Der Schilling-Test wird durchgeführt, um die Aufnahme von Vitamin B12 zu untersuchen. Vitamin B12 ist ein essentielles Vitamin. Es kann nicht ausreichend vom Körper selber hergestellt werden, sondern muss mit der Nahrung zugeführt werden.
Das Vitamin gelangt an Nahrungsproteine gebunden in den Magen, bindet sich dort an Transportproteine und gelangt in den Darm. Dort bindet es an den sogenannten Intrinsischen Faktor. Dies ist ein Protein, das gemeinsam mit Vitamin B12 an einen Rezeptor der Darmschleimhaut andocken kann. Mit diesem Rezeptor gelingt schließlich die Aufnahme von Vitamin B12 in den Kreislauf. Nur ein sehr kleiner Teil des mit der Nahrung aufgenommenen Vitamin B12 kann passiv (also unabhängig von dem Rezeptor) die Darmwand durchdringen.
Der Schilling-Test (auch Urinextraktionstest nach Schilling) ist nach seinem Erfinder, dem Mediziner Dr. Robert F. Schilling benannt. Er dient dem Nachweis der Aufnahmefähigkeit von Vitamin B12 aus der Nahrung.
Patienten wird hierfür radioaktiv markiertes Vitamin B12 verabreicht und die ausgeschiedene Menge im Urin gemessen. Liegt eine Störung vor, kann das mit der Nahrung aufgenommene Vitamin B12 nicht über die Darmschleimhaut in das Blut, also in den Körperkreislauf gelangen. Vitamin B12 wird in diesem Fall mit dem Kot ausgeschieden und fehlt dem Körper. Es wird nicht über die Niere mit dem Urin ausgeschieden. Die gemessenen Konzentrationen im Urin sind reduziert.
Vor der Untersuchung sollten alle Medikamente, die eine Aufnahme von Vitamin B12 möglicherweise behindern können, abgesetzt werden. Außerdem ist auf einen ausreichenden Abstand zu weiteren Untersuchungen mit radioaktivem Material oder mit jodhaltigen Kontrastmitteln zu achten, um die Ergebnisse nicht zu beeinflussen.
Zunächst muss der Patient seine Blase vollständig entleeren. Dann werden 1µg mit 57Co (Cobalt) radioaktiv markiertes Vitamin B12 oral eingenommen. Normalerweise sollte das markierte Vitamin im Dünndarm in den Blutkreislauf aufgenommen werden. Nach einer gewissen Zeit wird es über die Nieren im Urin wieder ausgeschieden.
In der Regel wird etwa ein bis zwei Stunden nach der Einnahme von radioaktiv markiertem Vitamin B12 1000 µg unmarkiertes Vitamin B12 in den Muskel injiziert. Dies soll das radioaktiv markierte Vitamin aus einer möglichen Bindung an Rezeptoren verdrängen und so eine Anreicherung von radioaktivem Material im Körper verhindern. Nach der Behandlung muss der Patient etwa 1,5 bis zwei Liter Flüssigkeit trinken, um das restliche radioaktiv markierte Vitamin B12 auszuschwemmen. Nach der Verabreichung wird der Urin über 24 Stunden gesammelt. Zur Auswertung des Tests wird die Menge an radioaktiv markiertem Vitamin B12 im gesammelten Urin gemessen (Szintillationszähler).
Normalerweise sollten mindestens fünf Prozent des radioaktiv markierten Vitamin B12 mit dem Urin ausgeschieden werden. Ist der gemessene Wert niedriger wird in einer zweiten Testphase ebenfalls radioaktiv markiertes Vitamin B12 eingenommen und gleichzeitig Intrinsischer Faktor in den Muskel gespritzt. Steigt die gemessene Konzentration im Urin an, liegt ein Mangel an Intrinsischem Faktor vor (durch Autoimmunerkrankung, Entfernung von Teilen des Magens oder chronische Magenentzündung). Bleibt der Wert auch nach Verabreichung des intrinsischen Faktors erniedrigt, handelt es sich um eine Erkrankung im des Dünndarms (Entzündung oder Entfernung von Darmabschnitten).
Der Arzt wird den Schilling-Test durchführen, wenn bei einem Patienten ein Vitamin-B12-Mangel festgestellt wird. Vitamin B12 ist für viele wichtige Körperfunktionen beteiligt:
Fehlt Vitamin B12, können diese Körperfunktionen nicht aufrechterhalten werden. Die Symptome fallen entsprechend vielfältig aus. Im Vordergrund steht meist eine Blutarmut, die zu Blässe, Müdigkeit und Leistungsschwäche führt. Weitere häufige Symptome sind:
Die Ursachen für einen Vitamin-B12-Mangel können sein:
Zu einem Mangel an intrinsischen Faktor kommt es durch:
Ein Mangel an Intrinsischem Faktor führt auch zu einer gestörten Vitamin-B12-Aufnahme.
Der Vitamin-B12-Mangel wird anhand der klinischen Symptome und in einer Blutuntersuchung festgestellt. Hier fallen weniger, aber große und intensiv rot gefärbte rote Blutkörperchen auf (Makrozytäre Anämie, Hyperchrome Anämie).
Zur Messung des Vitamin-B12-Gehalts im Blut gibt es verschiedene Tests:
Der Holo-Transcobalamin-Test (Holo TC) misst den Gehalt an Vitamin B12 gebunden an die Transportproteine (Transcobalamine). Dieser Test ist aussagekräftiger als der Serum-Vitamin-B12-Test, da nur gebundenes Vitamin B12 wirksam ist.
Der Methylmalonsäure-Test (MMA Test) misst den Methylmalonsäure-Gehalt im Blut. Dies ist ein Zwischenprodukt des Vitamin-B12-Stoffwechsels und steigt bei einem Mangel an.
Wird ein Vitamin-B12-Mangel bestätigt, kann mit dem Schilling-Test die Ursache dafür gefunden werden. Aufgrund der Strahlenbelastung wird der Test heute in der Regel nicht mehr eingesetzt. Stattdessen werden Tests durchgeführt, die gezielt die Antikörper nachweisen, die den intrinsischen Faktor angreifen. Der Vorteil des Schilling-Tests ist allerdings, dass damit neben einem Mangel an Intrinsischem Faktor auch andere Ursachen festgestellt werden können (Aufnahmestörung im Darm, Mangelernährung).
Mit dem verwendeten Radionuklid 57Co (Cobalt) ist die Strahlenbelastung nur sehr gering. Trotzdem ist ein gewisses Restrisiko, wie strahlenbedingte Spätfolgen (Leukämie / Blutkrebs) vorhanden. Die Injektion von nicht markiertem Vitamin B12 und die Einnahme von 1,5 bis zwei Liter Flüssigkeit im Anschluss an die Untersuchung werden zur Vorbeugung der Anreicherung von radioaktivem Material durchgeführt. Wenn die Blasenentleerung bei Patienten geschwächt ist, verweilt das radioaktiv markierte Vitamin B12 länger in der Harnblase. Dies kann die Strahlenbelastung deutlich erhöhen. Daher sollte die Blasenfunktion vorher unbedingt getestet werden.
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen haben sich mittlerweile Tests zum gezielten Nachweis der Antikörper gegen den Intrinsischen Faktor durchgesetzt.
Bei einer normalen Aufnahmefähigkeit von Vitamin B12 im Darm werden mindestens fünf Prozent des radioaktiv markierten Vitamin B12 mit dem Urin ausgeschieden. Diese Ergebnisse werden bei einem Vitamin-B12-Mangel, der aufgrund einer Mangelernährung (Veganer) entstanden ist, erreicht. Es besteht keine Aufnahmestörung.
Ist der Wert nach alleiniger Gabe von radioaktiv markiertem Vitamin B12 erniedrigt und steigt bei Zugabe von Intrinsischem Faktor, bedeutet dies:
Steigt der gemessene Wert an radioaktivem Vitamin B12 auch nach Injektion von Intrinsischem Faktor nicht an, verhindern Erkrankungen des Dünndarms die Aufnahme von Vitamin B12 in das Blut und letztendlich die Ausscheidung in den Urin. Folgende Krankheiten führen dazu:
aktualisiert am 10.03.2020