Der Aderlass ist eine der ältesten medizinischen Heilverfahren. In der alten indischen Medizin wurde er erstmals beschrieben und etwa 460 vor Christus von dem griechischen Arzt Hippokrates übernommen. Bis in das 19. Jahrhundert wurde, obwohl der Einsatz und die Wirkung umstritten waren, der Aderlass als Standardtherapie gegen zahlreiche Erkrankungen eingesetzt. Dabei wurden einige Betroffene wiederholt zum Aderlass bestellt, so dass sie richtiggehend ausbluteten. Nicht selten verstarben sie an der Therapie. Heute ist belegt, dass diese Behandlung nur bei wenigen Erkrankungen eine positive Wirkung hat und wird daher selten verwendet. Besonders in der Alternativmedizin findet er heute noch Anwendung.
Hintergrund des Aderlass war der Gedanke, dass alle Erkrankungen durch ein Ungleichgewicht der Körpersäfte entsteht (Säftelehre): Blut, gelbe Galle, schwarze Galle, Schleim. Blut war von den Säften die am einfachsten beeinflussbare Flüssigkeit, daher wurde es durch Eröffnung der Vene entfernt. Ziel war es, das Gleichgewicht der Säfte wieder herzustellen.
Heute wird der Aderlass in der Alternativmedizin angewendet, um die Selbstheilungskräfte des Körpers anzuregen. Das Prinzip, das dahintersteckt, ist die Bildung neuer Blutzellen, wenn ein Teil der alten roten Blutkörperchen entfernt wird. Diese neu gebildeten Blutzellen sollen effektiver arbeiten, das Blut damit bessere Fließeigenschaften erhalten und mehr Sauerstoff transportieren können. Außerdem werden das Immunsystem und die Entgiftung angeregt.
In der Schulmedizin wird er nur bei sehr wenigen Erkrankungen, bei denen die Wirkung erwiesen ist, eingesetzt. Der Aderlass soll
In der Alternativmedizin wird der Aderlass bei folgenden Leiden eingesetzt:
Wissenschaftliche Beweise für eine positive Wirkung gibt es allerdings nicht.
In der Schulmedizin wird der Aderlass nur bei wenigen Erkrankungen, bei denen die Wirksamkeit bewiesen ist, eingesetzt. Je nach Symptomen soll der Aderlass die Fließeigenschaften des Blutes verbessern, dem Körper Eisen entziehen oder das Blut verdünnen.
Die Polycythaemia vera ist eine sehr seltene Erkrankung des Knochenmarks, die zu einer starken Vermehrung der Blutzellen (besonders rote Blutkörperchen, aber auch weiße Blutkörperchen und Blutplättchen) führt. Das Blut ist dadurch sehr dickflüssig und führt im Verlauf der Erkrankung zu Mangeldurchblutung mit schwerwiegendem Verlauf.
Durch bösartige Knochenmarkserkrankungen, Nierenerkrankungen, Bluterkrankungen, Herzerkrankungen aber auch durch den Aufenthalt in Höhen > 4000 Meter kommt es zu einer starken Erhöhung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten zu hoch). Das Blut wird zäh und dickflüssig. Folgen können Durchblutungsstörungen von Organen oder Gewebe oder die Entwicklung von Blutgerinnseln sein.
Eine erbliche Erkrankung, die zu einer Überladung mit Eisen führt (auch Eisenspeicherkrankheit). Eisen reichert sich in den Organen an und schädigt sie, besonders die Leber.
Eine angeborene Stoffwechselerkrankung, bei der die Synthese des eisenhaltigen roten Blutfarbstoffs (Häm) gestört ist. Sie führt zu Leber- und Hautschäden. Weitere Informationen unter Porphyrien.
Bei häufigen Blutspenden kommt es zu einer dauerhaften Blutdrucksenkung, derzeit werden klinische Studien durchgeführt, um dies zu prüfen. Die Fragestellung ist, ob sich häufiges Blutspenden langfristig positiv auf den Blutdruck auswirkt. Der Grund für diesen positiven Nebeneffekt ist bisher noch Stand der Forschung.
Früher wurden bei der Durchführung des Aderlass die Derivation und die Revulsion unterschieden. Bei der Derivation (Ableitung) wurde ein Gefäß in der Nähe des erkrankten Bereichs angestochen. Die Revulsion (Umwälzung) wurde durch eine Blutentnahme an einer weit entfernten Stelle durchgeführt, so konnte neben der Ableitung auch eine Durchmischung des Blutes gewährleistet werden.
Heute richten sich der Ort und die Menge des entnommenen Blutes nach Krankheit, Alter, Hämatokrit (ein Blutwert, der die Menge an Zellen im Blut angibt) und dem Zustand des Patienten.
Die Gefäße werden mit einer Verweilnadel, Verweilkatheter oder Lanzette angestochen. Es ist also eine beabsichtigte Öffnung der Vene, vorwiegend in der Armbeuge. Bei einer Sitzung werden (je nach körperlicher Verfassung) 50 bis 500 ml Blut entnommen.
Eine besondere Variante ist der Aderlass nach Hildegard von Bingen. Ein regelmäßiger Aderlass soll helfen, den Körper vorbeugend zu reinigen. Die Blutentnahme richtet sich nach dem Mondstand. Diese Methode wird auch „sanfter Aderlass“ genannt da nur Blutmengen bis 100 ml entnommen werden.
Der sogenannte unblutige Aderlass hat mit dem eigentlichen Aderlass nichts gemeinsam und soll nur zur Vervollständigung erwähnt sein. Er wird im Rahmen der Notfallmedizin bei einem Lungenödem (gefährlicher Blutrückstau in die Lungengefäße, „Wasser in der Lunge“) durchgeführt. Durch Staubinden an beiden Oberarmen und einem Bein soll das Blut für einen Moment gestaut werden um den Lungenkreislauf zu entlasten. Es wird also kein Blut entnommen.
Durch den Blutverlust kann der Blutdruck absinken, bei starkem Abfall kommt es zu Schwindel, in schweren Fällen zu Ohnmacht. Daher wird der Blutdruck vor, während und nach der Durchführung kontrolliert. Bei Abfall wird die Therapie unterbrochen.
Bei folgenden Zuständen oder Erkrankungen wird die Therapie in der Regel nicht durchgeführt:
aktualisiert am 10.12.2021