar. Das bedeutet MCH ist weder erhöht, noch erniedrigt (normochrom). Auch die Größe der roten Blutkörperchen ist normal. Bei der Blutuntersuchung zeigt sich das durch den MCV-Wert, also das durchschnittliche Erythrozytenvolumen. Auch dieser Wert ist weder erhöht, noch erniedrigt (normozytär). Sind MCH und MCV normal, aber die Anzahl der roten Blutkörperchen zu niedrig (Erythrozyten zu niedrig), spricht man von einer normochromen, normozytären Anämie. Diese Einteilung ist wichtig, um die zugrunde liegende Ursache leichter zu beurteilen.
Weitere Veränderung bei dieser Anämieform sind: ein niedriger MCHC (durchschnittlicher Gesamthämoglobingehalt im Blut) Wert aufgrund der reduzierten Zahl roter Blutkörperchen. Auch der Hämatokrit-Wert ist erniedrigt, da zu wenige rote Blutkörperchen im Blut vorhanden sind. Der Hämatokrit gibt den Anteil aller Blutzellen im Blut (im Verhältnis zu Wasser und Plasma) an. Er ist ein Indikator für die Fließeigenschaft des Blutes.
Zusammengefasst kommt es bei einer normozytären, normochromen Anämie zu einem unveränderten MCV und MCH. Die Erythrozyten, der MCHC-Wert und der Hämatokrit sind erniedrigt.
Die wichtigsten Parameter (inkl. Erythrozytenindizes) zur Feststellung einer Anämie sind:
Blutwert | Männer | Frauen | Weitere Infos |
---|---|---|---|
Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) | 4,8-5,9 Mio./µl | 4,3-5,2 Mio./µl | |
Hämoglobin | 14-18 g/dl | 12-16 g/dl | Hämoglobin zu hoch Hämoglobin zu niedrig |
Hämatokrit | 40-54 % | 37-47 % | Hämatokrit zu hoch Hämatokrit zu niedrig |
MCH | 28-34 pg | 28-34 pg | MCH zu hoch MCH zu niedrig |
MCV | 78-94 fl | 78-94 fl | MCV zu hoch MCV zu niedrig |
MCHC | 30-36 g/dl | 30-36 g/dl | zu hoch zu niedrig |
Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) haben eine scheibenförmige Gestalt mit einer Einbuchtung in der Mitte. In der Mitte sind sie blasser als am Rand. Zu etwa 2/3 bestehen Erythrozyten aus Hämoglobin, dem eisenhaltigen roten Blutfarbstoff. Er verleiht ihnen die rote Farbe. Ihr Durchmesser ist etwa 6-8 μm, am Rand sind sie 2 μm in der Mitte etwa 1 μm breit (bikonkave Form).
Bei einer normozytären, normochromen Anämie (MCH und MCV im Normalbereich) entsprechen sie dieser Gestalt bei normaler roter Farbintensität. Sie sind nur in der Gesamtzahl reduziert (Erythrozyten zu niedrig).
Die Hauptursachen für eine normozytäre, normochrome Anämie (normaler MCV und MCH Wert) sind:
Bei einem akuten Blutverlust sind die Blutwerte für die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), der Hämatokrit und Hämoglobin zunächst normal, da die Konzentration im restlichen Blut noch gleich bleibt. Im frühen Stadium einer Blutung sind die Blutwerte also unverändert. Im weiteren Verlauf kommt es durch die Verletzung (Gefäßeröffnung) zum Einstrom von Gewebeflüssigkeit. Das Blut wird also verdünnt, ohne dass sich die Zusammensetzung der roten Blutkörperchen verändert. In diesem Stadium des Blutverlustes ist im Labor eine normozytäre, normochrome Anämie feststellbar.
Autoimmunerkrankungen (Fehlsteuerung des Immunsystems, das sich gegen körpereigene Zellen richtet), im Verlauf einer Infektionserkrankung, als Begleiterscheinung einer Krebserkrankung oder angeborene Erkrankungen können zu einer Zerstörung oder einem verfrühten Abbau (Hämolyse) der roten Blutkörperchen führen. Die Gesamtzahl der roten Blutkörperchen ist reduziert, die Form bleibt normal. Im Blutbild werden sich noch andere Hinweise auf den Abbau der Blutzellen finden und gegebenenfalls weitere Untersuchungen folgen.
In den Nieren wird ein Hormon, das sogenannte Erythropoetin gebildet. Dies ist für die Blutbildung sehr wichtig. Bei Nierenerkrankungen kommt es zu einem Mangel dieses Hormons. Dies führt zu einer Verlangsamung der Bildung roter Blutkörperchen im Knochenmark.
Funktionsstörungen des Knochenmarks können angeboren sein oder sich entwickeln. Häufige erworbene Ursachen sind Krebserkrankungen oder bestimmte Medikamente (gegen Schilddrüsenüberfunktion, Chemotherapie). Auch hier ist die Blutbildung reduziert. Häufig sind neben den roten Blutkörperchen noch weitere Zellreihen im Blutbild erniedrigt.
aktualisiert am 02.03.2022