Der Begriff Anämie stammt aus dem Griechischen und hat die Bedeutung „ohne Blut“ oder Blutarmut. Eine Anämie liegt bei einem Mangel von rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) und/oder von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und damit einem zu geringen Anteil an Blutzellen (Hämatokrit) vor. Zu einer Blutarmut kann es durch eine Bildungsstörung (zum Beispiel aufgrund Erkrankungen des Knochenmarks) oder durch einen erhöhten Verlust (Blutung) von oder Abbau von roten Blutkörperchen (Infektionskrankheiten, Autoimmunkrankheiten) kommen.
Bei Vorliegen einer Anämie ist folgende Einteilung hilfreich
Dies beschreibt das Volumen und die Größe der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und gibt Hinweise auf die zugrunde liegende Ursache der Blutarmut. Bei einer makrozytären Anämie (Blutarmut) sind die roten Blutkörperchen zu groß.
Man unterscheidet zwei Formen der makrozytären Anämie:
Eine makrozytäre Anämie entsteht hauptsächlich aufgrund fehlender Bausteine der Blutbildung (Störung der Hämatopoese). Die häufigste Ursache einer makrozytären Anämie ist einen Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure. Beide Vitamine sind für die Synthese der Erbinformation (DNA) notwendig. Bei einem Mangel liegt nicht genug DNA für die Zellteilung zur Verfügung. Das bedeutet die roten Blutkörperchen können sich nicht vollständig entwickeln und bleiben in einer unreifen Vorstufe hängen.
Die großen, unreifen Vorläufer der roten Blutkörperchen werden als Megaloblasten bezeichnet. Daher wird diese Form der makrozytären Blutarmut auch megaloblastäre makrozytäre Anämie genannt. Wird die makrozytäre Anämie durch andere große Erythrozyten verursacht, spricht man dagegen von Nichtmegaloblastärer makrozytärer Anämie. Diese Form ist wesentlich seltener und tritt unter verschiedenen Bedingungen auf. Die Ursache ist teilweise nicht eindeutig geklärt.
Bei allen Formen kann es zu den klassischen Symptomen der Blutarmut kommen:
Ist ein Vitamin-B12-Mangel der Grund der Anämie, kann es außerdem zu neurologischen Symptomen (Kribbeln und Taubheit der Finger), Depressionen, Gedächtnisverlust, Stimmungsschwankungen und Schwierigkeiten beim Gehen kommen.
Ein Folsäuremangel erscheint mit Entzündungen der Darmschleimhaut (Durchfall), Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Erkrankungen des Herz- Kreislauf Systems und erhöhter Blutungsneigung.
Wenn im Blutbild niedrige Werte für die Erythrozyten festgestellt werden, geben die sogenannten Erythrozytenindizes Hinweise auf die Ursache der Anämie.
Dazu zählen das mittlere Erythrozytenvolumen (MCV, mean corpuscular volume) der mittlere Hämoglobingehalt in einem Erythrozyten (MCH, mean corpuscular haemoglobin) und die Menge von Hämoglobin in allen Erythrozyten (MCHC, mean corpuscular haemoglobin concentraton). Die Werte alleine sind wenig aussagekräftig, erst im Zusammenhang mit weiteren Blutwerten ergibt sich ein Bild. Die Erythrozytenindizes werden beim kleinen und beim großen Blutbild bestimmt.
Bei einer makrozytären Anämie ist der MCV-Wert erhöht. MCV steht für mean corpuscular volume oder mittleres Erythrozyten Volumen. MCV gibt also Hinweise über die Größe der roten Blutkörperchen. Ist MCV erhöht (>94 fl= Femtoliter, 1 fl entspricht einem milliardstel Milliliter) handelt es sich um eine makrozytäre Anämie.
Die Hämoglobin-Synthese (Hämoglobin ist der rote Blutfarbstoff und Hauptbestandteil der Erythrozyten) ist durch einen Vitamin B12- oder Folsäuremangel nicht eingeschränkt und läuft ungehindert weiter. Daher ist der Hämoglobingehalt der einzelnen roten Blutkörperchen erhöht. Im Blutbild ist dies durch einen erhöhten MCH-Wert (mean corpuscular haemoglobin) erkennbar. Die roten Blutkörperchen erscheinen deutlich stärker rot als normale und werden als hyperchrom bezeichnet. Da diese Veränderungen in der Regel zusammen auftreten, spricht man auch von einer makroytären hyperchromen Anämie.
Der Durchschnittswert für Hämoglobin in allen Erythrozyten ist durch die geringere Anzahl an Erythrozyten allerdings in der Norm. Daher ist MCHC (mean corpuscuar haemoglobin concentration) nicht erhöht.
In folgender Übersicht sind alle Normalwerte (Referenzwerte) der wichtigen Parameter (inkl. Erythrozytenindizes) zum Feststellen einer Anämie aufgeführt.
Blutwert | Männer | Frauen | Weitere Infos |
---|---|---|---|
Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) | 4,8-5,9 Mio./µl | 4,3-5,2 Mio./µl | |
Hämoglobin | 14-18 g/dl | 12-16 g/dl | Hämoglobin zu hoch Hämoglobin zu niedrig |
Hämatokrit | 40-54 % | 37-47 % | Hämatokrit zu hoch Hämatokrit zu niedrig |
MCH | 28-34 pg | 28-34 pg | MCH zu hoch MCH zu niedrig |
MCV | 78-94 fl | 78-94 fl | MCV zu hoch MCV zu niedrig |
MCHC | 30-36 g/dl | 30-36 g/dl | zu hoch zu niedrig |
Um die Ursache der makrozytären Anämie herauszufinden, kann außerdem der Vitamin-B12- und Folsäure-Spiegel im Blut bestimmt werden. Bei Unklarheiten wird manchmal auch eine Untersuchung des Knochenmarks folgen.
Erythrozyten haben eine scheibenförmige Gestalt mit einer Einbuchtung in der Mitte. In der Mitte sind sie blasser als am Rand. Größtenteils bestehen Erythrozyten aus Hämoglobin, dem eisenhaltigen roten Blutfarbstoff. Ihr Durchmesser ist etwa 6 bis 8 μm, am Rand sind sie 2 μm in der Mitte etwa 1 bis 2 μm breit (bikonkave Form).
Bei einem erhöhten MCV-Wert sind die Erythrozyten größer. Die Ursache hierfür liegt in einem Mangel an Bausteinen der Erythrozyten, die in einer unreifen Vorstufe, den sogenannten Megaloblasten, hängen bleiben. Da die Bildung von Hämoglobin (dem roten Blutfarbstoff) unbeeinflusst weitergeht, erscheinen die Megaloblasten intensiver rot gefärbt als normale. Daher wird diese Form der Blutarmut häufig als megaloblastäre makrozytäre hyperchrome Anämie bezeichnet. Unter dem Mikroskop sind weniger rote Blutkörperchen zu sehen. Sie sind groß und stark rot gefärbt.
Die häufigste Ursache einer makrozytären Anämie ist ein Vitamin-B12- oder Folsäure-Mangel (megaloblastäre makrozytäre Anämie).
Der Vitamin-B12-Mangel entsteht durch verschiedene Ursachen:
Folsäuremangel entsteht durch:
Ursachen für die wesentlich seltenere nichtmegaloblastäre Anämie sind:
aktualisiert am 02.03.2022