Bei einem Achillessehnenriss (Achillessehnenruptur) ist die Sehne, die die Muskeln an der Hinterseite des Unterschenkels (Wade) mit dem Fersenknochen verbindet, vollständig oder teilweise durchtrennt. Sie wird Tendo calcaneus genannt. Bei dem Riss einer Achillessehne kommt treten plötzlich heftige Schmerzen auf und der Fuß kann am Sprunggelenk nicht mehr richtig nach unten gebeugt werden. Die Fähigkeit zu gehen oder zu stehen ist direkt beeinträchtig. Ein Achillessehnenriss kann konservativ oder operativ behandelt werden.
Durch die Achillessehne werden die Aktivitäten der Wadenmuskulatur über einen Knochenvorsprung, den so genannten Fersenbeinhöcker, auf das Fußskelett übertragen. Mit Hilfe der Sehne kann der Fuß so nach unten bewegt und abgerollt werden, dass ein kraftvolles Gehen, Laufen und Springen ermöglicht wird.
Bei großen Belastungen kann es passieren, dass die Achillessehne reißt oder auch mit Knochenanteilen vom Fersenbein abbricht. Häufige Ursache von Achillessehnenrissen ist eine plötzliche Kraftaufbringung, etwa bei Sprüngen, beim Sprinten oder bei schnellen Änderungen der Bewegungsrichtung. Daher geschehen viele der Achillessehnenrupturen bei Sportunfällen und betrifft in den meisten Fällen untrainierte Menschen.
Eine vorangegangene Abnutzung kann das Reißen der Sehne fördern. Faktoren, die die Stabilität der Achillessehne vermindern, sind wiederholte mechanische Belastungen, Entzündung der Sehne (Tendinose), die schmerzhaft sein kann (Achillodynie) und einige allgemeine Erkrankungen wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder Rheuma. Die Einnahme einiger Medikamente kann das Bindegewebe der Sehne ebenfalls schwächen (Cortison, manche Antibiotika (Fluorchinolone) und Zytostatika). Aber auch bei sonst gesunden Personen kann ein Achillessehnenriss geschehen, vor allem wenn vor dem Sport keine ausreichenden Aufwärmübungen praktiziert wurden.
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Risikofaktoren sind:
Nur in sehr wenigen Fällen erfolgt eine direkte Durchtrennung der Achillessehne durch scharfe Objekte.
Es kann zu einem kompletten Riss der Achillessehne, zu einem unvollständigen Anriss oder zu einem Ausriss aus der Ferse mit Knochenanteilen kommen. Letzteres ist aber vergleichsweise selten.
Beim kompletten Achillessehnenriss kann oftmals ein Knall wie bei einem Peitschenschlag gehört werden. Es treten meist plötzliche, starke Schmerzen auf, insbesondere beim Versuch zu gehen. Am Bereich des Risses kann häufig eine Einbuchtung gesehen und ertastet werden. Es entwickelt sich eine Schwellung. Der Patient kann nicht mehr auf den Zehenspitzen stehen und nicht mehr kräftig den Fuß nach unten beugen.
Die Diagnose des Achillessehnenrisses ist einfach. Meist reicht schon die Beschreibung des Patienten aus. Nach einer Befragung des Patienten (Anamnese) erfolgt die körperliche Untersuchung insbesondere des betroffenen Unterschenkels. An der Achillessehne lässt sich eine Delle erkennen.
Zur weiteren Diagnose wird der Wadenkompressionstest nach Thompson (Wadenquetschtest) durchgeführt, bei dem die Wadenmuskulatur zusammengedrückt wird, um eine Beugung des Fußes nach unten auszulösen. Ist dies nicht möglich, liegt ein Achillessehnenriss vor.
Die Diagnose kann durch eine Ultraschalluntersuchung, mit der eine Durchtrennung der Sehne gut dargestellt werden kann, gesichert werden. Weiterhin kann eine MRT-Untersuchung und eine Röntgenuntersuchung durchgeführt werden, um eine eventuelle Knochenbeteiligung der Verletzung auszuschließen.
Anhand der Symptome und der Untersuchungsergebnisse ist meist eine eindeutige Diagnose eines (kompletten) Achillessehnenrisses möglich. Ausgeschlossen werden muss ein knöcherner Ausriss am Fersenbein.
Der Achillessehnenriss wird, abhängig vom Befund mit konservativen Maßnahmen oder mit einer Operation behandelt. Konservativ kann er nur behandelt werden, wenn eine Chance besteht, dass die Sehne wieder zusammenwächst. Das ist der Fall, wenn die gerissenen Sehnenenden nicht zu weit auseinander liegen.
Als Sofortmaßnahme muss jede Belastung des betroffenen Beines vermieden werden. Das Bein wird hochgelagert, gekühlt und mit einem Druckverband versorgt.
Um eine Heilung in einer annähernd regelrechten Lage zu ermöglichen, bestehen verschiedene Behandlungsmethoden. Bei einem unvollständigen Riss, einem nur gering auseinanderklaffenden Riss oder bei Vorerkrankungen des Patienten, unter denen eine Operation besonders riskant wäre, kann oft eine nicht operative Therapie durchgeführt werden. Dazu wird der betroffene Fuß für mehrere Wochen stabilisiert. Dies geschieht durch einen straffen Verband, einen Gips oder einen speziell dafür vorgesehenen Schuh. Während der Zeit wird der Heilungsverlauf mit Ultraschall und weiteren Untersuchungen kontrolliert.
Eine konservative Therapie ist auch möglich, wenn die Sehnenenden nicht weit auseinandergewichen sind. Wenn sich die Sehnenstümpfe beim Absenken des Fußes berühren, ist ein Zusammenwachsen der Sehnenenden möglich.
Leidet der Patient an stärkeren Schmerzen, so werden Schmerzmedikamente (auch nach einer Operation) gegeben.
Bei einem knöchernen Ausriss muss meist eine Operation vorgenommen werden. Eine Operation muss auch vorgenommen werden, wenn nicht abzusehen ist, dass die Sehne wieder zusammenwachsen kann.
Insbesondere jüngere, aktive, sportliche Menschen profitieren von einem Eingriff, deshalb wird eine Operation bei jüngeren Menschen empfohlen.
Zur Operation der Achillessehne erfolgt eine örtliche Betäubung, eine Regionalanästhesie (Betäubung eines größeren Körperbereiches) oder eine Vollnarkose. Unter Umständen wird am Bein eine stramme Manschette angelegt, um die Durchblutung des Beines vorübergehend zu stoppen (Blutsperre). Damit können Blutungen verringert und die Sicht auf den Operationsbereich gebessert werden.
Es kann eine offene Operation durchgeführt werden, bei der der Bereich des Risses über einen Hautschnitt frei präpariert wird. In unkomplizierten Fällen kann auch eine so genannte minimal-invasive Operation vorgenommen werden, bei der nur kleine seitliche Einschnitte sowie zur Einsicht ein kurzer quer verlaufender Schnitt über dem Riss angelegt werden.
Die Enden der gerissenen Sehne werden zusammengeführt und miteinander vernäht oder verklebt. Falls der Riss schon länger besteht, größere Defekte bestehen oder die Sehne besonders abgenutzt ist, wird diese eventuell verstärkt (Augmentation). Dies geschieht mit Anteilen einer derben Muskelhülle oder einer anderen körpereigenen Sehne, die in der Nähe des Operationsbereichs liegt (Sehnenplastik, häufig mit der Sehne des Musculus plantaris).
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Falls die Sehne mitsamt einem Knochenanteil aus dem Fersenknochen herausgerissen ist, wird der Knochen wieder in ursprünglicher Position mit einer Schraube befestigt.
Nach der Operation erhält der Patient einen Unterschenkelgehgips oder Orthese zur Ruhigstellung des Beines und der Naht in einer Spitzfußstellung von ca. 30° bis 40°. Eine vorsichtige Teilbelastung des operierten Beines ist erlaubt.
Ein Drainageschlauch wird oft in das Operationsgebiet eingeführt, um Wundflüssigkeit abzufangen. Die Drainage kann nach wenigen Tagen wieder gezogen werden.
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Komplikationen und unerwartete Befunde können es selten notwendig machen, das Operationsverfahren abzuändern oder zu erweitern. Es kann so beispielsweise erforderlich sein, eine minimal-invasive in eine offene Operation umzuwandeln.
Durch eine Operation des Achillessehnenrisses können Strukturen in der Nähe verletzt werden. Es kann zu Blutungen, Nachblutungen und Blutergüssen kommen. Bei einer Nervenverletzung kann es zu Sensibilitätsstörungen und Lähmungserscheinungen kommen. Es kann zu Infektionen, Wundheilungsstörungen und überschießender Narbenbildung kommen. Durch eine eventuelle Blutstauungsmanschette können Druckschäden, wie Lähmungen, verursacht werden.
Sowohl durch die nicht operative Therapie als auch durch die Operation beziehungsweise Nachbehandlung können verschiedene weitere Probleme verursacht werden. Durch den Druck im Verband können Schäden an Nerven und Gefäßen entstehen. Knochen und Muskeln können durch die Bewegungseinschränkung schwächer werden. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass es zum so genannten Sudeck-Syndrom kommt, bei dem der Knochen stark abgebaut wird und sich eine schmerzhafte Entzündung ergibt. Die Bildung von Blutgerinnseln ist möglich. Allergische Reaktionen jeglichen Schweregrades können auftreten.
Die meisten Menschen haben nach einer angemessenen Behandlung keine Beschwerden mehr. Allerdings können Spätfolgen auftreten. Besonders gravierend sind sie für Leistungssportler:
Menschen, die körperlich weniger aktiv sind, haben ein höheres Risiko für einen Achillessehnenriss.
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In den meisten Fällen kann die Achillessehne wieder so zusammengefügt werden, dass eine normale Beweglichkeit erreicht wird. Insbesondere bei der Behandlung eines frischen Risses ist die Prognose günstig. Schmerzen sind in der Regel bald nicht mehr vorhanden. Eine verdickte Stelle verbleibt an der Sehne am Ort des Risses beziehungsweise der Naht. Es ist vor allem bei frisch verheilten Sehnen oder bei starker Belastung möglich, dass die Stelle wieder reißt und eine weitere Behandlung notwendig wird. Die Gefahr eines erneuten Risses ist nach einer gelungenen Operation vergleichbar hoch wie an einer gesunden Sehne.
Für Spitzensportler sieht die Prognose nicht so gut aus. Vor allem Sportler, die sich auf Lauf- und Sprungdisziplinen spezialisiert haben, bedeutet ein Achillessehnenriss oft das Ende ihrer Karriere. Trotz Behandlung und Nachsorge lässt sich oft nicht die komplette Belastungsfähigkeit wiederherstellen.
Unabhängig von der Behandlung (konservativ oder operativ) können erste sportliche Aktivitäten nach 12 bis 16 Wochen ausgeübt werden. Die Intensität des Trainings sollte nach und nach gesteigert werden, damit die Achillessehne nicht überlastet wird und erneut reißt. Leistungssport ist erst nach sechs Monaten erlaubt.
Zwei Wochen nach der Operation fängt die Physiotherapie an.
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Zwei Wochen nach der Operation fängt die Physiotherapie an.
Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach einer Achillessehnenruptur hängt von der Schwere der Ruptur und der Art der beruflichen Tätigkeit ab:
Für Leistungssportler wird eine Pause von mindestens 6 Monaten empfohlen. Insgesamt ist bei einem vollständigen Riss der Sehne mit einer Behandlungsdauer von mindestens sechs Wochen zu rechnen. Diese Faktoren bestimmen die Dauer der Arbeitsunfähigkeit.
Möglicherweise müssen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, vor einer Operation abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Absprache mit dem Arzt.
Falls eine Operation unter ambulanten Bedingungen erfolgt, so sollte der Patient für 24 Stunden kein Auto mehr selbst fahren und keine Maschinen bedienen. Daher sollte er sich abholen lassen. Ebenfalls sollten bedeutsame Entscheidungen vertagt werden.
Auch nach einer Operation muss das Bein einige Wochen lang besonders geschont werden. Der Fuß wird zunächst in einer nach unten gebeugten Haltung fixiert und innerhalb von Wochen nach und nach weiter in Richtung der normalen Position bewegt. Damit kann sich die Sehne langsam regenerieren. Eine Hochlagerung des Beines unterstützt den Heilungsverlauf. Das Bein darf in der Zeit nicht belastet werden, hierzu sind Gehhilfen angezeigt. Die anderen Gelenke sollen viel bewegt werden. Krankengymnastik ist sinnvoll.
Sport und andere Aktionen mit Belastungseinwirkung auf das Bein sollten erst dann ausgeübt werden, wenn der Arzt keine besondere Gefährdung mehr darin sieht.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sollten gewissenhaft eingehalten werden.
Bei Besonderheiten, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollte der Arzt kontaktiert werden, um eine eventuell notwendige Behandlung durchzuführen.
Die Achillessehne verbindet die Wadenmuskulatur mit der Ferse. Sie überträgt die Kraft der Wadenmuskulatur auf den Fuß. Dadurch kann der Fuß kraftvoll nach unten gedrückt werden. Diese Bewegung ist für den Abstoß beim Gehen und Laufen notwendig. Nach einem Riss ist ein normales Gehen nicht mehr möglich.
Ein Achillessehnenriss sollte zeitnah operiert werden. In der Regel wird der Riss der Sehne innerhalb von zwei Wochen operiert. Bleibt ein Achillessehnenriss über längere Zeit unbehandelt, zieht die kräftige Wadenmuskulatur die gerissenen Sehnenenden immer weiter auseinander. Die Wadenmuskulatur verkürzt sich und die Sehnenenden können vernarben.
Die Achillessehnenoperation kann ambulant oder stationär erfolgen. Patienten, die ambulant operiert werden, können am gleichen Tag die Klinik verlassen. Wird die Operation stationär durchgeführt, sollte mit einem Krankenhausauftenthalt von 2-4 Tagen rechnen.
Autofahren ist erst nach Abnahme des Gipses oder der Orthese möglich. Frühestens nach 8 Wochen kann man wieder Auto fahren. Vorher ist es nur mögilch, wenn der linke Fuß betroffen ist und man ein Auto mit Automatikgetriebe fährt.
Der Beginn der Physiotherapie nach einer Achillessehnenruptur hängt von der Art der Behandlung (konservativ oder operativ) ab. In den meisten Fällen sollte das Bein in den ersten zwei Wochen nicht belastet und keine Physiotherapie durchgeführt werden. Ab der dritten Woche können passive Bewegungsübungen unter Anleitung eines Physiotherapeuten durchgeführt werden. Nach vier bis fünf Wochen sind leichte aktive Bewegungsübungen möglich. Nach und nach können die Übungen intensiviert werden. Ein leichtes sportliches Training ist frühestens nach 12 Wochen möglich.
Ja, die Achillessehne kann nach einer Operation erneut reißen. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch gering. Laut einer Studie ist die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Risses höher als bei einer konservativen Behandlung. Eine Analyse von 526 Patienten ergab, dass die Zahl der Sehnenrisse in der nicht operierten Gruppe höher war (6,2 %) als in der offen oder minimal invasiv operierten Gruppe (jeweils 0,6 %). Nonoperative or Surgical Treatment of Acute Achilles’ Tendon Rupture.
aktualisiert am 22.12.2023