Von einer Anämie spricht man, wenn die Hämoglobin-Konzentration im Blut verringert ist. Eine leichte Anämie ist meist harmlos, sehr niedrige Hämoglobin-Werte können jedoch gefährliche Auswirkungen haben.
Unsere Organe benötigen Sauerstoff, um zu funktionieren. Dieser Sauerstoff wird mit den roten Blutkörperchen im Blut, den sogenannten Erythrozyten, transportiert. Erythrozyten bestehen zu 90 Prozent aus rotem Blutfarbstoff, dem Hämoglobin. Hämoglobin enthält Eisen, das den Sauerstoff bindet. Ist zu wenig Hämoglobin vorhanden, zeigt dies, dass im Körper zu wenig rote Blutkörperchen zirkulieren. Damit ist auch die Sauerstoffversorgung der Organe mangelhaft, was in verschiedenen körperlichen Symptomen zum Ausdruck kommt. Man spricht dann von einer Anämie (Blutarmut).
Der Hämoglobin-Wert (Hb) kann unkompliziert mithilfe einer Blutuntersuchung festgestellt werden. Die Bestimmung des Hb-Wertes ist Teil des sogenannten kleinen Blutbildes, das der Hausarzt durchführt. Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterschreitet der Hb-Wert die Norm, wenn er bei Männern unter 13 Gramm pro Deziliter (g/dl) und bei Frauen unter 12 g/dl liegt. Symptome stellen sich meist erst ein, wenn der Wert wesentlich unterschritten wird. Von einer leichten Anämie spricht man bei einem Hb-Wert von mindestens 11,0 g/dl (bei Frauen und Männern). Eine leichte Anämie verläuft normalerweise symptomlos und ist nicht gefährlich – es sei denn, es handelt sich bei der Ursache um eine ernste Erkrankung. Allerdings können selbst leichte Anämien, besonders bei älteren Betroffenen, zu Symptomen wie körperlicher Schwäche oder Verwirrtheit führen. Das birgt gegebenenfalls eigene Gefahren.
Form der Anämie | Hämoglobin-Wert in Gramm pro Deziliter (g/dl) |
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leichte Anämie | 11,0 g/dl (Frauen und Männer) |
mittelschwere Anämie | 8,0 bis 10,9 g/dl (Frauen und Männer) |
schwere Anämie | < 8,0 g/dl (Frauen und Männer) |
Bei Schwangeren wird eine leichte Anämie ebenfalls als unbedenklich angesehen. Dass der Hb-Wert bei Schwangeren etwas absinkt, ist normal. Für das Kind im Mutterleib sind durch eine leichte Blutarmut keine Folgen zu erwarten.
Eine mittelschwere Anämie liegt vor, wenn der Hb-Wert zwischen 8,0 und 10,9 g/dl liegt, und eine schwere Anämie beginnt bei einem Hb-Wert unter 8,0 g/dl. Bei einer Anämie wird der Körper nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Besteht die Anämie über einen längeren Zeitraum, wird vor allem das Herz belastet. Es versucht, den Sauerstoffmangel im Gewebe auszugleichen, indem es schneller schlägt. Die Atmung beschleunigt sich ebenfalls. Eine Weile kann der Körper diesen Zustand kompensieren. Dauerhaft kann eine Anämie jedoch zu einer Herzmuskelschwäche führen. Eine mittelschwere oder schwere Anämie muss daher unbedingt behandelt werden.
In der Schwangerschaft kann eine ausgeprägte Anämie das Risiko für eine Frühgeburt und ein geringes Körpergewicht des Kindes erhöhen.
Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, die mit einer Anämie in Zusammenhang stehen. Bei Tumorpatienten kann es im Laufe der Erkrankung zu einer ausgeprägten Anämie kommen. Ferner können Blutungen, zum Beispiel im Magen-Darm-Bereich, dazu führen, dass zu wenig rote Blutkörperchen vorhanden sind. Fast 80 Prozent der Fälle gehen jedoch auf eine Eisenmangelanämie zurück. Davon sind vor allem Frauen im gebärfähigen Alter betroffen, da sie während ihrer Menstruation monatlich Blut verlieren. Da Eisen vor allem über tierische Produkte mit der Nahrung aufgenommen wird, tritt auch bei Vegetariern und Veganern häufiger Eisenmangel auf.
Eine Eisenmangelanämie macht sich am häufigsten durch Müdigkeit und eingeschränkte Leistungsfähigkeit bemerkbar. Betroffene fühlen sich schlapp, können sich schlecht konzentrieren und sind schnell außer Atem. Die Haut ist oft blass – vor allem die Schleimhäute – und es kann zu Haarausfall kommen. Auch das Restless-Legs-Syndrom (meist nächtlicher Bewegungsdrang der Beine) kann in Zusammenhang mit einem Eisenmangel stehen.
Bei Kindern und Jugendlichen kann es durch Eisenmangel zu Wachstumsstörungen und Beeinträchtigungen in der Gehirnentwicklung kommen, bei Mädchen zudem zu Störungen des Menstruationszyklus.
Schwangere Frauen haben einen erhöhten Eisenbedarf und sollten in der Schwangerschaft ausreichend Eisen zu sich nehmen. Ein Eisenmangel kann sich negativ auf die Entwicklung des ungeborenen Kindes auswirken. Häufig sind Frauen nach der Entbindung von einem Eisenmangel betroffen, der eine postpartale Depression begünstigen kann.
Bei Menschen mit Herzerkrankungen wie Herzinsuffizienz (Herzschwäche) verschlechtert nicht nur eine Anämie, sondern auch ein Eisenmangel an sich die Prognose.
Ein Eisenmangel kann gut mit Tabletten behandelt werden. Werden diese nicht vertragen oder ist die Eisenaufnahme im Darm gestört, wird das Eisen per Infusion verabreicht.
Deutsches Ärzteblatt, Matti Aapro; Stephan von Haehling; Wolfgang Jelkmann; Patrick Meybohm; Sabine Seiler; Kai Zacharowski – Anämie- und Blutmanagement: Neubewertung in verschiedenen Indikationen: https://www.aerzteblatt.de/archiv/194970/Anaemie-und-Blutmanagement-Neubewertung-in-verschiedenen-Indikationen (online, letzter Abruf: 23.08.2021)
Bayerischer Rundfunk, Katharina Kerzdörfer – Anämie - Wie gefährlich ist Blutarmut wirklich?: https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/gesundheit/themenuebersicht/medizin/blutarmut-anaemie-eisenmangel-106.html (online, letzter Abruf: 23.08.2021)
Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes – Hämoglobin & Eisenmangel: https://www.blutspendedienst.com/blutspende/tipps-vor-der-blutspende/haemoglobin-eisenmangel (online, letzter Abruf: 23.08.2021)
Doktor Weigl – Hb-Wert – Ab wann sind Veränderung gefährlich? Welche Behandlungen gibt es?: https://www.doktorweigl.de/gesundheit/hb-wert-veraenderung-gefaehrlich-welche-behandlungen-gibt-es-13628/ (online, letzter Abruf: 23.08.2021)
MSD Manual, Evan M. Braunstein – Überblick über Anämie: https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/bluterkrankungen/an%C3%A4mie/%C3%BCberblick-%C3%BCber-an%C3%A4mie (online, letzter Abruf: 23.08.2021)
aktualisiert am 23.08.2021